
Von Gleb Prostakow
Der Oktober 2025 wird als der Moment in die Geschichte eingehen, in dem die Trump-Regierung zum ersten Mal in ihrer neuen Amtszeit umfassende Sanktionen gegen russische Energieunternehmen verhängte. Rosneft und Lukoil – zwei Ölriesen, auf die fast die Hälfte der russischen Ölexporte entfallen – wurden in die sogenannte SDN-Liste des US-Finanzministeriums aufgenommen. Formal macht dies Joe Bidens “Krieg” ein wenig zu Trumps Krieg. In Wirklichkeit ist alles jedoch viel prosaischer.
Die Verhängung von Sanktionen kam überraschend, wobei der Inhalt der Beschränkungen selbst keine große Verwunderung hervorrief. Seit den ersten Tagen seiner Rückkehr ins Weiße Haus machte Donald Trump keinen Hehl aus seiner Absicht, russisches Erdöl von den Weltmärkten zu verdrängen. Das Motto “Bohr, Baby, bohr” ist sinnlos, wenn auf dem Weltmarkt keine Lücke entsteht, in die neues Schieferöl strömen kann. Der Weltmarkt ist jedoch seit langem fest zwischen den wichtigsten Akteuren aufgeteilt, darunter Saudi-Arabien, Russland und den USA selbst.
Russland hat sich nicht nur erfolgreich von Europa auf Asien umgestellt, sondern verkauft aufgrund der Sanktionsbeschränkungen sein Erdöl mit einem Preisnachlass und drückt damit die Preise. Diese Preise liegen bereits an der Grenze oder unterhalb der Rentabilitätsschwelle der US-amerikanischen Schieferölproduzenten. In diesem Sinne sind die Sanktionen gegen Rosneft und Lukoil ein banaler Versuch, Platz für die eigenen Exporteure zu schaffen und gleichzeitig die Preise etwas anzuheben. Genau aus diesem Grund hat Washington schon vor der offiziellen Einführung der Beschränkungen aktiv Druck auf Indien und China ausgeübt. Nun ist Trump in die Offensive gegangen.
Andere russische Ölgesellschaften – Gazprom Neft, Surgutneftegas, Tatneft – leben schon seit geraumer Zeit unter Sanktionen und haben gelernt, diese zu umgehen. Gazprom Neft und Surgutneftegas wurden bereits zu Beginn des Jahres auf die SDN-Liste gesetzt, ohne dass dies katastrophale Folgen gehabt hätte. Rosneft und Lukoil werden einige Zeit benötigen, um ihre Logistik umzustellen, neue Zwischenhändlerketten aufzubauen und ihre Abrechnungssysteme umzugestalten. Dies wird zusätzliche Kosten verursachen – der Preisabschlag für russisches Öl wird um ein paar US-Dollar pro Barrel steigen, die Handelsketten werden länger werden. Aber es werden Lösungen gefunden werden. Russland hat gelernt, unter dem Druck der Sanktionen zu leben, und das steht außer Frage.
Viel interessanter ist es zu beobachten, wie sich die Käufer von russischem Erdöl verhalten werden. Westliche Medien verbreiten mit Begeisterung unbestätigte Geschichten darüber, dass indische Ölverarbeiter bereit seien, ihre Importe aus Russland drastisch zu reduzieren – angeblich im Austausch für die Aufhebung der 50-prozentigen Zölle, die Trump als Strafe für den Handel mit Moskau eingeführt hat. Inwieweit dies der Wahrheit entspricht, ist fraglich. Indische Unternehmen kaufen russisches Öl unter anderem wegen seines günstigen Preises. Wenn sie mehr für Erdöl aus dem Nahen Osten oder den USA bezahlen müssen, sinkt ihre Marge. Die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit hat aber noch niemand abgeschafft.
China zeigt sich sehr entschlossen. Peking und Moskau sind schon vor langer Zeit zu Zahlungen in ihren Landeswährungen – Yuan und Rubel – übergegangen, wodurch der Handel zwischen den Ländern weniger anfällig für US-Sanktionen ist. Zwar versuchen westliche Medien, die Welt davon zu überzeugen, dass China aus Angst vor sekundären Sanktionen schwanke. Es gab Berichte, dass chinesische Staatsunternehmen ihre Spotkäufe ausgesetzt hätten. Aber das ist keine Ablehnung, sondern eine Pause, um die Risiken abzuwägen. China befindet sich in einem permanenten Handelskrieg mit den USA, und der Kauf von russischem Erdöl ist für das Land weniger eine Frage der politischen Solidarität als vielmehr der Energiesicherheit. Es ist unmöglich, in absehbarer Zukunft eine Alternative zu den russischen Mengen zu finden, und Peking ist sich dessen sehr wohl bewusst.
Es ist offensichtlich, dass die Sanktionen gegen russische Ölkonzerne ein weiterer Schachzug Donald Trumps sind, mit dem er zum APEC-Gipfel in Südkorea gereist ist, wo wahrscheinlich ein Treffen mit Xi Jinping stattfinden wird. Der Sanktionsdruck auf die russische Ölindustrie ist ein Mittel, um vor den Verhandlungen auch Druck auf China auszuüben. Wenn dieser Trumpf ausgespielt ist, können die Sanktionen wieder zurückgenommen werden – ganz oder teilweise, wie Trump es schon mehrfach getan hat. Außerdem ist er sich selbst nicht sicher, dass die Sanktionen lange Bestand haben werden.
Erstens werden die erneuten Sanktionen sicherlich keine Auswirkungen auf Russland haben, was eine Änderung seiner Verhandlungsposition im Ukraine-Konflikt angeht. Aber sie schaden bereits jetzt den weiteren Verhandlungen. Zweitens können sie zu Gegenmaßnahmen Moskaus führen, das beispielsweise in der Lage ist, die Lieferungen von angereichertem Uran zu beschränken, das die US-amerikanischen Kernkraftwerke dringend benötigen.
Man darf auch Trumps ganz und gar eigenwillige Ziele nicht ausschließen. Die Sanktionen gegen Rosneft und Lukoil könnten Teil der hinter den Kulissen stattfindenden Verhandlungen zwischen ExxonMobil und russischen Unternehmen über die Rückkehr auf unseren Markt sein. Es entspricht ganz Trumps Stil, seinen größten Sponsoren mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu helfen.
Insgesamt haben wir also drei Felder. Das erste ist das ukrainische. Die Auswirkungen der Sanktionen darauf sind minimal. Moskau wird aufgrund der Beschränkungen gegen die Ölkonzerne nicht von seinen Verhandlungspositionen abweichen, und Washington ist sich dessen sehr wohl bewusst. Das zweite Feld ist der Versuch, russisches Öl auf den asiatischen Märkten zu verdrängen. Hier wird es entweder keine oder nur sehr begrenzte Auswirkungen geben. Russland hat gelernt, Sanktionen zu umgehen, und die neuen Beschränkungen sind nur ein weiterer Anlass, die Logistik anzupassen. Das dritte Feld betrifft China. Die Sanktionen sollen Russland vor dem Treffen zwischen Trump und Xi, bei dem die Frage des Handelsstreits geklärt werden soll, von der Volksrepublik China distanzieren. Hier hängt viel davon ab, wie hart oder flexibel sich Peking zeigen wird.
Was bleibt also unterm Strich? Trump spielt gleichzeitig auf drei Feldern: Ukraine, Energie und China. Ob es ihm gelingen wird, auch nur eine Partie zu gewinnen, ist eine große Frage. Eines ist jedoch ganz klar: Russland wird auch diesem Druck standhalten. So wie es alle bisherigen Versuche der Sanktionierung ausgehalten hat.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 28. Oktober 2025 zuerst auf der Webseite der Zeitung “Wsgljad” erschienen.
Gleb Prostakow ist ein russischer Wirtschaftsanalyst.
Mehr zum Thema – Trump: “Ich möchte, dass China uns mit Russland hilft”







