
Ein Moskauer Schiedsgericht hat die Vermögen ehemaliger Führungskräfte von “Rosnano” beschlagnahmt, darunter auch das des ehemaligen Leiters des Konzerns, Anatoli Tschubais. Dies geht aus einem am Dienstag auf der Website des Gerichts veröffentlichten Beschluss hervor.
Auf Anfrage der Rossijskaja Gaseta erklärte das Gericht, dass die Klage keine Angaben zu konkretem Vermögen enthalte und der Beschlagnahmebeschluss daher lediglich einer Vermutung über dessen Vorhandensein folge. Ob es die im Beschluss ausgewiesenen Vermögenswerte “im Rahmen der geltend gemachten Klageforderungen in Höhe von 11.896.910.244 Rubel und 90 Kopeken” (etwa 128.486.630 Euro) tatsächlich gebe, hat das Gericht demnach nicht geprüft. Ebenfalls beschlagnahmt wurden die Vermögenswerte ehemaliger Mitglieder der Geschäftsleitung von “Rosnano”, nämlich die von Oleg Kiselew, Sergei Kaljuschny, Andrei Kuschnarew, Dmitri Lisenkow, Andrei Malyschew, Andrei Trapeznikow, Dmitri Pimkin, German Pikhoi, Boris Podolski, Jakow Urinson, Jurij Udalzow und Wladimir Awetisjan.
Der Konzern “Rosnano” hat gegen seine ehemaligen Führungskräfte auf Ersatz von 11,9 Milliarden Rubel Schaden im Zusammenhang mit dem im Jahr 2011 genehmigten Projekt “Crocus” geklagt. Im Rahmen dieses Projekts sollte in Russland die Produktion von magnetoresistivem Arbeitsspeicher, MRA, aufgenommen werden. Tatsächlich wurde der gesamte investierte Betrag nicht für die Erreichung der erklärten Projektziele verwendet, sondern für die unwiderrufliche Finanzierung von Drittunternehmen, darunter auch solche mit ausländischer Beteiligung, so der Vortrag von “Rosnano”.
Diese Klage war nicht die erste. Im April 2025 hatte das staatliche Unternehmen bereits Ansprüche gegen die ehemalige Geschäftsführung geltend gemacht. Nach Angaben des Innenministeriums hatten die Verdächtigen im Jahr 2017 “rechtswidrige Handlungen zur Neuklassifizierung finanzieller Verpflichtungen ergriffen”, um die negativen Ergebnisse der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens zu verschleiern. Dadurch konnte die Rücknahme zuvor gewährter staatlicher Garantien vermieden und zusätzliche Finanzmittel beschafft werden.
Anatoli Tschubais gilt neben Jegor Gaidar als Chefideologe der radikalkapitalistischen Reformen unter Präsident Jelzin in den 1990er Jahren und als Russlands “Chefprivatisierer”. Im Laufe der Jahre bekleidete er zahlreiche herausragende Staatsämter und stand großen staatlichen Korporationen vor. Von 2008 bis 2013 war er parallel zur Tätigkeit in Russland Mitglied des internationalen Aufsichtsrats von JPMorgan Chase. Von 2008 bis 2020 stand er dem staatlichen Hochtechnologiekonzern “Rosnano” vor, dessen Tätigkeit unter seiner Führung – gemessen an den verkündeten hochtrabenden Zielen – als weitgehend gescheitert gilt.
Im März 2022 verließ Tschubais Russland und lebt seitdem in Israel.
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