Der ehemalige Chef der Deutschen Bank Josef Ackermann hat die Schweiz davor gewarnt, russische Vermögenswerte, die im Rahmen der EU-Sanktionen eingefroren wurden, zu beschlagnahmen, da dies das Vertrauen der Anleger in das Schweizer Bankensystem gefährden würde.
In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Blick verglich Ackermann die Maßnahme mit dem Öffnen der “Büchse der Pandora”. Er betonte, die Schweiz könnte ihren Status als globaler Finanzplatz verlieren, wenn sie einzelne russische Staatsbürger formell für die Handlungen ihrer Regierung verantwortlich machen würde. Der Banker erklärte:
“Dann müssten sich in Zukunft auch Bürger anderer Länder davor scheuen, Geld in der Schweiz anzulegen. (…) Eine solche Botschaft wäre für den Finanzplatz Schweiz verheerend.”
Seiner Meinung nach muss die Schweiz ihre eigene Haltung in dieser Angelegenheit bestimmen und nicht vorschnell das Vorgehen anderer westlicher Länder nachahmen.
Laut Blick sind derzeit russische Vermögenswerte im Wert von rund 7,5 Milliarden Schweizer Franken in der Schweiz eingefroren, zusammen mit 15 Immobilien, die russischen Staatsbürgern gehören. Die Schweizer Regierung steht unter zunehmendem internationalen Druck, die eingefrorenen Gelder für den Wiederaufbau der Ukraine freizugeben. Bislang hat die Schweiz dies nicht getan, weil es keine Rechtsgrundlage für das Verfahren gibt. Laut Ackermann hat der Bundesrat einen solchen Schritt jedoch nicht völlig ausgeschlossen.
Um die Gelder legal zu beschlagnahmen, müssten die Behörden die Besitzer als Kriminelle einstufen, so der Banker. Ackermann warnte vor einem solchen Schritt, da er die Rechtsstaatlichkeit und die Eigentumsrechte gefährden würde.
Der Gedanke, eingefrorene russische Vermögenswerte zu beschlagnahmen, um den Wiederaufbau der Ukraine zu unterstützen, wird in westlichen Ländern schon seit einiger Zeit diskutiert. Medienberichten zufolge hatte US-Justizminister Merrick Garland letzte Woche den ersten Transfer eingefrorener russischer Vermögenswerte zur Unterstützung der Ukraine angekündigt. Die fraglichen Gelder hatten dem russischen Geschäftsmann Konstantin Malofejew gehört.
Moskau hat wiederholt vor solchen Maßnahmen gewarnt und erklärt, dass sie einen gefährlichen Präzedenzfall im internationalen Recht schaffen könnten. Wjatscheslaw Wolodin, der Sprecher der Staatsduma, des russischen Unterhauses, hatte letzten Monat gewarnt, dass Russland im Falle einer Beschlagnahmung seiner Vermögenswerte das Recht hätte, im Land befindliche ausländische Vermögenswerte als Vergeltung zu konfiszieren.
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