Laut einem Bericht der Zeitung Washington Post ziehen die USA die Möglichkeit einer massenhaften Evakuierung ihrer Staatsbürger aus dem Nahen Osten in Erwägung, falls die Feindseligkeiten zwischen Israel und der palästinensischen Hamas sich in einen breiteren Konflikt ausweiten. Einige namentlich nicht genannte Beamte der US-Regierung, die mit der Notfallplanung vertraut sein wollen, haben gegenüber Journalisten erklärt, es soll es sich um Hunderttausende Menschen handeln, hauptsächlich um jene, die sich in Israel und im Libanon befinden.
Zum Zeitpunkt des Hamas-Angriffs Anfang Oktober hätten nach Einschätzungen des Außenministeriums in Washington etwa 600.000 US-Staatsangehöriger in Israel und 86.000 im Libanon gelebt. Das Biden-Kabinett sei sich der Tatsache bewusst, dass der plötzliche Abtransport einer solchen Zahl von Menschen große logistische Probleme mit sich bringen würde. Gleichzeitig betonten die Quellen der Washington Post, eine Evakuierung solchen Ausmaßes betrachteten die USA eher als Katastrophenszenario, wobei andere Entwicklungen in der Region für wahrscheinlicher gehalten würden. Ein Beamter hob dennoch hervor, es sei verantwortungslos, keinen Plan für alle möglichen Situationen zu haben.
Weiter berichtete die Zeitung, dass eine Evakuierung aus Israel im Zusammenhang mit einer möglichen Bodenoperation des IDF im Gazastreifen durchgeführt werden könnte. Hinsichtlich des Libanons und der Hisbollah zeige sich Washingtons besorgt. Die Hisbollah ist eine islamistisch-schiitische Partei und Miliz, die das Land seit dem Jahr 1992 politisch und militärisch kontrolliert. Seit vielen Jahren habe die Hisbollah Ausbildung und Ausrüstung aus Iran erhalten. Daher sollen die USA eine Attacke des Libanons auf Israel von Norden her befürchten, wodurch der Konflikt sich auf zwei Fronten ausweiten könnte. An der Grenze zwischen den beiden Ländern sei es bereits zu Zusammenstößen gekommen.
Dennoch betreffe die Planung laut der Washington Post nicht nur Israel und Libanon, sondern mehrere arabische Länder. Tel Avivs Reaktion auf den Hamas-Angriff, wie etwa Bombardements des Gazastreifens und Misshandlung von Palästinensern sowie Washingtons volle Unterstützung für Israel hätten in der gesamten Region für Empörung gesorgt. Mit Protesten und Demonstrationen auf den Straßen zahlreicher Städte der arabischen Welt seien die Risiken für US-Personal und -Bürger in Nahost gestiegen.
Am Montag hatte das Pentagon eine steigende Zahl von Angriffen auf US-Truppen in der Region prognostiziert. Insbesondere seien etwa 3.400 Soldaten bedroht, die im Irak und Syrien stationiert seien. Ebenfalls am Montag sollen US-Soldaten zwei Drohnen nahe der Grenze zu Jordanien abgefangen haben. Eine genaue Zahl der Angriffe auf US-Streitkräfte sowie Angaben über Verletzte oder Getötete seien derzeit nicht bekannt.
Zuvor hatte das US-Außenministerium eine Reisewarnung für US-Amerikaner herausgegeben und vor Reisen in Länder des Nahen Ostens gewarnt. Außerdem ordnete Washington am Sonntag die Abreise aller nicht für Notfälle zuständigen Botschaftsangehörigen und deren Familien aus Bagdad und Erbil im Irak an.
Mehr zum Thema – USA ziehen Botschaftspersonal aus Irak ab und geben Reisewarnung aus