Von Irina Taran
Die Europäische Union bereitet einen “serbischen Maidan” vor, berichtet Russlands Auslandsnachrichtendienst SWR. Die jüngsten Unruhen in Serbien, an denen sich aktiv junge Menschen beteiligen, sind gemäß der Aufklärungsdaten des SWR größtenteils ein Produkt zersetzender Aktivitäten der EU. Ziel des europäischen liberalen Mainstreams ist es, eine gehorsame und Brüssel treue Führung an die Macht zu bringen, so der SWR. In Serbien jedoch erleide das vom Westen in vielen Ländern erfolgreich erprobte Szenario einer “Farbrevolution” Fehlfunktionen und sei im Scheitern begriffen, da in Serbiens Gesellschaft weiterhin starke patriotische Gefühle vorherrschten. Auch Experten sehen zwar stetig wachsenden Druck der EU auf Belgrad – doch eben auch interne Reserven, die Serbiens Regierung ermöglicht, die Kontrolle über das Land zu behalten.
Der SWR kommentiert die Lage wie folgt:
“Das Ziel des europäischen liberalen Mainstreams ist es, in diesem größten Balkanland eine gehorsame und Brüssel treue Führung an die Macht zu bringen. Man muss zugeben, dass den Euro-Eliten vieles gelingt: Junge Menschen radikalisieren sich und gehen von friedlichen Protesten zu ‘revolutionären’ Methoden des Kampfes und zur Gewalt über.”
Wie der Dienst jedoch feststellt, scheitert das vom Westen in vielen Ländern “erfolgreich erprobte” Szenario der “Farbrevolution” in Serbien. Die ultimativen Ziele der Euro-Bürokratie wurden nicht erreicht, denn
“Es bestehen starke patriotische Gefühle, der einigende Einfluss der serbisch-orthodoxen Kirche sowie die Erinnerung an die NATO-Aggression und die Bombardierung Jugoslawiens, die zu seinem Zerfall führte, fort.”
Auch handwerklich entspricht die Herangehensweise der EU an ihr selbstgesetztes Ziel, in Serbien eine Marionettenregierung an die Macht zu putschen, der klassischen Farbrevolution, wie der Westen sie schon mehrfach aufs Parkett legte, führt der SWR aus. Man betont die Heuchelei der beteiligten sogenannten “unabhängigen” Medien in Serbien ebenso wie ihrer Geldgeber in Brüssel:
“Die europäischen Eliten sind entschlossen, den Jahrestag der tragischen Ereignisse in Novi Sad am 1. November, die die Proteste auslösten, auszunutzen, um die Lage zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Der Schwerpunkt liegt auf der Gehirnwäsche der serbischen Jugend und der Werbung für eine angeblich glänzende europäische Zukunft. Den vermeintlich unabhängigen Medien kommt dabei eine besondere Rolle zu und ihre ‘Unabhängigkeit’ soll mit ‘demokratischem’ europäischem Geld gestärkt werden.”
Nach Daten des SWR erhalten die serbischen Nachrichtenportale FoNet, RAM Network, Vreme, Juzne Vesti, Slobodna rec, Boom93, Podrinske, Freemedia, Indjija, SOinfo, FAR, Storyteller sowie die “Nicht”-Regierungs-Organisation Link durchaus solide finanzielle Unterstützung von weiteren mit Brüssel verbundenen NGOs. Brüssel erwartet, dass die finanzielle Unterstützung der Medien und NGOs die Protestwähler mobilisieren, die Menschen auf die Straße bringen und den “serbischen Maidan” nach dem vielfach erprobten Szenario zu seinem Ziel zu führen, berichtet der russische Auslandsnachrichtendienst. Bei so vielen Ähnlichkeiten zu vorigen Szenarien kann man eigentlich auch folgern, dass die Perspektiven Serbiens, wie eines jeden Landes, in dem eine Farbrevolution erfolgreich ist, dann zu Grabe getragen werden:
“Die falschen Versprechungen europäischer Politiker, bald in den blühenden europäischen Garten einzutreten, sind jedoch nur ein Köder.
Für diese immer weiter schwindende Aussicht wird man die Errungenschaften der Vorfahren und das Andenken an sie aufgeben müssen. Die Europäische Union braucht kein stolzes und vereintes serbisches Volk.”
Zuvor hatte Ana Brnabić, die Vorsitzende der Skupština, des Parlaments Serbiens, die Anwesenheit von Europaabgeordneten bei den Protesten in Novi Sad, wo es zu Unruhen kam, als “heuchlerisch” bezeichnet. Russlands Außenministerium kommentierte diese Information ebenfalls: Wie die offizielle Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, vergangene Woche betonte, sei die Anwesenheit von Europaabgeordneten bei den Protesten in Serbien eine grobe Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Staates und “ein absolut spekulativer Versuch, eine Art Regimewechsel auf der Straße herbeizuführen”. Sacharowa nannte dies einen “bereits gut eingeübten Schachzug”.
Zuvor hatte Milovan Drecun, der Vorsitzende des Verteidigungs- und Innenausschusses des serbischen Parlaments, gegenüber RIA Nowosti bereits über die Beteiligung von EU-Ländern am Organisieren der Proteste in der Republik berichtet. Ihm zufolge habe Serbiens Sicherheits- und Informationsagentur die Arbeit der kroatischen Sicherheits- und Geheimdienste (SOA) offengelegt, wobei mehrere der eingebetteten kroatischen Agentengruppen enttarnt wurden. Zudem sprach Drecun die Beteiligung der Geheimdienste Bosnien-Herzegowinas und Bulgariens an den entsprechenden Operationen im Zusammenhang mit den Unruhen an – und noch mehr:
“Auch andere Geheimdienste der Region sind beteiligt, beispielsweise der in Zentralserbien operierende Kosovo-Geheimdienst (AKI).”
Die Protestwelle
Schon seit Herbst 2024 finden in Serbien Studenten- und Oppositionsproteste statt, nachdem in der Stadt Novi Sad ein Vordach eines Bahnhofs eingestürzt war, wobei 16 Menschen getötet wurden. Mitte August dieses Jahres eskalierte die Lage in serbischen Städten erneut: Demonstranten wurden aktiver, blockierten Straßen und lieferten sich Zusammenstöße mit der Polizei. Die Unruhen setzten sich auch im September fort.
Wie Serbiens Präsident Aleksandar Vučić in Novi Sad im Beisein von Vertretern des Europäischen Parlaments erklärte, versuchte “eine Gruppe von Menschen in Sturmhauben um jeden Preis”, die Räumlichkeiten der philosophischen Fakultät der örtlichen Universität zu besetzen. Vergebens, so Vučić in seiner Ansprache an die Nationalversammlung:
“Sie scheiterten jedoch: Die Polizei hat ihre Arbeit getan und äußerst professionell gehandelt. Mehrere Personen wurden bereits festgenommen, ihre Zahl dürfte in die Dutzende gehen. Die Angreifer setzten Pyrotechnik und andere Gegenstände ein und griffen die Polizei grundlos an.”
Vučić zufolge wurden bei dem Vorfalls Polizisten verletzt, die sich vor dem Fakultätsgebäude befanden.
Später sagte der serbische Präsident in einem Interview an TV Informer, die Geheimdienste mehrerer Länder hätten umgerechnet sage und schreibe vier Milliarden US-Dollar für das Ziel, den Zusammenbruch des serbischen Staates herbeizuführen, ausgegeben. Der Hauptorganisator der “Farbrevolutionen” komme von außen.
Laut Vučićs ist die “Farbrevolution” in Serbien jedoch gescheitert, weshalb eine Versöhnung zwischen den Bürgern notwendig sei.
“Politische Forderung”
Experten zufolge liegt der Hauptgrund für die anhaltenden Proteste in Serbien in den Aktivitäten der Europäischen Union, die offenbar einen Machtwechsel in der Republik anstrebt.
Alexei Muchin, Leiter der russischen Bürgervereinigung Zentrum für politische Information, weist in einem Kommentar an RT hin:
“Der Hauptgrund für die Proteste in Serbien ist die Unzufriedenheit der Europäischen Union mit der Tatsache, dass sich im Zentrum Westeuropas ein Staat befindet, der erstens nicht Teil der EU, zweitens nicht Teil der NATO und drittens nicht russenfeindlich ist. Das ist der Hauptgrund für die politischen Turbulenzen in Serbien, wo es eine große Anzahl verschiedener NGOs gibt.”
Jelena Ponomarjowa, Balkanistin und Professorin an Russlands Diplomatenhochschule MGIMO, teilt diese Ansicht. Ihr zufolge ist gerade Brüssel am meisten daran interessiert, die Lage in Serbien zu destabilisieren, so die Expertin in einem Gespräch mit RT:
“Denn Aleksandar Vučić versucht immer noch, ein Gleichgewicht doch noch zu wahren – gute, nachbarschaftliche Beziehungen zu Moskau und Brüssel gleichzeitig zu pflegen. Dies ist jedoch nicht günstig aus der Sicht der EU-Führung. Sie strebt eine Vereinigung ganz Europas unter dem Banner der Russophobie an.”
Muchin seinerseits stellt fest, dass die Lage in Serbien zwar weiterhin angespannt sei, die “Technologie der Farbrevolutionen” sei in diesem Fall jedoch gescheitert:
“Die serbische Zivilgesellschaft akzeptiert die Losungen und Aufrufe, die bei diesen Protesten zu hören sind, im Allgemeinen nicht. Die Serben wollen Russland nicht hassen und wollen auch nicht, dass ihr Land an der Seite der Ukraine in den Krieg hineingezogen wird.”
Wladimir Putjatin, außerordentlicher Professor am Institut für Geschichte der Süd- und Westslawen an der Fakultät für Geschichte der Moskauer Lomonossow-Universität, macht gegenüber RT wiederum auf die Radikalisierung der Proteste aufmerksam:
“Das jüngste derartige Aufflammen der Proteststimmung ging mit einem Übergang von friedlichen Aktionen zu Straßenkämpfen einher. Dies deutet darauf hin, dass sich der Protest radikalisiert.
Dabei ist die politische Forderung nach dem Rücktritt von Aleksandar Vučić bereits deutlich zu vernehmen. Trotz der Tatsache, dass die serbische Opposition aufgrund verschiedener innenpolitischer Prozesse stark gespalten ist, versucht sie derzeit ihr Bestes, an Protesten teilzunehmen und politische Punkte zu sammeln.”
Wie Wladimir Schapowalow, Politikwissenschaftler und Vorstandsmitglied der Russischen Gesellschaft für Politikwissenschaft, in einem Kommentar an RT erklärt, besteht das Ziel der EU-Führung darin, die serbische Opposition zu instrumentalisieren und die Proteste zu radikalisieren – um so einen Machtwechsel herbeizuführen:
“Die Hauptmotivation der EU ist dabei der Wunsch, den Balkan zu säubern, diese Region vollständig zu unterwerfen und die jahrhundertealten Verbindungen zwischen dem serbischen und dem russischen Volk zu zerreißen. Der Grund für den zunehmenden Druck der Europäischen Union auf Serbien ist Belgrads mangelnde Bereitschaft, Brüssels antirussischen Kurs zu unterstützen.”
Ihm zufolge nimmt der Druck der EU auf Belgrad ständig zu, doch Serbien verfügt über interne Reserven, die es den Behörden ermöglichen, die Kontrolle über das Land zu behalten:
“Dies ist in erster Linie das Bekenntnis eines bedeutenden Teils der Bevölkerung zu traditionellen Werten, der starke Einfluss der serbisch-orthodoxen Kirche und die Erinnerung an die Freundschaft mit Russland und dem russischen Volk.”
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