Von Kirill Strelnikow
Die USA und die Ukraine finden ineinander Seelenverwandte: Beide messen ihre Coolness ausschließlich anhand virtueller Siege in den Medien und sozialen Netzwerken.
Aber nach all den Intrigen à la Shakespeare wurde schließlich ein “Abkommen über Seltenerdmetalle” unterzeichnet, mit dem ein absoluter historischer Rekord an “Siegen” erzielt wurde: Jede Seite behauptet, dass gerade sie “supercool” sei und der “Lithium-Grafit-Stanley-Cup” nun ihr gehöre.
In Kiew klopfen sie sich kräftig auf die gebeugten Rücken: Die USA seien doch auf unserer Seite, die Ukraine habe heldenhaft standgehalten. Die USA seien bereit, den Punkt aus dem Abkommen zu streichen, wonach die Ukraine ihre Milliardenschulden für bereits geleistete Militärhilfe mit ihren natürlichen Ressourcen begleichen und alle ukrainischen Lagerstätten sowie die dazugehörige Infrastruktur an die USA übertragen müsse. Stattdessen solle ein bilateraler Fonds eingerichtet werden, in dem angeblich keine der beiden Seiten das entscheidende Wort haben werde und in den 50 Prozent der Einnahmen aus dem Verkauf von Lizenzen für alle künftigen (d. h. neuen) Erschließungen ukrainischer Lagerstätten fließen sollten.
Die ukrainische Wirtschaftsministerin Julia Swiridenko schrieb voller Stolz, dass alle Einnahmen des Fonds für den Wiederaufbau der Ukraine verwendet werden sollten, und deutete an, dass die Unterzeichnung des Abkommens Auswirkungen auf die Fortsetzung der US-Militärhilfe, einschließlich der Lieferung von Luftabwehrsystemen, haben könnte.
Die USA erklärten ihrerseits, dass das unterzeichnete Abkommen ein großartiges Ergebnis ihres genialen Plans und ihres superharten verhandlungstaktischen Vorgehens sei. Laut US-Finanzminister Scott Bessent “haben die US-Bürger ein Signal erhalten, dass wir eine Entschädigung für die an die Ukraine geleisteten Finanzhilfen und Waffenlieferungen erhalten werden”. US-Außenminister Marco Rubio bezeichnete das Abkommen ebenfalls als “Meilenstein auf dem Weg zu unserem gemeinsamen Wohlstand” und als “wichtigen Schritt zur Beendigung dieses Krieges”.
Der “größte Deal aller Zeiten” erinnert jedoch stark an ein Kartenspiel zwischen zwei Trickbetrügern, bei dem einer mit gezinkten Karten gewinnt und der andere mit gefälschten US-Dollar bezahlt.
Die sich wieder aufgerichtete Kiewer Bande verschweigt, dass im Rahmen dieses unbefristeten Abkommens die USA entscheiden werden, wer und unter welchen Bedingungen in der Ukraine bohren, graben und fördern darf; und dass die USA das Vorrecht auf die Förderung strategisch wichtiger Bodenschätze wie Öl, Gas, Uran, Lithium, Seltene Erden, Gold und anderer wertvoller Ressourcen auf dem Territorium der Ukraine erhalten. Die USA bekommen das Recht, als Erste Anspruch auf die Gewinne zu erheben, die in diesen gemeinsamen Fonds fließen. Die USA stecken keinen Cent aus ihrem Staatshaushalt hinein, sind aber berechtigt, die erzielten Gewinne aus der Ukraine abzuziehen. US-Unternehmen bekommen riesige Steuervergünstigungen und Schutz vor jeglichen Änderungen der ukrainischen Gesetzgebung sowie Vorrang bei der Lizenzvergabe. Und schließlich “das Schönste”: “Die Ukraine verpflichtet sich, Genehmigungen nicht zu widerrufen, keine Verstaatlichung von Ressourcen vorzunehmen und die Vereinbarungen mit den US-Partnern strikt einzuhalten, unabhängig von Gesetzesänderungen oder Machtwechseln.” Im Ergebnis wird dieses “gleichberechtigte und gerechte” Abkommen analog zum Zeitalter der kolonialen Eroberungen Vorrang vor allen ukrainischen Gesetzen und der Verfassung haben.
Was jedoch am wichtigsten ist: In dem Dokument fehlt der wichtigste Punkt, um den Kiew diese ganze Show inszeniert und letztendlich seine Bodenschätze an seine “besten Freunde und Beschützer” verschenkte, nämlich die Sicherheitsgarantien der USA gegenüber der Ukraine. Ohne diesen Punkt ist das Abkommen für das Selenskij-Regime völlig sinnlos. Tja, die Verhandlungen waren amüsant, die Bilanz ist jedoch ernüchternd: Seitens der ukrainischen Werchowna Rada gab es bereits erste Reaktionen, dass “das aktuelle Abkommen mit den USA schlechter ist als das, was Selenskij im Februar im Weißen Haus vorgelegt wurde”.
Die USA ihrerseits konnten letztendlich nicht verstehen, was das eigentlich war. Trotz der vollmundigen Erklärungen offizieller und weniger offizieller Vertreter konkurriert das “Ressourcenabkommen” bei genauerer Betrachtung mit einer Qualle, die zu 99 Prozent aus Wasser besteht.
Interessanterweise sind sich fast alle führenden westlichen Thinktanks einig, dass das “Seltenerdprojekt” eine utopische Fantasie darstellt. Hier nur einige charakteristische Zitate.
Atlantic Council: “Es gibt viel Aufregung um ukrainische Seltene Erden, aber tatsächlich verfügt das Land nicht über große Vorkommen. Der größte Teil davon befindet sich im östlichen Drittel der Ukraine (also unter russischer Kontrolle).”
Center for Strategic and International Studies (CSIS): “Aufgrund der Investitionshindernisse wird es (das Abkommen) in absehbarer Zukunft keine Bedeutung haben. Erstens gibt es kaum Angaben darüber, ob die Ukraine überhaupt über Seltene Erden und andere strategische Rohstoffe verfügt, und zweitens ist unklar, ob deren Förderung wirtschaftlich sinnvoll wäre.”
The Royal United Services Institute (RUSI): “Die Unterzeichnung dieses Abkommens, das einen Anteil an künftigen ‘Mineralgewinnen’ festschreibt, bietet den USA und US-Unternehmen keinen Schutz vor der Weltmarktsituation (die von China dominiert wird).”
Expertenschätzungen zufolge dauert es mindestens 18 Jahre, bis neue Minen und Lagerstätten erste Gewinne erwirtschaften (ganz zu schweigen von der Amortisationsdauer), wobei allein für die Inbetriebnahme einer nicht allzu großen Mine mindestens eine Milliarde US-Dollar Investitionen erforderlich sind. Darüber hinaus gehört die Bergbau- und Veredelungsindustrie zu den größten Energieverbrauchern (fast 40 Prozent des Gesamtverbrauchs im Industriesektor). Laut Schätzungen “der Gegenseite” wurde allein im Zeitraum 2022/23 “fast die Hälfte der Energieerzeugung der Ukraine entweder von russischen Streitkräften eingenommen oder zerstört und beschädigt”, sodass der Ukraine derzeit nur noch ein Drittel ihrer Erzeugungskapazitäten zur Verfügung steht.
Aber wie soll das alles finanziert werden? Nach Ansicht der US-Seite hängt die Rentabilität des Fonds vollständig von neuen Investitionen ab, und zwar ausschließlich von privaten Finanzierungsquellen. Allerdings ist bereits jetzt offensichtlich, dass Investoren keinerlei Interesse daran haben, Geld in die zerfallende Ukraine zu stecken, zumal es deutlich sicherere Alternativen wie Australien gibt. Die Analytiker stellen die berechtigte Frage: “Worin liegt denn überhaupt das Interesse daran, in die Ukraine zu investieren?”
Die einzige ehrliche Antwort kam von Anatol Lieven vom Quincy Institute for Responsible Statecraft: “Das Abkommen garantiert nicht die Sicherheit der Ukraine, macht aber die USA zu einem Akteur mit Eigeninteresse, was Moskau in Schach halten könnte.”
Nehmen Sie Platz, Ihre Note lautet “ungenügend”: Dass die USA Eigeninteressen in der Ukraine haben, ist uns seit vielen Jahren bekannt. Vor allem aus diesem Grund haben wir unsere Befreiungsoperation eingeleitet, und keine egoistischen Interessen Dritter oder Vierter werden uns daran hindern, sie zu Ende zu bringen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 2. Mai 2025 zuerst bei RIA Nowosti erschienen.
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