Die Trump-Administration eröffnet das jüngste Kapitel zum Thema der Deutungshoheit und restriktiver Vorgaben in der Hauptstadt Washington. Nationale Nachrichtenorganisationen verhandeln seit geraumer Zeit mit Vertretern des Pentagons über einen 21-seitigen Regelkatalog, laut dem die Pressevertreter per Unterschrift zur Einhaltung der neuen Vorschriften verpflichtet werden. Am Mittwoch beschlossen nun mehr als 40 Journalisten unterschiedlicher Publikationen und Agenturen, vor Beginn einer Pressekonferenz aus Protest das Pentagon zu verlassen.
Der gestrige Tag gilt als Zäsur in Washington. Die New York Times (NYT) spricht von einem “wichtigen Tag für die Berichterstattung über das US-Militär”. Zahlreiche Journalisten mit bis dato unkompliziertem Zugang zum Pentagon hätten ihre Presseausweise zurückgegeben, um damit nachdrücklich ihren Protest gegen die neuen Regeln von Verteidigungsminister Pete Hegseth zu untermauern. Dazu hieß es am Mittwoch in US-Medien:
“Dutzende Reporter fast aller großen Nachrichtenagenturen räumten heute ihre Büros im Pentagon, bevor sie um 16:00 Uhr gemeinsam ihre Presseausweise abgaben, nachdem alle Nachrichtenagenturen bis auf eine [One America News Network OANN] sich geweigert hatten, eine ‘Verpflichtungserklärung’ von Verteidigungsminister Pete Hegseth zu unterzeichnen.”
Der NYT-Artikel präsentiert die 21 Seiten, die nach neuesten Vorstellungen des Pentagons vor jeder Infoveranstaltung akzeptiert und unterschrieben werden müssen. Weiter heißt es zu den Gründen des Boykotts:
“Die neuen Vorschriften sehen strenge Zugangsbeschränkungen vor und drohen mit Strafen – einschließlich des Entzugs von Zugangsberechtigungen – für die bloße Anforderung von Informationen zu Angelegenheiten von öffentlichem Interesse.”
A statement from The New York Times on the Pentagon’s press pass policy: pic.twitter.com/2q43SrvrR2
— NYTimes Communications (@NYTimesPR) October 10, 2025
Juritische Vertreter der nationalen Nachrichtenorganisationen würden seit Wochen mit Mitarbeitern des Pentagons über die Details der neuen Forderungen und Verbote verhandeln.
Das Pentagon hat die neuen Beschränkungen mit der Erklärung gerechtfertigt, dass diese “ein wichtiger Schritt zur Verhinderung von Informationslecks sind, die gegebenfalls die operative Sicherheit und die nationale Sicherheit gefährden.” Weiter heißt es laut NYT-Informationen:
“Minister Hegseth hat laut Personen, die über interne Diskussionen informiert sind, Bedenken darüber geäußert, dass Reporter ohne Begleitung durch die Korridore des Pentagons gehen.”
Der Boykottaufruf erfolgt seitens der kompletten Hauptstadtjournalistenszene. So beschlossen gestern die Mitarbeiter der Nachrichtenagenturen Reuters, AFP und AP sowie der Zeitungen New York Times, Wall Street Journal und Washington Post, das Gebäude zu verlassen. Dem Protest schlossen sich auch die konservativen Medien Fox News, Washington Times und Newsmax an.
Ein wesentlicher Kritikpunkt lautet, dass Informationen “vor ihrer Veröffentlichung von einem zuständigen Beamten genehmigt werden müssen, auch wenn sie nicht als geheim eingestuft sind”, so eine der neuen Forderungen aus dem Regelkatalog.
Des Weiteren enthält der Katalog detaillierte Angaben zu weitreichenden neuen Einschränkungen hinsichtlich der Orte, an denen sich Pentagon-Reporter ohne offizielle Begleitung bewegen dürfen. Die Pentagon Press Association bezeichnete den 15. Oktober 2025 in einem Statement als “schwarzen Tag für die Pressefreiheit”.
BREAKING: Pentagon Press Association says Defense Department has ‘confiscated the badges of the Pentagon reporters from virtually every major media organization in America’ pic.twitter.com/oHnBPKL2wq
— The Spectator Index (@spectatorindex) October 15, 2025
Eine Washington-Post–Korrespondentin erklärte vor dem Pentagon, dass das Ereignis ein “beispielloser Angriff auf das Recht der Öffentlichkeit auf Information und das Ende einer der professionellsten Beziehungen zwischen Presse und Regierung” darstelle.
Hegseth, ehemals selbst Moderator bei Fox News, erklärte zuvor bereits im September auf X seine Sichtweise in der Diskussion. So lautet die unmissverständliche Mitteilung:
“Die ‘Presse’ leitet nicht das Pentagon – das Volk tut dies. Die Presse darf sich nicht mehr frei in den Räumlichkeiten einer gesicherten Einrichtung bewegen. Tragen Sie einen Ausweis und befolgen Sie die Regeln – oder gehen Sie nach Hause.”
Die New York Times erkennt in den neuen Bestimmungen eine “neue Realität”, die “direkt gegen die verfassungsmäßigen Schutzrechte einer freien Presse in einer Demokratie verstößt.”
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