Was viele ahnten, tritt nun ein: Seitdem Kroatien zu Beginn des Jahres dem Schengen-Raum beigetreten ist, wird das Land verstärkt von Flüchtlingen, zumeist aus Nordafrika oder dem Nahen Osten, aufgesucht. Diese erreichen Kroatien aus Griechenland, der Türkei oder Bosnien-Herzegowina kommend mit der Hilfe von Schleppern. Vom Adria-Staat geht es dann nach Italien, Österreich oder die Südschweiz nach Deutschland und weiter gen Westen.
Da die sogenannte “Balkan-Route” über Ungarn und Serbien jedoch nur schwer zu durchdringen ist und man in Belgrad, aber auch in Montenegro sowie Bosnien und Herzegowina seit dem 1. Januar besonders genau beim Grenzschutz hinschaut, wie das ND berichtet, erfreut sich die Route Kroatien-Schweiz bei Migranten, die weiter nach Deutschland, Frankreich oder Großbritannien wollen, besonderer Beliebtheit.
Samuel Wyss vom Staatssekretariat für Migration berichtet gegenüber der Schweizer Zeitung Der Bund:
“Für die Schweiz bedeutet diese Routenverschiebung, dass sich die irreguläre Migration teilweise von der Ostgrenze an die Südgrenze verlagert.”
Die Migrationslage an der Schweizer Südgrenze verschärft sich. Neuerdings kommen mehr Flüchtlinge durch das neue Schengen-Land Kroatien nach Italien und von dort in die Schweiz.https://t.co/U4E8OHJCCe
— tagesanzeiger (@tagesanzeiger) January 7, 2023
Ganz überraschend kommt der Flüchtlingsstrom aus dem Osten und Süden für Kroatien aber nicht. In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau betonte Staatssekretärin Terezija Gras aus dem Innenministerium Kroatiens, der Adria-Anrainer habe als Vorbereitung auf den Schengen-Beitritt den Grenzschutz deutlich verstärkt. Kroatien verfüge zurzeit über 6.700 Grenzschutzbeamte. Das sei im Vergleich mit anderen EU-Staaten viel. Sie sagte:
“Wir haben mehr als 100 Millionen Euro in die technische Ausrüstung der Grenzpolizei investiert, auch um die Schlepperrouten besser lokalisieren zu können.”
Im Verhältnis zu den starken Befestigungsanlagen, mit denen Ungarn und Serbien ihre Staatsgrenzen schützen, ist Kroatien für Schlepperbanden und Flüchtlinge hingegen offenbar deutlich leichter zu passieren.
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