Von Sergei Mirkin
Auf die Frage des Donezker Journalisten Andrei Rudenko während der alljährlichen Fragerunde des russischen Präsidenten, ob genügend Kräfte und Mittel für den Wiederaufbau der zurückgekehrten Gebiete zur Verfügung stünden, antwortete Wladimir Putin: “Genügend, daran sollte es nicht einmal Zweifel geben. Wir haben ein umfangreiches Programm für den Wiederaufbau und die Entwicklung dieser Gebiete, das bis 2030 laufen wird.”
Der Präsident erklärte, dass das Straßennetz, Wohnungen, Wohn- und Gemeinschaftseinrichtungen, soziale und kulturelle Einrichtungen wiederhergestellt werden – 21.000 Objekte wurden bereits restauriert und weitere 20.000 Objekte werden in den nächsten fünf bis sechs Jahren repariert oder neu gebaut. Außerdem ist der Bau einer Ringstraße um das Asowsche Meer geplant.
Was ist das Wichtigste an den Worten des russischen Präsidenten für die Einwohner der neuen Regionen? Sie geben uns Hoffnung, dass das normale Leben wiederaufgenommen werden kann. Es gibt zum Beispiel immer noch ein Problem mit der Wasserversorgung in Donezk, das wahrscheinlich erst dann vollständig gelöst sein wird, wenn der gesamte Sewerski-Donez-Donbass-Kanal vollständig unter russischer Kontrolle ist.
Bereits jetzt wird viel getan – Häuser und Schulen werden wieder aufgebaut, und in Donezk wurde ein Geburtshilfezentrum von Weltrang eröffnet. Das bedeutet, dass die Menschen trotz des schwierigen Lebens in den Frontregionen sehen, dass es Perspektiven für ein besseres Leben gibt. Dies zeigt sich auch in der Zunahme der Wirtschaftstätigkeit. So berichtete der Präsident, dass die Steuereinnahmen in der Lugansker Volksrepublik um 97 Prozent gestiegen sind, in der Donezker Volksrepublik um 69 Prozent, in den Gebieten Saporoschje und Cherson beträgt das Wachstum 100 Prozent. Die Zahlen zeigen, dass die Menschen wieder mehr arbeiten und eigene Unternehmen eröffnen. So etwas geschieht immer dann, wenn die Menschen Hoffnung auf eine bessere Zukunft haben.
Außerdem können die ukrainischen Streitkräfte dank der Befreiung von Awdejewka und den umliegenden Dörfern Donezk nicht mehr mit Mehrfachraketenwerfern des Typs Grad und Artillerie beschießen. Das Leben in der Stadt ist seitdem viel ruhiger geworden. Und die meisten der westlichen Raketen, mit denen der Feind anzugreifen versucht, werden von der Luftabwehr abgeschossen. Auch das ist ein Faktor, der den Glauben an eine bessere Zukunft stärkt.
Der Erfolg Russlands beim Wiederaufbau der Infrastruktur und die ganz allgemeine Verbesserung des Lebens in den Gebieten, die Kiew für sich beansprucht, macht Wladimir Selenskij und seinen Gefolgsleuten Angst. Die neuen Regionen entwickeln sich zu einem Schaufenster dafür, wie das Leben in den Gebieten, die früher zur Ukraine gehörten, innerhalb Russlands aussehen kann. Straßen, Schulen und Krankenhäuser werden gebaut, zerstörte Häuser wiederaufgebaut, die Industrie wird wiederbelebt, die Wirtschaft entwickelt sich. Dies steht in krassem Gegensatz zu dem, was in der Ukraine geschieht, wo die Wirtschaft faktisch zerstört ist und der Staat nur noch dank westlicher Hilfe existiert.
Viele Menschen in der Ukraine haben das verstanden, und deshalb kehren viele Einwohner der neuen Regionen, die in die Ukraine gezogen waren, jetzt in ihre Heimat zurück. Das melden jedenfalls ukrainische Beamte. Der ukrainische “Bürgermeister” von Mariupol, Wadim Boitschenko, sagte auf einer Sitzung des ukrainischen Städteverbandes Mitte November, dass etwa 30 Prozent der Einwohner von Mariupol, die die Stadt zu Beginn der Kampfhandlungen verlassen haben, in die Stadt zurückgekehrt sind. Der ukrainische Abgeordnete Maxim Tkatschenko berichtete, dass etwa 150.000 Flüchtlinge in die von Russland befreiten Gebiete zurückgekehrt seien – etwa 70.000 Menschen seien nach Mariupol zurückgekehrt.
Selenskijs Team gefielen die Enthüllungen des Abgeordneten nicht; daher wurde ihm gegenüber “Überzeugungsarbeit” geleistet, woraufhin er klarstellte, dass es sich bei seinen Aussagen um unbegründete und emotionale Annahmen handele. Der Druck auf den Abgeordneten, der die Wahrheit sagte, zeigt am besten, wie akut die Rückkehr der Menschen in die befreiten und nun russischen Gebiete für die ukrainischen Behörden ist. Die stellvertretende Leiterin von Selenskijs Büro, Irina Wereschtschuk, leugnet die Rückkehr von Menschen in die neuen Gebiete Russlands. Sie schrieb in den sozialen Medien, dass dies nicht geschehe und nicht geschehen könne.
Tkatschenko zufolge kehren die Menschen in ihre Heimat zurück, weil die Ukraine sie nicht ausreichend unterstützt und sie keine Arbeit finden können. Und Boitschenko sieht den Grund darin, dass die Menschen, die nach Mariupol zurückkehren, in der Ukraine kein eigenes Wohneigentum haben.
Es ist klar, dass das Leben der Flüchtlinge in der Ukraine hart war. Und in der Tat bedarf es keiner Propaganda, um einen Einwohner von Mariupol zur Rückkehr zu bewegen. Die Menschen tauschen sich mit ihren Nachbarn und Verwandten aus und erfahren, dass die Stadt ruhig ist, dass sie in rasantem Tempo wiederaufgebaut wird, dass es möglich ist, einen Job zu finden, dass Männer auf der Straße sein können, ohne Angst vor Rekrutierungsbeamten zu haben. Und die Menschen beschließen, zurückzukehren – sie gehen dorthin, wo es sicherer und zuverlässiger ist. Die Menschen haben erkannt, dass das Leben in Russland besser ist.
Das ist ein Trend, der Selenskij und seinem Team, die den Menschen ein glückliches Leben in der EU nach dem Sieg über Russland versprechen – woran ohnehin nur noch wenige Menschen in der Ukraine glauben –, Sorgen bereiten sollte. Zumal viele Menschen bereits in der EU leben und berichten, dass dort auch nicht alles rosig ist. Das Schlimmste für Selenskij und seine Mitstreiter ist, dass nicht nur die Flüchtlinge aus dem Donbass und aus Taurien, sondern auch die Einwohner anderer Regionen der Ukraine allmählich erkennen, dass das Leben in Russland besser und ruhiger ist. Und sie stellen die berechtigte Frage: Wofür führen wir eigentlich Krieg?
Die Ukraine hat auch ein Programm zum Wiederaufbau von Wohnungen in den von Kiew kontrollierten Gebieten verabschiedet. Im Haushaltsentwurf für 2025 sind vier Milliarden Griwna (96,7 Millionen US-Dollar) für dessen Umsetzung vorgesehen – natürlich ist das kein eigenes, sondern geliehenes Geld, da die Ukraine praktisch kein eigenes Geld mehr hat. Selbst eine Abgeordnete der regierenden Partei Diener des Volkes, Elena Schuljak, war über diesen Betrag empört. Nach ihren Berechnungen würde es 1.575 Jahre dauern, bis die Entschädigung für die verlorenen Wohnungen abbezahlt wäre, wenn das Geld in dieser Höhe zugewiesen würde. Insgesamt wurden im Rahmen dieses Programms seit Mai 2023 nur 16 Milliarden Griwna zugewiesen.
Ein Beispiel für den Verfall der ukrainischen Infrastruktur ist die Kiewer Metro, die natürlich noch zu Sowjetzeiten gebaut und seitdem kaum modernisiert wurde. Vor einem Jahr gab es dort einen Einsturz, durch den eine ganze Linie für lange Zeit geschlossen wurde. Und die Kiewer U-Bahn-Brücke über den Dnjepr sowie die Paton-Brücke wurden im Februar dieses Jahres offiziell als funktionsuntüchtig eingestuft. Gleichzeitig schieben sich die Behörden der Stadt Kiew und die Zentralregierung gegenseitig die Schuld für die derzeitige Situation zu.
Für Selenskij und seine Mitstreiter sind Putins Worte über die Aussichten für die befreiten Gebiete also wahrscheinlich beängstigender als die Angriffe mit Oreschnik-Raketen auf Ziele in Kiew.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 30. Dezember 2024 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.
Sergei Mirkin ist ein russischer Journalist aus Donezk.
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