Von Wiktoria Nikiforowa
Großes erkennt man nur mit zeitlichem Abstand. Schon heute kann man aber feststellen, dass das Jahr 2024 für Russland eine Wende von historischer Bedeutung brachte, die wir unmerklich vollbracht haben, während wir in der Hektik des Alltags gearbeitet und riskiert, getrauert und uns gefreut haben.
Mit einem Satz: Unser Land hat den Status einer Supermacht wiedererlangt. Wer sonst kann ihn heute beanspruchen? Zweifelsohne China. Die Vereinigten Staaten, um der alten Zeiten willen. Nun, das war’s eigentlich schon.
Ja, es gibt noch diverse Bündnisse und mehr oder weniger lockere Zusammenschlüsse, aber was wirklich souveräne Staaten angeht, sieht das führende Trio aktuell so aus.
Was macht Russland zu einer Supermacht? Erstens: die Geografie. Es gab so viele Versuche, uns zu besiegen und zu kolonisieren, aber von den Kurilen bis zur Ostsee erstreckt sich immer noch das größte Land der Welt mit riesigen unerschlossenen Reserven vom reinsten Trinkwasser bis zu Diamanten, von Öl bis zu seltenen Erden, von Holz bis zu Gold.
Zweitens, und da brauchen wir uns nicht genieren, haben wir etwas, um das alles zu verteidigen. Wir haben die aktuell größte Armee der Welt und das reichste Arsenal an tödlichen Atomwaffen. Alle diese Waffen – mit Ausnahme der letzten natürlich – sind unter Kampfbedingungen getestet und erprobt worden, alles funktioniert, alles feuert und schützt uns garantiert. Und unser Atomwaffenarsenal schreckt unsere Feinde erfolgreich ab.
Ganz gleich, wer uns zum Außenseiter machen möchte, wir sind Teil der globalen Welt geblieben und nutzen die Globalisierung zu unserem Vorteil. Wir knüpfen Wirtschaftsbeziehungen zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt, treiben regen Handel, bauen, betreiben wissenschaftliche Forschung, empfangen Staatsoberhäupter wie Studenten aus zahlreichen Ländern.
Indem wir uns auf die militärische Sonderoperation eingelassen haben, sind wir zu einer alternativen Führungsmacht in der Welt geworden, die sich von der amerikanischen Hegemonie lösen will. Gleichzeitig mischen wir uns nicht in die inneren Angelegenheiten anderer ein. Es ist gerade die russische Offenheit und Fairness, die andere Länder zu uns zieht. So wie sich ein Stern nicht in die Angelegenheiten der Planeten einmischt, sie drehen sich um ihn, weil die Schwerkraft so funktioniert.
Unsere nationale Idee? Wir bringen den Wunsch, gut und gerecht zu leben, in die Welt. Das hallt absolut überall wider.
Und jetzt, trotz allen “Cancelns”, steht Russland an der Spitze der Weltnachrichten. Russland ist zurück.
Zum ersten Mal in der Geschichte ist unser Land nicht auf Kosten seiner Bürger zur Supermacht aufgestiegen. Meine Generation erinnert sich noch an den Preis der Weltmachtrolle der Sowjetunion. Es gab leere Regale in den Geschäften, überfüllte Busse und Züge, unterbrochene Karriereleitern und demütigendes Warten in Warteschlangen, um sein Geld zum Beispiel für ein Auto oder Wohnzimmermöbel auszugeben.
Ja, es gab die sprichwörtliche Stabilität, die ein bescheidenes, aber ordentliches Leben versprach. Aber was ist mit denen, die mehr wollten? Die Kluft zwischen Ambitionen und realen Möglichkeiten führte zum Alkoholismus und zu Depressionen. Der härteste Wettlauf um den Supermachtstatus nagte an der Kraft des Volkes, bis das Land von einem Tag auf den anderen einfach verschwand, seinen Bürgern unter den Füßen davonglitt.
Jetzt ist alles anders. Wie lange haben wir davon geträumt, wenigstens Portugal einzuholen? Heute ist Russland bereits die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt, die größte Volkswirtschaft in Europa. Dieses Ergebnis wurde in einem Tempo erreicht, das im historischen Vergleich beeindruckend ist.
Wir beneideten vor Kurzem noch Franzosen um ihre Cafés, die Deutschen um ihre Züge, die Spanier um ihre Supermärkte, wo uns ein lächelnder Metzger mit Schnurrbart den Schinken in dünne Scheiben schnitt. Wir beneideten europäische Rentner, die sich bei einer Tasse Kaffee auf Urlaubsreisen entspannten, während unsere alten Männer vor Metroeingängen standen und versuchten, alte Abzeichen und gestrickte Handschuhe zu verkaufen. Meine Generation erinnert sich noch genau daran.
Heute verstehen meine inzwischen erwachsenen Kinder einfach nicht, wovon ich spreche, wenn ich ihnen von den Neunzigern erzähle. Sie haben dieses Europa mehr als einmal gesehen, und für sie ist es ein deprimierender, unsicherer Ort mit verrückten Preisen und einer verunsicherten, zwischen Wut und Angst hin- und hergerissenen Bevölkerung. Deutsche Züge sind regelmäßig verspätet. Europäische Rentner zählen an der Kasse jeden Euro ab. Überall Dekadenz und Verfall.
Wir dagegen sind heute ein tatsächlich reiches Land, und wir haben Wohlstandssorgen: niedrige Geburtenraten, steigende Immobilienpreise. Sogar unsere Probleme mit der Migration sind durch unseren Wohlstand entstanden. Wir sind so erfolgreich, dass Millionen von Menschen aus vielen Ländern, von der Ukraine bis Tadschikistan, zu uns wollen.
Ein weiteres Problem eines unabhängigen, reichen Landes besteht darin, dass wir den USA ein Dorn im Auge sind. Und das nicht erst seit der militärischen Sonderoperation, nicht erst seit dem Beitritt der Krim. Die Amerikaner haben früh erkannt, wohin der historische Trend führt.
Gerade um den Aufstieg Russlands zu bremsen, hat Washington mit der Osterweiterung der NATO begonnen und dann die Ukraine in ihr Expansionsstreben einbezogen. Sie konnten im fairen Konkurrenzkampf nicht gewinnen und wollen deshalb unsere Entwicklung aufhalten.
Nun, das Recht auf souveräne Entwicklung muss verteidigt werden, wenn nötig auch mit Waffen in den Händen. Russland ist dies gelungen dank seines wichtigsten und unbezahlbaren Schatzes an Millionen intelligenter, fröhlicher, fleißiger Menschen, die ihr Land in vollen Zügen lieben. Supermacht Russland, willkommen im neuen Jahr!
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 1. Januar 2025 auf ria.ru erschienen.
Mehr zum Thema ‒ Das unberechenbare 2024: Das fünfte Jahr einer neuen Epoche geht zu Ende