Von Rainer Rupp
Der frühere und zugleich neue US-Präsident Donald Trump hat von den amerikanischen Wählern ein starkes Mandat für den Frieden bekommen. Ob er das gegen die neokonservativen Kriegstreiber in beiden Parteien durchsetzen kann, ist jedoch eine andere Frage. Die hängt unter anderem davon ab, ob die von ihm für Schlüsselpositionen in der Regierung nominierten Personen, wie Pete Hegseth für das Verteidigungsministerium oder Tulsi Gabbard als “Director of National Intelligence (DNI)”, bei den Anhörungen im US-Kongress (Senat und Repräsentantenhaus) nicht abgeschossen werden.
Als DNI würde Frau Gabbard als Oberaufseherin über die 17 US-Geheimdienste fungieren, die das Herzstück des “Tiefen Staates” in den USA darstellen. Und sofort nach Frau Gabbards Nominierung für die Position begann die Schmutzkampagne gegen sie in den Mainstream-Medien, die von den “Diensten” gefüttert und von den Kriegsgewinnlern gefördert werden. Dort kann man unter Berufung auf “aktuelle und ehemalige Geheimdienstmitarbeiter” lesen, dass es der ehemaligen Kongress-Abgeordneten Gabbard an geheimdienstlicher Erfahrung fehle.
Als eine Irak-Kriegsveteranin und Oberstleutnant der Armee-Reserve verfüge sie zwar über militärische Erfahrung, aber nicht über einen tiefgreifenden Hintergrund im Bereich der Geheimdienste. Das aber sei “unerlässlich, um die große Vielfalt an nachrichtendienstlichen Informationen, aus denen sich ein Bild aktueller oder zukünftiger Bedrohungen zusammensetzt, zu verstehen”.
Zudem wird Gabbard vorgeworfen, dass ihre Russland-freundlichen öffentlichen Äußerungen die Fähigkeit der Vereinigten Staaten untergraben würden, Informationen von Verbündeten und Partnern zu erhalten. An anderer Stelle, in einem Artikel von Defence one, wird Gabbard bereits im Titel als “außerordentlich gefährlich” für die US-Nachrichtendienste bezeichnet.
Am Dienstag dieser Woche haben nun die Anhörungen im Kongress begonnen. Erste Berichte im Mainstream sprechen davon, dass Tulsi Gabbard “Schwierigkeiten mit Details” habe, weshalb sogar einige republikanische Senatoren “Bedenken bezüglich ihrer Qualifikationen haben, die US-Geheimdienstgemeinschaft zu leiten”, berichtete das Wall Street Journal am Abend desselben Tages.
Was diese Details angeht, so habe Gabbard “nicht klar artikulieren können, was die Rolle des Direktors der nationalen Nachrichtendienste umfasst”, und “schien verwirrt über einen Schlüsselaspekt der nationalen Sicherheit der USA”, nämlich über den Abschnitt 702 des Gesetzes über die Überwachung ausländischer Geheimdienste. Sie habe das mit “Titel I des FISA-Gesetzes verwechselt, das in der Regel individuelle Verdächtige innerhalb der USA, die der Spionage verdächtigt werden, ins Visier nimmt”, zitiert das Wall Street Journal zwei republikanische Senatsmitarbeiter.
Mit solchen lächerlichen Details versuchen sogar nicht gewählte Bedienstete von republikanischen Senatoren gegen Gabbard öffentlich Stimmung zu machen. Die republikanischen Senatoren selbst scheinen sich jedoch vorsichtig zurückzuhalten, was einen guten Grund in der Person von Elon Musk hat. Darauf hat auch das Wall Street Journal kaum verdeckt angespielt, als es eine rhetorische Frage stellte: “Aber wird das für die Republikaner eine Rolle spielen?” – und selbst die Antwort gab, nämlich: “Die Republikaner haben eine knappe Mehrheit im Senat, und eine Mehrheit ist alles, was benötigt wird, um Gabbards Nominierung voranzutreiben. Zudem hat Elon Musk bereits seine Unterstützung für die Initiierung von Primärwahlen gegen republikanische Senatoren angekündigt, die sich gegen die Nominierungen Trumps stellen.”
Mit anderen Worten: Trumps eigene Partei, die Republikaner, hat zwar eine Mehrheit, aber unter den republikanischen Abgeordneten gibt es viele, die tief in den Taschen der Kriegsgewinnler des Tiefen Staates stecken und folglich die Pläne Trumps nicht unterstützen, das globale Engagement des US-Militärs radikal zurückzufahren. Allerdings hat Elon Musk die republikanischen Abgeordneten bereits unzweideutig wissen lassen, dass er jeden von ihnen politisch “fertigmachen” werde, der in wichtigen Angelegenheiten gegen Trump stimme, was aktuell vor allem für Trumps Personalvorschläge für sein Kabinett gilt.
Bei den Anhörungen am vergangenen Dienstag von Frau Gabbard im US-Kongress scheint das Kalkül von Musk bereits Wirkung gezeigt zu haben. Es gab keine offene Ablehnung von Gabbard, obwohl sie – ebenso wie Musk – eine entschiedene Gegnerin dieser Dienste ist. Musk und Gabbard haben z. B. kein Hehl daraus gemacht, dass sie am liebsten früher als später die CIA auf der Müllhalde der Geschichte entsorgen wollen. Das hatte auch unter republikanischen Kongressabgeordneten zu starken Unmutsbezeugungen geführt.
Bei der Anhörung von Gabbard am Dienstag dieser Woche gab es jedoch nur einige leicht kritische Bemerkungen von republikanischen Senatoren. Die Warnung des reichsten Mannes der Welt, der nicht nur 400 Milliarden Dollar sein Eigen nennt, sondern auch den mächtigsten Mann der westlichen Welt, den neuen US-Präsidenten Trump, hinter sich hat, scheint ihre disziplinierende Wirkung auf die republikanischen Kongressabgeordneten nicht zu verfehlen.
Das könnte ein günstiges Zeichen für Trumps Intentionen sein, den Konflikt in der Ukraine zu beenden, ohne dass die “Kriegspartei” im Kongress ausreichende Kräfte mobilisieren kann, um den Frieden zu stoppen. Zugunsten Trumps Vorhaben spricht, dass die US-Kriegspartei und ihre Verbündeten in der EU ihr Ziel in der Ukraine nicht erreicht haben, nämlich Russland eine strategische Niederlage beizubringen. Von diesem Ziel sind die US- und NATO-Kriegstreiber heute weiter entfernt denn je. Für die Ukraine ist die Lage auf dem Schlachtfeld und in der zivilen Gesellschaft katastrophal. Und wenn man schon von strategischer Niederlage spricht, dann sind es die westlichen Kriegstreiber, denen Russland eine strategische Niederlage zugefügt hat.
Ein “Weiter so” wie bisher ist für die USA und die NATO aufgrund materieller und finanzieller Engpässe nicht mehr möglich, zumal die Wirtschaftsaussichten im Westen alles andere als gut sind. Das verengt die Argumentationsbasis der US- und NATO-Kriegstreiber, dass mit noch etwas mehr Militärhilfe der Sieg der Ukraine ganz nah, praktisch um die Ecke sei. Das könnte für Trump die Tür zu einer möglichen Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und Russland öffnen und der neuen Trump-Regierung erlauben, sich ohne Gesichtsverlust aus dem desaströsen Ukraine-Abenteuer seines Vorgängers zurückzuziehen. Dafür hätte Trump starke Argumente, z. B.:
“Das ist nicht mein Krieg, ich war von Anfang an dagegen. Was in der Ukraine mit den Menschen passiert, ist eine Katastrophe. Die Ukraine hat den Krieg bereits verloren, und jede weitere Hilfe für Selenskij bedeutet nur, dass noch mehr seiner Soldaten sinnlos in den Tod getrieben werden. Das ist kriminell, und wir werden es mit keinem einzigen US-Dollar Steuergeld unterstützen.”
Trump könnte eine Vereinbarung mit Russland, die die Realität auf dem Schlachtfeld anerkennt, zu Hause als einen großen persönlichen Sieg darstellen. Denn durch seine Positionierung hat er überhaupt erst die guten Bedingungen für den Frieden geschaffen. Die Kriegspartei in Washington hätte derweil kaum Gegenargumente, und ihre Aufmerksamkeit wäre ohnehin auf die Aktivitäten von Musk und Gabbard gerichtet, die den Tiefen Staat versenken wollen.
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