Das Solomjanskij Bezirksgericht in Kiew hat über die Haftbedingungen des ehemaligen Moderators der ukrainischen Fernsehsender Nasch und NewsOne, Maxim Nasarow (bürgerlicher Name: Nasar Diordiza), entschieden, dem die Verbreitung prorussischer Ansichten vorgeworfen wird. Die Sender wurden 2022 von den ukrainischen Behörden geschlossen, nachdem der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat sie beschuldigt hatte, im Interesse Russlands zu arbeiten.
Nach Angaben der Nachrichtenagentur RBK-Ukraine wurde Nasarow zu zwei Monaten Untersuchungshaft verurteilt, mit der Möglichkeit, gegen eine Kaution von 12,9 Millionen Griwna (ca. 300.000 Euro) freizukommen.
Berichten zufolge habe das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft teilweise stattgegeben. Wie das ukrainische Magazin Focus berichtet, bestand die Staatsanwaltschaft auf einer Haftstrafe von 60 Tagen ohne Kaution, während die Verteidigung eine persönliche Verpflichtung oder Hausarrest vorschlug. Nasarow sagte während der Verhandlung, er habe die Ukraine nicht verraten und in ihrem Interesse gearbeitet:
“Ich habe niemals die Ukraine, meine Prinzipien oder die Verfassung verraten, weder moralisch noch auf andere Weise. Während der großen Invasion habe ich die Ukraine kein einziges Mal verlassen und immer zum Wohle des Landes gearbeitet.”
Am 18. Januar durchsuchte der ukrainische Sicherheitsdienst (SBU) die Wohnung von Nasarow. Den Ermittlungen zufolge stehen die Vorwürfe im Zusammenhang mit Expertensendungen des Journalisten auf seinem YouTube-Kanal. Nasarow betrieb einen persönlichen YouTube-Kanal mit etwas mehr als 200.000 Abonnenten.
Zudem behauptet der SBU, der Moderator habe in seinen Sendungen “Kreml-Narrative verbreitet” und “versucht, die Verbrechen der ‘Raschisten’ zu rechtfertigen”. Dazu habe er regelmäßig prorussische “Politikexperten” eingeladen, von denen sich viele inzwischen in Russland versteckt hielten, so der SBU:
“Sowohl der Moderator als auch die Gäste der Sendung haben in Interviews mehrfach versucht, die bewaffnete Aggression Russlands gegen die Ukraine sowie die Kriegsverbrechen der russischen Armee zu rechtfertigen.”
Nasarow selbst weist die Vorwürfe zurück. Er betont, dass er nicht für die Äußerungen der Gäste in seinen Sendungen verantwortlich sei. “Ich werde für das verurteilt, was die Gäste in meinen Sendungen sagen. Es gibt kein Strafverfahren gegen die Gäste. Ich bitte um Hilfe, denn das ist die Hölle. Das ist ein Präzedenzfall – einen Journalisten für die Äußerungen seiner Gäste zu verurteilen”, schrieb Nasarow nach der Gerichtsentscheidung.
Der Fernsehsender Nasch (“Unser [Sender]”) gehörte der Familie des Politikers Jewgeni Murajew, der von 2012 bis 2019 Abgeordneter der Werchowna Rada war. Im Jahr 2021 übergab Murajew die Leitung des Senders an seine Mitarbeiter. Im Februar 2022 wurde der Sender auf die Sanktionslisten gesetzt. Bemerkenswert ist, dass der ukrainische Geheimdienst Nasarow einen Tag nach der Veröffentlichung eines Interviews auf YouTube mit dem Gründer des Senders, Murajew, unter Verdacht stellte.
In dem Interview gab Murajew an, sich in China aufzuhalten. Zuvor hatte es geheißen, er habe die Ukraine im Mai 2022 verlassen. Der Sicherheitsdienst hatte Murajew in Abwesenheit des Hochverrats beschuldigt. Es war die erste öffentliche Erklärung Murajews seit Beginn des Krieges. Nasarow erklärte vor Gericht, dass er seit langem keine Verbindung mehr zu Murajew habe und dessen Aussage nicht unterstütze.
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