
Von Dmitri Rodionow
Syrien garantiert den Erhalt russischer Militärstützpunkte, behauptet die Nachrichtenagentur Reuters. Sie präzisiert, dass das Versprechen des syrischen Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa, alle bisherigen Vereinbarungen zwischen Syrien und Russland einzuhalten, das er während eines Treffens mit Wladimir Putin in Moskau abgegeben hat, bedeute, dass Moskau den Luftwaffenstützpunkt Hmeimim und den Marinestützpunkt in Tartus behalten werde.
Zuvor hatte dieselbe Agentur berichtet, dass al-Scharaa bei den Verhandlungen in Moskau offiziell die Auslieferung des ehemaligen syrischen Staatschefs Baschar al-Assad fordern und auch die Frage der weiteren Präsenz russischer Militärstützpunkte erörtern wolle. Damit deutete die Agentur an, dass diese beiden Fragen miteinander verknüpft sein würden.
Ob al-Scharaa die Auslieferung Assads gefordert hat oder nicht, wissen wir nicht, da die Treffen hinter verschlossenen Türen stattfanden und es anschließend keine Pressekonferenz gab, auf der bestätigt worden wäre, dass irgendwelche Vereinbarungen getroffen worden wären.
Es macht keinen Sinn, darüber zu spekulieren – Assad wird niemand an Damaskus ausliefern. Man kann über den ehemaligen syrischen Präsidenten unterschiedlich denken, ebenso wie über den ehemaligen Präsidenten der Ukraine, Wiktor Janukowitsch, der ebenfalls in Russland Schutz gefunden hat. Für Moskau haben sie an sich keinen Wert, aber wie bekannt ist, liefert Russland niemanden aus, das ist eine rote Linie, eine Frage des Prinzips. Kein Staat, der etwas auf sich hält, würde jemals ehemalige Verbündete ausliefern, die sich auf seinem Territorium aufhalten, selbst wenn er gute Beziehungen zu den neuen Machthabern ihrer Länder aufgebaut hat. Selbst unter Androhung von Erpressung mit Militärstützpunkten.
Dennoch ist die Frage der Erhaltung der Stützpunkte für Russland äußerst wichtig, denn es geht nicht nur um die Präsenz in Syrien selbst, sondern auch um das Tor zum Nahen Osten und, was noch wichtiger ist, zu Afrika, wo Russland ernsthafte wirtschaftliche und geopolitische Interessen hat und wo wir einen Zwischenstopp zum Auftanken, Reparieren, Auffüllen der Vorräte und so weiter benötigen.
Daher kann man davon ausgehen, dass Moskau bereit ist, für den Erhalt der Stützpunkte vieles zu tun. Außer natürlich, Assad auszuliefern.
Was könnte Damaskus noch von Moskau wollen?
Geld. In erster Linie natürlich Geld, Investitionen.
Syrien muss seine Infrastruktur wieder aufbauen – Energie, Eisenbahn, Verkehr. Russland kann dabei helfen, sagte der an den Verhandlungen teilnehmende Vizepremier Alexander Nowak gegenüber Journalisten. Er merkte auch an, dass bei den Verhandlungen Fragen der humanitären Lieferungen nach Syrien diskutiert wurden. Insbesondere erwähnte er, dass die syrische Seite an Lieferungen von Weizen, Lebensmitteln und Medikamenten interessiert sei. Seinen Worten zufolge wurden konkrete Projekte unter Beteiligung Russlands besprochen.
Die neue syrische Regierung ist durchaus zu einem konstruktiven Dialog bereit – obwohl Russland fast zehn Jahre lang von ihr, der damaligen syrischen Opposition, als Hauptfeind angesehen wurde, der dazu beitrug, das verhasste Regime zu erhalten. Deshalb erklärte die neue Regierung fast unmittelbar nach Assads Flucht aus dem Land ihre Bereitschaft zum Dialog mit Moskau.
Und dabei geht es nicht nur um Stützpunkte. Russland ist daran interessiert, die Energie- und Infrastrukturprojekte fortzusetzen, an denen es unter Assad beteiligt war – viele dieser Projekte wurden bereits zu Sowjetzeiten begonnen.
Darüber hinaus glauben einige Experten, dass Moskau sich am Bau der katarischen Gaspipeline Persischer Golf – Mittelmeer beteiligen möchte.
Zur Erinnerung: Das Projekt entstand bereits Ende der 1990er-Jahre und sah vor, Gas aus Katar über Saudi-Arabien, Jordanien, Syrien und die Türkei nach Europa zu transportieren, wo es für die europäischen Verbraucher deutlich günstiger gewesen wäre als das Flüssiggas, das Europa derzeit aus Katar bezieht. Im Grunde genommen wäre dies eine “Revolution” im Energiesektor gewesen, was natürlich den Interessen Moskaus noch mehr zuwiderlief als das Projekt zur Verbindung der transadriatischen, transanatolischen und transkaspischen Pipelines unter Umgehung Russlands. Darüber hinaus blieb ein weiterer Verbündeter von Damaskus – Iran – auf der Verliererseite. Natürlich war Assad gegen diese Idee, was ihm nach Meinung vieler Experten den Zorn sowohl des Westens als auch der Türken und der Araber einbrachte – was wiederum der Hauptgrund für die Versuche war, ihn zu stürzen, die einen langwierigen Bürgerkrieg in Syrien auslösten.
Diese verschwörungsähnliche Theorie wurde bereits im Jahr 2016 vom Neffen des ehemaligen US-Präsidenten, dem Anwalt und Publizisten Robert Kennedy Jr., in einem Artikel für Politico bestätigt. Seiner Überzeugung nach begann der Krieg gegen Assad nicht mit den friedlichen zivilen Protesten des “Arabischen Frühlings” im Jahr 2011, sondern bereits im Jahr 2000, als Katar den Bau einer Gaspipeline vorschlug. Um dies zu erreichen, ging die CIA seiner Meinung nach dazu über, Assad mit Hilfe radikaler Dschihadisten zu stürzen, obwohl sie wusste, was dies zur Folge haben könnte.
Wenn man davon ausgeht, dass dies der Fall ist, dann sind sowohl die Katarer als auch die Türken, nachdem sie Assad losgeworden sind, sehr daran interessiert, dieses Projekt doch noch zu realisieren. Und dieses Projekt schadet, wie schon damals, den Interessen Russlands. Angesichts des Ausfalls der Nord-Stream-Pipelines und der Einstellung des Kaufs unseres Pipelinegases durch Europa gilt dies umso mehr. Daher wäre es für Russland klug, sich um eine Beteiligung an diesem Projekt zu bemühen.
Allerdings gibt es heute eine Vielzahl von Hindernissen für die Beteiligung Russlands an Energie-, Infrastruktur- und anderen Projekten in Syrien. Insgesamt erinnert die Situation schmerzlich an die Ereignisse in Libyen im Jahr 2011, als Moskau aufgrund der Revolution allein bei Verteidigungsaufträgen vier Milliarden US-Dollar verlor.
Und doch ist Russland nach Libyen zurückgekehrt, wenn man das so nennen kann – denn Libyen als einheitlicher Staat hat de facto aufgehört zu existieren.
Ankara hat übrigens zusammen mit seinen libyschen Verbündeten im Jahr 2019 das östliche Mittelmeer aufgeteilt und damit das Recht erhalten (oder besser gesagt: sich angeeignet), ohne Genehmigung Griechenlands und Zyperns Gas aus dem Schelf zu fördern.
Mit dem Bau der Pipeline aus Katar wird die Türkei endgültig zum bedeutendsten Gasknotenpunkt Eurasiens und schließt alle wichtigen Pipelines an sich an. Unter diesen Umständen braucht sie die Pipeline aus Russland nicht mehr, zu deren Verzicht die US-Amerikaner die Türken seit Langem drängen. Im Gegenzug versprechen sie ihnen die Rückkehr zu Programmen der militärischen Zusammenarbeit und eine stärkere Loyalität gegenüber Präsident Recep Tayyip Erdoğan.
Unter diesen Umständen erscheint Russlands Zugang zur syrischen Pipeline ebenso fragwürdig wie die Vorteile einer Investition in Syrien an sich. Was die Stützpunkte angeht, so wird Erdoğan, der einen entscheidenden Einfluss auf die neue syrische Regierung hat, zweifellos versuchen, dieses Thema zu nutzen, um sie zum Gegenstand von Verhandlungen mit Moskau zu machen.
Natürlich wäre es naiv, al-Scharaa und sein Team als willenlose Stellvertreter der Türkei zu betrachten, denn sie werden sicherlich versuchen, den übermäßigen Einfluss Ankaras zu verringern, unter anderem durch den Ausbau der Beziehungen zu Moskau und Teheran. Allerdings sind ihre Fähigkeiten, dies zu tun, ebenso wie ihre Fähigkeit, einfach nur an der Macht zu bleiben, derzeit noch zweifelhaft.
Inwieweit es sich derzeit lohnt, in Syrien zu investieren, ist eine rhetorische Frage. Denn jemand wird sagen, dass es später zu spät sein wird und andere unseren Platz einnehmen werden. Und damit wird er auch recht haben.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst am 21. Oktober 2025 auf der Webseite der Zeitung “Wsgljad” erschienen.
Dmitri Rodionow ist ein russischer Politikwissenschaftler.
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