Von Boris Roschin
Die Entscheidung, mit Truppen für unbemannte Systeme eine gesonderte Waffengattung aufzustellen, die während der jüngsten Arbeitstagung des russischen Verteidigungsministeriums verkündet wurde, reifte seit Längerem heran. Dieses Thema wurde in der Öffentlichkeit gleich seit dem Beginn der speziellen Militäroperation diskutiert, als die neue Rolle von Drohnen unterschiedlicher Typen immer klarer und deren Einfluss auf das Schlachtfeld immer bemerkbarer wurde. Russland trat in die Militäroperation mit einer recht weiten Bandbreite unterschiedlicher Drohnentypen ein – von großen Aufklärungs- und Angriffsmaschinen bis hin zu Kamikaze-Drohnen der Typen Lanzet und Kub. Doch aus der Perspektive des Jahres 2024 ist es völlig klar, dass weder ihre Anzahl noch ihr Sortiment im Hinblick auf die sich ändernde Kriegsführung ausreichend war.
Russlands militärpolitische Führung nahm diese Änderungen recht schnell wahr, und in den Jahren 2022 und 2023 wurden Entscheidungen getroffen, die eine erhebliche Steigerung der Produktion und des Einkaufs von Drohnen unterschiedlicher Typen ermöglichten. Zudem wurden neue Formationen aufgestellt, die auf eine Integration von Drohnenpiloten in existierende militärische Strukturen abzielten.
Stand Ende 2024 setzen Russlands Streitkräfte eine riesige Menge an unbemannten Luftfahrzeugen unterschiedlicher Typen ein. Dazu gehören Aufklärer Orlan-10, Orlan-30 und Supercam S350, Aufklärungs- und Angriffsdrohnen des Typs Inochodez, große Kamikaze-Drohnen der Typen Geran und Gerbera sowie kleinere der Typen Lanzet und Kub, eine riesige Menge an FPV-Drohnen unterschiedlicher Typen, wie Sudoplatow, Upyr, Molnija et cetera. Außerdem werden an der Front sehr viele chinesische Quadrocopter, vor allem aus der Produktion der Firma DJI, eingesetzt, zu deren verbreitetsten Typen Mavic 3T gehört. Auch Drohnen der Firma Autel werden eingesetzt, große Drohnen des Typs Baba Jaga und so weiter und so fort.
Das ist ein riesiger, immer noch bunt zusammengewürfelter und nicht vereinheitlichter Bestand an Technik. Doch selbst in einer solchen Form haben Drohnen eine extrem große Bedeutung bei Angriffen auf gegnerisches Personal und Technik sowohl in der Defensive als auch in der Offensive. Dabei werden Drohnen rapide modernisiert: Es erscheinen Glasfaserkabeldrohnen, Drohnen mit künstlicher Vision, Kamikaze-Drohnen mit großer Reichweite, die mithilfe eines Transponders über dutzende Kilometer in die Tiefe des gegnerischen Territoriums eindringen. Der Fortschritt vollzieht sich in einem rasanten Tempo: Alles, was funktioniert, wird umgehend eingesetzt. Alles, was nicht funktioniert und die Aktualität verliert, stirbt schnell ab.
Eine wichtige Rolle bei der Bedienung dieser Technik spielen Schulen von Drohnenpiloten. Bei diesen Piloten handelt es sich um äußerst wertvolle Spezialisten, deren Rolle auf dem Schlachtfeld immer weiter zunimmt. Schon heute ist eine große Anzahl an staatlichen und freiwilligen Schulen von Drohnenpiloten aktiv, und mit der Zunahme der Drohnenlieferungen an die Front werden immer mehr benötigt. Auch an militärischen Hochschulen sind Fakultäten für unbemannte Systeme zu finden, doch meiner Ansicht nach werden wir unweigerlich dazu kommen, eine spezialisierte militärische Hochschule zu gründen, die zielgerichtet Spezialisten für robotische und unbemannte Kriegsführung vorbereiten wird. Dies gilt sowohl für Luft- als auch für Land- und Seedrohnen.
Aus organisatorischer Hinsicht wurden und werden in der russischen Armee bereits Drohnenregimenter und sogar Drohnenbrigaden aufgestellt, wie dies schon die ukrainische Armee getan hat und die US-Armee gegenwärtig tut. Bei der Aufstellung einer neuen Waffengattung geht es in erster Linie um die Ausarbeitung neuer Formen der Zusammenwirkung einzelner Drohneneinheiten mit sonstigen Verbänden. Dabei könnte etwa eine Brigade von Angriffsdrohnen die Angriffskapazitäten einer anderen Formation zum Zweck einer erfolgreichen Offensive schnell verstärken, oder aber die gegnerischen Angriffskapazitäten im Fall einer Defensive vermindern.
Die Schaffung solcher Einheiten wird zweifellos die Lösung der Frage nach deren Unterstellung erfordern: Sollen sie dem Kommandeur einer Armee, eines Frontabschnitts oder eines Wehrkreises unterstellt werden? Alternativ könnten gesonderte Verbände analog zur Artillerie des Hauptkommandos aus der Zeit des Großen Vaterländischen Krieges aufgestellt werden. Selbstverständlich sind solche Formationen von einer ununterbrochenen Versorgung mit Drohnen und notwendiger Ausrüstung abhängig, was eine weitere Zunahme der Produktion unbemannter Systeme im Land erfordern wird.
Im Hinblick auf die Entwicklung unbemannter Systeme haben wir innerhalb von weniger als drei Jahren bereits einen langen Weg zurückgelegt. Es steht aber noch viel Arbeit bevor, um diese Erfahrung in neue organisatorische Strukturen zu integrieren. Die Entscheidung des Verteidigungsministers Beloussow ist ein Schritt in die richtige Richtung, um die Grundlage für Russlands Drohnentruppen zu bilden.
Übersetzt aus dem Russischen. Verfasst am 22. Dezember speziell für RT.
Boris Roschin ist Experte am Zentrum für militärpolitische Journalistik. Man kann ihm auf seinem Telegram-Kanal folgen.
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