Das formale Prozedere zur historischen, dabei höchsten jemals politisch erzwungenen Staatsverschuldung der Bundesrepublik Deutschland hat am gestrigen Samstag sein drittes Häkchen erhalten, dies in Form der geleisteten Unterschrift von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Zuvor hatten 512 zum Teil abgewählte Abgeordnete im Bundestag ihre Ja-Stimme abgegeben. Im zweiten Schritt erfolgte die Absegnung im Bundesrat. Das laut ZDF-Wahrnehmung “riesige Finanzpaket” benötigt nun final noch die Veröffentlichung im Bundesanzeiger, um Folgegenerationen von Steuerzahlern auf Jahrzehnte zu belasten.
Die ARD–Tagesschau berichtet gleichlautend zur Unterschrift vom Bundespräsidenten, dass das “riesige Finanzpaket, mit dem der Staat über neue Schulden Milliardenbeträge in Verteidigung und Infrastruktur investieren will”, nun durch die Amtshandlung “die letzte Hürde genommen” hätte.
Zuvor bestätigte die sogenannte Länderkammer, der Bundesrat, über die benötigte “Zweidrittelmehrheit für die Änderung der Artikel 109, 115 und 143 des Grundgesetzes”, das Schicksal von Millionen von Steuerzahlern. Dazu erinnert der Tagesschau-Artikel:
“Mit 53 von 69 Länderstimmen fiel die Zustimmung deutlich größer aus, als es notwendig gewesen wäre.”
Des Weiteren heißt es im Artikel zur aktuellen Demokratie-Simulation, den politischen Absprachen im Regierungsviertel:
“Steinmeier überprüfte das Gesetz darauf, ob es verfassungsgemäß zustande gekommen war. Da sich mit dieser Frage zuvor bereits in mehreren Verfahren das Bundesverfassungsgericht beschäftigt hatte, galt es als ziemlich sicher, dass er es unterschreiben würde.”
Die Eckpunkte des Schuldenpakets lauten “mehr Geld für Verteidigung, Sondervermögen für Infrastruktur und eine gelockerte Schuldenbremse für Bundesländer”. Die dem Springer-Verlag zugehörige Welt-Zeitung kündigt am Tag der Unterschrift ihren Lesern die von vielen Menschen im Land befürchtete Folgedynamik an:
“Das Milliarden-Paket für Verteidigung und Infrastruktur könnte die Preise für Verbraucher steigen lassen. Davor warnt das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW).”
Dazu heißt es in einer aktuellen IW-Analyse:
“Eine schuldenfinanzierte Ausweitung der Staatsausgaben hat folglich das Potenzial, eine Inflationsdynamik hervorzurufen, wenn die Angebotsseite die zusätzliche Nachfrage nicht bedienen kann.”
Die Berechnungen des IW würden laut Welt-Artikel belegen, dass “die Schuldenstandsquote Deutschlands durch die Neuverschuldung von derzeit 63 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis 2037 auf rund 85 Prozent steigen” dürfte.
Das Jugendformat Funk rechnet vor, wieviel Döner man sich vom “Sondervermögen” (= Schulden) kaufen kann. #OerrBlogpic.twitter.com/dTbtvS9KsN
— ÖRR Blog. (@OERRBlog) March 22, 2025
Zur Bedeutung der kommenden massiven Verschuldung erklärt die Tagesschau-Redaktion:
“Mit dem Gesetz wird die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse, die der Neuverschuldung des Bundes enge Grenzen setzt, für Ausgaben in Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit gelockert. Für alle diese Ausgaben, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten, dürfen künftig Kredite aufgenommen werden. Das wäre in diesem Jahr alles oberhalb von 44 Milliarden Euro.”
Zum Thema der zugesagten Gelder zur “Sanierung der Infrastruktur” forderte der Hauptgeschäftsführer des Städtetages, Helmut Dedy, gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), dass das “Geld aus dem Paket schnell und ohne große Hürden an Länder und Kommunen verteilt werden” sollte. Dedy erläutert hinsichtlich des Wunschdenkens seitens der Kommunalpolitik:
“Je einfacher das Verfahren ist, desto schneller haben wir das Geld auf der Straße, und die Menschen merken, dass etwas passiert.”
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) empfahl im ZDF-heute-journal, die Mittel aus dem “Sondervermögen” über einen sogenannten “Königsteiner Schlüssel” an die Länder zu verteilen. Dies bedeutet:
“Bei dem Verteilschlüssel wird das Steueraufkommen der Länder zweifach, die jeweilige Einwohnerzahl einfach gewertet. Das Verfahren wird häufig bei Bund-Länder-Finanzierungen genutzt.”
Der Noch-SPD-Finanzminister Jörg Kukies ließ über das Social-Media-Team seines Ministeriums eine weitere Geldbeschaffungsidee, ein vermeintlich neues “Ziel”, aus dem Regierungsviertel mitteilen. So heißt es in einem X-Posting:
“Das Ziel ist nicht, bei 500 Milliarden Euro öffentlichem Geld stehen zu bleiben, sondern durch Crowding-in von privatem Kapital auf 2.000 oder 3.000 Milliarden Euro zu kommen.”
Können Sie das mal bitte in Klartext übersetzen? Käme darin das Wort Konfiskation vor?
— Alexander Schaumburg 🇮🇱 🇺🇦 Zan Zendegi Izadi (@AlexSchaumburg) March 19, 2025
Auf Nachfrage eines X-Users, ob damit verklausuliert nicht zu befürchtende “Konfiskation” gemeint wäre, “die entschädigungslose Entziehung von Eigentum zugunsten des Staates”, lässt das Ministerium mitteilen:
“Ökonomen beschreiben mit Crowding-in-Effekten die Verstärkung privater Investitionen durch staatliche Aktivitäten. Durch beispielsweise Investitionen des Staats werden also zusätzliche private Investitionen angeregt.”
Ein Zeit-Artikel erläutert für seine Leser, dass die Länder “künftig zusammen Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen dürfen”, dies wären im Jahr 2025 “ungefähr 15 Milliarden Euro”. Bisher galt für die Länder “eine Schuldengrenze von null”.
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