von Hans-Ueli Läppli
Wollte Michail Gorbatschow einst die marode Sowjetunion retten, kämpft Donald Trump heute um die Wiederbelebung der schwindenden Wirtschaftsmacht der Vereinigten Staaten. Trumps wirtschaftspolitisches Projekt, sinnbildlich verkörpert im sogenannten “Mar-a-Lago-Abkommen”, erinnert an Gorbatschows Perestroika – einen ambitionierten Reformversuch, ein taumelndes Imperium zu retten, der letztlich jedoch dessen Niedergang beschleunigte.
Beide aus innenpolitischer Not geborene Ansätze scheitern an inneren Widersprüchen und internationalem Widerstand – und gefährden die geopolitische Vormachtstellung der USA.
Was war die Perestroika?
Der Begriff “Perestroika” – was sich mit “Umstrukturierung” übersetzen lässt – bezeichnete Gorbatschows Versuch in den 1980er-Jahren, die sowjetische Wirtschaft durch marktwirtschaftliche Elemente zu reformieren. Die Sowjetunion war von hohen Rüstungsausgaben, ineffizienten Staatsbetrieben und einer zentralistischen Planwirtschaft geprägt.
Marktöffnungen sollten die Produktivität ankurbeln, gerieten jedoch in Konflikt mit den starren Strukturen des Systems. Die Folgen waren Versorgungsengpässe, wirtschaftliches Chaos und ein Verlust an staatlicher Kontrolle – was letztlich zum Zerfall der Sowjetunion im Jahr 1991 führte.
Was ist Trumps Handelskrieg?
Trumps Handelskrieg, inhaltlich verdichtet im “Mar-a-Lago-Abkommen”, zielt darauf ab, die US-Industrie zu stärken und Chinas wirtschaftlichen Einfluss zurückzudrängen. Kernpunkte sind Strafzölle auf chinesische Produkte, eine gezielte Schwächung des US-Dollars zur Förderung der Exporte sowie die Einführung von hundertjährigen Staatsanleihen, um die Staatsverschuldung in Höhe von mittlerweile über 36 Billionen Dollar in die Zukunft zu verschieben.
Doch wie bei der Perestroika offenbaren sich rasch innere Widersprüche: Ein schwacher Dollar soll zwar die Exporte fördern, doch könnten Zölle gleichzeitig zu einer Dollarstärkung führen – was gegenteilige Effekte hätte. Zudem belasten höhere Importpreise die Konsumenten in den USA, während China seine Produktion gezielt in Drittstaaten wie Vietnam verlagert.
So, wie Gorbatschows Reformkurs die Kontrolle über Osteuropa schwächte, untergräbt Trumps Wirtschaftsnationalismus das Vertrauen in die Führungsrolle der USA. Seine Drohung, ein “Sozialkredit”-System einzuführen, das unkooperative Partner mit Exportsteuern von zehn Prozent belegt, stößt auf scharfe Kritik – insbesondere in Europa. Dies beschleunigt die Bemühungen der BRICS-Staaten, Alternativen zum US-Dollar zu etablieren, obwohl dieser nach wie vor rund 88 Prozent des globalen Handels dominiert.
Der Niedergang von innen
Gorbatschows Perestroika endete mit dem Zerfall der Sowjetunion. Trumps wirtschaftspolitischer Konfrontationskurs könnte das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit der USA untergraben und eine Dollar-Krise auslösen.
Beide Versuche – die Perestroika wie Trumps Handelskrieg – sind Ausdruck eines verzweifelten Bemühens, den Verfall einer Großmacht zu stoppen. Doch durch strukturelle Widersprüche und zunehmende Isolation könnten sie das Gegenteil bewirken: Der Niedergang erfolgt nicht durch äußere Feinde, sondern durch die eigenen Fehler.
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