Von Alexej Danckwardt
Die Berliner Zeitung berichtet in ihrer Donnerstagsausgabe (und vor ihr bereits Bloomberg) über den Sieg von Wiktor Pschonka, eines engen Weggefährten des 2014 gestürzten ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch, vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH).
In dem bereits am 21. Dezember 2022 gesprochenen Urteil hob der EuGH nach fast neun Jahren die gegen Pschonka verhängten EU-Individualsanktionen auf. Er war unter Janukowitsch seinerzeit der Generalstaatsanwalt der Ukraine war (die Berliner Zeitung bezeichnet den Politiker herablassend schlicht als einen beliebigen “Staatsanwalt”).
In der nun schriftlich vorliegenden Urteilsbegründung monieren die EU-Richter in Luxemburg, dass sich die durch die Ukraine nach dem Sieg des Maidan erhobenen Vorwürfe angeblicher Korruption bis heute nicht durch ein nationales Gerichtsverfahren bestätigen ließen. Daher hat der EuGH Zweifel daran, dass die gegen Pschonka verhängten Sanktionen auf einer “hinreichend soliden Tatsachengrundlage” beruhten.
Zweifel hatten die EU-Richter auch daran, dass die ukrainische Justizverwaltung in den örtlichen Strafverfahren die Verteidigungsrechte respektiere. Der Rat der Europäischen Union habe diese Zweifel bei der Verhängung der Sanktionen wiederum weder geprüft noch berücksichtigt.
In der Tat wurde bis zum heutigen Tag kaum ein Vorwurf, den die Propagandisten des Maidan in den Jahren 2013 und 2014 gegen Beamte der Regierung Janukowitsch, gegen den Präsidenten persönlich wie gegen seine politischen Weggefährten erhoben hatten, substantiiert oder gerichtlich bestätigt. Gegen die meisten der in Europa auf Geheiß der Maidan-Ukraine Sanktionierten gibt es keine Gerichtsurteile, ja nicht einmal Anklagen.
Janukowitsch selbst wurde zwar von einem ukrainischen Gericht in Abwesenheit zu einer langen Freiheitsstrafe verurteilt, allerdings nicht wegen irgendeines jener Vorwürfe, die Maidan-Anhänger während der Unruhen in Kiew mit Inbrunst und voller Überzeugung behauptet hatten: weder die persönliche Verantwortung von Janukowitsch für das Maidan-Massaker noch die angeblichen Korruptionsdelikte oder die pauschale Behauptung des “Diebstahls” haben sich gerichtsfest als wahr erwiesen.
Verurteilt wurde Janukowitsch lediglich wegen eines Briefes, den er bereits nach seiner verfassungswidrigen Amtsenthebung an den russischen Präsidenten Wladimir Putin geschrieben hatte und in dem er um den Einsatz der russischen Armee in der Ukraine gebeten haben soll.
Dass auf dieser Grundlage auch die seit 2014 und teilweise schon seit 2013 bestehenden Sanktionen gegen ukrainische Antimaidan-Politiker (nicht nur aus der “Partei der Regionen” von Janukowitsch) rechtswidrig sind, ist eine Selbstverständlichkeit, die aber die EU-Beamten nicht daran gehindert hat und auch weiter nicht daran hindern wird, sie immer wieder zu verlängern und neue auszusprechen. Recht und Gesetz, Wahrheit und Anstand zählen in Brüssel schon seit langer Zeit nichts, wenn nicht gar von Anfang an.
Überraschend ist nur, dass sich der EuGH dennoch nach fast neun Jahren dazu durchrang, dies auch auszusprechen und der Willkür der EU-Bürokraten wenigstens in einem konkreten Einzelfall entgegenzutreten.
Und dann überrascht auch noch, warum die Berliner Zeitung (und Bloomberg) ausgerechnet jetzt, mehr als ein halbes Jahr nach der Urteilsverkündung selbst, darüber berichten. Sägt da etwa jemand an ukrainischen Narrativen, unter denen die Mär von “Janukowitschs Bande” zweifellos eines der ältesten und noch dazu die zentrale “moralische” Rechtfertigung für den Umsturz im Winter 2013/2014 ist?
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