Deutschland baut seinen Innovationsstandort für wasserstoffbasierte Antriebe weiter aus. So wurde erst kürzlich bekannt, dass der Autohersteller Volkswagen in Zusammenarbeit mit der Firma Kraftwerk TUBES GmbH ein Patent für eine spezielle Brennstoffzelle angemeldet hat. Diese soll es ermöglichen, mit nur einer Tankfüllung knapp 2.000 Kilometer weit zu fahren. Eine Innovation, an der andere Autohersteller bisher scheiterten.
“Der Hauptunterschied zu den Brennstoffzellen von Hyundai und Toyota ist, dass wir auf eine Keramikmembran statt der üblichen Kunststoffmembran setzen. Das ist ein Riesenunterschied. Wir sind der einzige Hersteller dieser Technologie, der die Keramikmembran so produziert, dass die Brennstoffzelle schnell gestartet werden kann”, erklärte Sascha Kühn, Geschäftsführer der Kraftwerk TUBES GmbH dem Handelsblatt.
Diese Besonderheit bringe insbesondere finanzielle Vorteile mit sich, was die bis dato noch recht teure Wasserstofftechnologie für den Verbraucher künftig doch lukrativer machen würde:
“Der große Vorteil unserer Lösung ist, dass sie im Vergleich zur polymeren Brennstoffzelle deutlich günstiger produziert werden kann und komplett ohne Platin auskommt.”
Es sei das Edelmetall, das die Kosten bei herkömmlichen Brennstoffzellen in die Höhe treibe, so Kühn.
Auch in Sachen Reichweite soll die in Zusammenarbeit mit VW entstandene Brennstoffzelle neue Maßstäbe setzten. “Mit einer Tankfüllung kommen wir bis zu 2.000 Kilometer weit”, schwärmte der Kraftwerk-Chef. Zudem würde bei der Nutzung der Brennstoffzelle Abwärme in mit einer Temperatur von rund 400 Grad Celsius entstehen, mit der man über einen Wärmetauscher “sowohl eine Heizung als auch eine Klimaanlage betreiben kann, ohne dass dafür zusätzlich Strom verbraucht wird.” Eine umweltfreundliche Komplettlösung, die, wenn sie 2026 in Serie geht, nahezu kein CO2 mehr produzieren wird.
Diesen Trend haben sowohl führende Industrielle in Deutschland als auch die Bundesregierung erkannt und aktiv damit begonnen, den Ausbau von Wasserstofftankstellen zu fördern. Demnach soll sich die Anzahl der heute in Deutschland befindlichen 101 Wasserstofftankstellen bis zum Jahr 2030 erheblich erhöhen. Obwohl Deutschland schon heute das europaweit größte und dichteste Tanknetz für die neue Technologie aufweist, reicht dieses noch nicht dazu aus, den Logistiksektor endgültig zu dekarbonisieren.
Der Wasserstoff-Marktführer H2 Mobility gab erst kürzlich bekannt, dass er die Anzahl seiner Wasserstofftankstellen bis 2030 verdreifachen wolle. Das Unternehmen, das in Deutschland mehr als 90 der insgesamt 101 Wasserstofftankstellen betreibt, hat dafür laut eigenen Angaben eine Förderung in Höhe von 110 Millionen Euro erhalten. Mit dem Ausbau des Tanknetzes soll demnach die Basis für einen kohlenstofffreien Privat- und Wirtschaftsverkehr in Deutschland gelegt werden.
Bei dem weiteren Netzausbau wolle sich das Unternehmen zukünftig auf mehrere hochfrequentierte Verkehrskorridore konzentrieren, heißt es in der Pressemitteilung von H2 Mobility. Die neuen Standorte sollen demnach in Zusammenarbeit mit Großkunden, Behörden und Flottenbetreibern entwickelt werden.
Laut Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) habe Deutschland bezüglich der Wasserstofftechnologie eine Vorreiterrolle inne. “Dank des hervorragenden Zusammenspiels von privatwirtschaftlichem Engagement und staatlicher Förderung hat Deutschland heute eine international viel beachtete Vorreiterrolle inne und verfügt über das größte Wasserstofftankstellennetz der Welt”, erklärte Wissing auf einer von der Firma H2 Mobility ausgerichteten Veranstaltung. Und er fügte hinzu:
“Auf dem Erreichten wollen wir uns nicht ausruhen, sondern gemeinsam den Aufbau von Wasserstofftankstellen weiter vorantreiben. Unsere Bemühungen zielen dabei vor allem auf Nutzfahrzeuge und die Elektrifizierung des Schwerlasttransports, bei dem wir noch großes Klimaschutzpotenzial sehen.”
Bei der Umsetzung des Großprojektes wollen die Regierung und die Industrie künftig weniger auf den herkömmlichen fossilen Wasserstoff setzen. Vielmehr soll der sogenannte neuartige “grüne Wasserstoff” zum Zuge kommen. Hierfür hat die Bundesregierung eigens eine “Nationale Wasserstoffstrategie” beschlossen, die den grünen Wasserstoff “marktfähig machen und seine industrielle Produktion, Transportfähigkeit und Nutzbarkeit ermöglichen” soll, heißt es auf der zugehörigen Kampagnen-Website des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.
Grüner Wasserstoff wird durch die Elektrolyse von Wasser hergestellt. Anders als bei der Produktion von herkömmlichem Wasserstoff, wird bei dem Herstellungsprozess des Grünen Wasserstoffs ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energiequellen verwendet. Grüner Wasserstoff ist deshalb CO2-frei.
Weil Wasserstoff aus erneuerbaren Energien bisher mehr als doppelt so teuer war wie Wasserstoff aus fossilem Erdgas, rechneten Experten bis vor kurzem erst in fünf bis zehn Jahren mit einem Durchbruch für die Zukunftstechnologie. Seit der Gaspreis angesichts des Krieges in der Ukraine jedoch auf ein neues Rekordniveau gestiegen ist, sinken die Preise für nachhaltigen Wasserstoff deutlich schneller als gedacht. Not macht erfinderisch, heißt es in einem alten deutschen Sprichwort. Doch könnte ebendiese den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft nun deutlich beschleunigen.
“Der Wandel ist schon da. Überall da, wo die Produktion von grünem Strom günstig ist, zum Beispiel mit Wasserkraft in Skandinavien oder mit viel Wind und Sonne in Namibia, sind Power-to-X-Produkte wie grüner Ammoniak schon jetzt billiger als die fossile Alternative”, erklärte der Wasserstoffexperte Michael Sterner von der TU Regensburg dem Handelsblatt.
Laut den Finanzanalysten von Bloomberg sei der grüne Wasserstoff in Teilen Europas, dem Mittleren Osten und Afrika sogar jetzt schon günstiger als fossiler Wasserstoff aus Erdgas. Diese Entwicklung würde vor allem am Gaspreis liegen, der sich bereits im letzten Jahr drastisch erhöht hatte. Der Ausbruch des Ukraine-Kriegs hatte ihn in den vergangenen Monaten dann noch einmal deutlich in die Höhe getrieben. “Mit einem Mal kann es für die Industrie wirtschaftlicher sein, auf grünen Wasserstoff zurückzugreifen als auf grauen. Diese Entwicklung hätte sonst Jahre gedauert”, erklärte der Geschäftsführer des Unternehmens Sunfire, Nils Aldag, dem Handelsblatt.
“Deutschland nimmt im Bereich der Technologie-Exporte weltweit eine Führungsposition ein”, so das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Und es schreibt weiter:
“Die Entwicklung für die Energiewende wegweisender Wasserstoff-Technologien kann diese Position dauerhaft stärken und gegebenenfalls sogar ausbauen. Wasserstoff –Technologien ‘made in Germany’ sollen künftig in großem Stil exportiert werden.”
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