Ein direkter Flug, gültiger Pass, bewilligtes ESTA-Formular – und doch: Die Einreise in die Vereinigten Staaten endete für eine Schweizerin abrupt. An einem US-Flughafen verweigerten Grenzbeamte der Frau, deren Identität aus Datenschutzgründen nicht veröffentlicht wurde, die Einreise. Die Gründe blieben im Dunkeln, der Entscheid unumstößlich. Sie wurde umgehend in die Schweiz zurückgeführt. Was nach einem Einzelfall klingt, hat inzwischen politische Dimensionen erreicht.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bestätigte den Fall auf Anfrage der Presse. In Bern hat man inzwischen offiziell bei der US-Botschaft protestiert. Man habe gegenüber den amerikanischen Behörden “seine Besorgnis über den Umgang mit Einreisenden in die USA ausgedrückt”, teilte das EDA mit.
Es ist nicht der erste Fall dieser Art, und es dürfte nicht der letzte sein. Seit Donald Trump im Januar 2025 erneut als Präsident vereidigt wurde, mehren sich Berichte über verschärfte Einreisekontrollen, undurchsichtige Zurückweisungen und teils demütigende Durchsuchungen – selbst gegenüber Bürgern “befreundeter” Staaten.
Besonders brisant ist, dass sich unter den neuen US-Grenzpraktiken offenbar eine Art Gesinnungsprüfung etabliert hat. Menschenrechtsorganisationen berichten von Fällen, in denen Einreisende gezwungen wurden, ihre Smartphones zu entsperren. Dabei seien Chatverläufe, soziale Medien und politische Meinungsäußerungen durchsucht worden. Wer als “problematisch” eingestuft wurde, etwa durch regierungskritische Aussagen oder LGBTIQ-Zugehörigkeit, bekam die Einreise verweigert – selbst mit gültigem Visum.
Auch die Schweiz ist nun davon betroffen. Zwar betont das EDA, dass es sich um einen Einzelfall handle und keine generellen Rückschlüsse gezogen werden sollten. Doch intern wächst die Unruhe. Schweizer Diplomaten registrieren laut hiesigen Medien zunehmend restriktive Entscheidungen der US-Behörden gegenüber Staatsangehörigen der Schweiz.
Während Länder wie Deutschland, Frankreich und die Niederlande ihre Reisehinweise für die USA bereits angepasst haben, hält sich die Schweiz bislang zurück. Auf der offiziellen Website des Bundes heißt es lediglich, man solle sich über die “aktuellen Einreisebestimmungen informieren”. Eine explizite Warnung gibt es nicht – noch nicht.
Das Zögern in Bern könnte auch geopolitische Gründe haben: Die Schweiz pflegt traditionell enge Wirtschaftsbeziehungen zu den USA, insbesondere im Finanz- und Technologiesektor. Eine offene Konfrontation würde das bilaterale Verhältnis belasten.
Gleichzeitig zeigen neue Zahlen der Reisedienstleister, dass das Interesse an USA-Reisen unter Schweizern stark zurückgegangen ist. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Buchungsrate für Nordamerika-Flüge um rund 18 Prozent gesunken. Die Rückkehr der harten Trump-Politik, kombiniert mit steigender Unsicherheit an den Grenzen, wirkt abschreckend.
“Früher war Amerika das Land der Freiheit – heute ist es für viele nur noch das Land der Willkür”, sagt ein Zürcher Reiseveranstalter, der anonym bleiben möchte.
Seine Agentur habe mehrere Kunden verloren, weil diese nach negativen Medienberichten schlicht die Lust verloren hätten.
Der Fall der abgewiesenen Schweizerin mag in Zahlen klein sein, politisch aber ist er ein Warnsignal. In einem Klima, das von Abschottung, Nationalismus und ideologischer Abgrenzung geprägt ist, geraten selbst Bürger traditionell neutraler Länder wie der Schweiz ins Visier. Und was heute Einzelfall ist, könnte morgen Normalität werden.
Der diplomatische Protest aus Bern ist ein erster Schritt. Die entscheidende Frage aber bleibt: Wird Washington seine Praxis überdenken – oder sehen wir nur den Beginn einer neuen Ära restriktiver Mobilität?
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