Von Januar bis Juni 2022 ließen sich Bürger Russlands insgesamt 2,5 Millionen Reisepässe ausstellen – rund 45 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Jahres 2021. Dies geht aus vom russischen Innenministerium veröffentlichten Zahlen hervor.
Russen besitzen zwei Pässe. Einen inländischen, der als allgemeiner Personalausweis gilt, und einen Reisepass, der für Reisen ins Ausland benötigt wird und freiwillig ist.
Laut jüngsten Daten des Innenministeriums, die der Zeitung RBK vorliegen, stellte die Behörde im ersten Halbjahr dieses Jahres etwas mehr als 5,9 Millionen Pässe aus, davon 2,5 Millionen Reisepässe und 3,4 Millionen inländische Pässe. Demnach gab es die meisten Anträge auf Reisepässe im März. In diesem Monat erhielten rund 553.000 Menschen ihre Reisedokumente. Im Januar und Februar waren es 238.000 beziehungsweise 406.000 Personen. Im April und Mai ging die Zahl der ausgestellten Pässe wieder etwas zurück.
Wie die Zeitung berichtet, sind diese Zahlen die höchsten in den vergangenen drei Jahren. Die Jahre 2021 und 2020 seien wegen der COVID-19-Pandemie jedoch nicht aussagekräftig. Wirft man einen Blick auf das Jahr 2019, erhielten die Russen damals im selben Zeitraum rund 2,3 Millionen Reisepässe, also auch etwas weniger als in diesem Jahr.
Spannend ist, dass die Nachfrage trotz geopolitischer Spannungen und dem Ausbleiben von Direktflügen aus Russland in die Europäische Union hoch blieb. Als “Nebeneffekt” bilden sich in Russland derzeit ungewöhnlich lange Warteschlangen in Visazentren europäischer Länder, die aufgrund von Personalmangel weniger Anträge bearbeiten.
Der Demograf Alexei Rakscha erklärte RBK, dass die gestiegene Zahl zu Beginn des Jahres mit einem “Nachholbedarf an Auslandsreisen” erklärt werden könne, nachdem alle pandemiebedingten Beschränkungen aufgehoben worden seien. Der Anstieg im März vor dem Hintergrund der Sperrung des EU-Luftraums könne aber nicht mehr mit einem Nachholbedarf erklärt werden, so der Experte. Seiner Meinung nach sei die düstere außenpolitische Lage für die hohe Nachfrage nach Reisepässen verantwortlich gewesen.
Etwa 80 Prozent der Bürger, die das Land nach dem 24. Februar verlassen haben, seien wieder zurückgekehrt, hieß es im Mai aus dem russischen Ministerium für digitale Entwicklung. Die Behörde verwies dabei auf eine Analyse russischer Telekommunikationsbetreiber, die ausgewertet hatten, wie viele Menschen, die mit einer russischen SIM-Karte ausgereist waren, sich wieder in Russland aufhalten.
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