Migranten, die sich bereits längere Zeit in Deutschland aufhalten aber lediglich geduldet sind, sollen nach den Plänen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Chance auf ein festes Bleiberecht erhalten. Das berichtet der Spiegel unter Berufung auf einen ihm vorliegenden Gesetzentwurf. Gleichzeitig soll der Kurs bei Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern verschärft werden.
Das “Chancen-Aufenthaltsrecht” richte sich demnach an Asylbewerber, die seit fünf Jahren oder mehr lediglich mit einer Duldung in Deutschland leben. Rund 100.000 Menschen könnten somit die Möglichkeit erhalten, dauerhaft legal in Deutschland zu bleiben. Damit solle die Lebensplanung für Menschen, die “bestimmte Integrationsvoraussetzungen erfüllen”, verlässlicher werden, heißt es in dem Entwurf.
Die neue Regelung sieht eine Probefrist vor. Diejenigen, die die Voraussetzungen erfüllen, sollen nach den Plänen des Bundesinnenministeriums für ein Jahr eine befristete Aufenthaltserlaubnis erhalten. Können sie in dieser Zeit nachweisen, dass sie die deutsche Sprache beherrschen und zugleich ihren Unterhalt sichern können, wird die Erlaubnis entfristet. Straftäter seien von dieser Möglichkeit allerdings ausgeschlossen. Auch Asylbewerber, die ihre Abschiebung lediglich durch falsche Angaben über ihre Identität verhinderten, würden nicht unter die berechtigte Personengruppe fallen.
Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP verpflichtet, die bisherige Praxis so genannter Kettenduldungen zu beenden. “Der bisherigen Praxis der Kettenduldungen setzen wir ein Chancen-Aufenthaltsrecht entgegen”, hieß es in der gemeinsamen Vereinbarung. Bei der Opposition stießen die Ampel-Pläne allerdings auf Kritik. Es sei falsch, Menschen ein Bleiberecht zu erteilen, die ohne gesetzliche Grundlage nach Deutschland gekommen seien, erklärte der damalige Unionsfraktionschef im Bundestag, Ralph Brinkhaus.
Parallel zum “Chancen-Aufenthaltsrecht” soll das Verfahren zur Abschiebung abgelehnter Asylbewerber verschärft werden. “Insbesondere die Ausreise von Straftätern und Gefährdern muss konsequenter vollzogen werden”, zitiert der Spiegel aus dem Gesetzentwurf. Im Koalitionsvertrag war das Vorhaben als “Rückführungsoffensive” fixiert worden.
2021 registrierten die deutschen Behörden mehr als 190.000 Asylanträge. Die meisten Flüchtlinge kamen demnach aus Syrien. Etwa 30.000 Menschen flohen aus Afghanistan nach Deutschland. Damit war die Zahl der gestellten Asylanträge so hoch wie seit 2017 nicht mehr. Eine Zahl, die angesichts des Ukraine-Kriegs in diesem Jahr bereits übertroffen wurde. 830.000 Ukraine-Flüchtlinge registrierte die Bundespolizei allein bis Ende Mai.
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