Von Felicitas Rabe
Am Mittwoch entschieden sich die deutschen Abgeordneten mehrheitlich für die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Damit folgten die Abgeordneten der Argumentation des Bundesverteidigungsministers Boris Pistorius, wonach man den verpflichtenden Wehrdienst insbesondere aufgrund russischer Aggressivität wieder einführen müsse. Wortwörtlich erklärte Pistorius: “Vor allem das aggressive Auftreten Russlands erfordert dies.”
Wir bräuchten eine personell stark aufgestellte Truppe, denn “erst dann ist die Abschreckung als Ganzes auch wirklich glaubhaft gegenüber Russland”. Außerdem wolle man mit einer starken und vergrößerten Armee Kriege verhindern. Pistorius zufolge, sei eine starke Armee das “effektivste Mittel, um Kriege zu verhindern”.
Hieß es also zuletzt seitens der Politik, Deutschland müsse “kriegstüchtig” werden, begründet man ausgerechnet die Wiedereinführung der Wehrpflicht ganz anders. Pistorius argumentierte nämlich nicht mehr, dass Deutschland für eine angeblich notwendige “Kriegstüchtigkeit” mehr Soldaten bräuchte. Stattdessen überzeugte er die Parlamentarier offenbar damit, dass Deutschland mehr Soldaten bräuchte, erstens wegen eines aggressiven Russlands und zweitens, um so quasi friedensfähiger zu werden.

Die Teilnehmer des antimilitaristischen “Rheinmetall-Entwaffnen”-Camps teilen die Auffassung der Abgeordneten nicht, wonach eine schrittweise Wiedereinführung der Wehrpflicht angeblich dem Frieden dienen soll. Wenige Stunden nach dem Kabinettsbeschluss veranstalteten sie am Mittwochabend in Köln eine spontane Protestdemonstration. Unter dem Motto “Wehrpflicht? Nicht mit uns” beteiligten sich mehrere Hundert Teilnehmer des Bündnisses “Rheinmetall-Entwaffnen” am Protest gegen den Beschluss.


Lautstark brachten die größtenteils jungen Leute ihren Widerstand gegen die Wehrpflicht in den Kölner Straßen zum Ausdruck. In einem auf der Demonstration verteilten Flyer begründen sie, warum sie gegen zunehmende Militarisierung und die neu eingeführte Wehrpflicht protestieren. Darin heißt es:
“Die Kriegsvorbereitungen sind in vollem Gange. Der Staat will uns auf Kriegskurs einschwören. Ob mit Werbung an den Schulen, auf den Straßen oder in Kultureinrichtungen. Überall soll uns hier klargemacht werden, dass Deutschlands ‘Kriegstüchtigkeit’ unumgänglich wäre.”
Die neue, vermeintlich freiwillige Form der Wehrpflicht bedeute für alle, die heute 15 Jahre und jünger sind, dass sie ab 2028 verpflichtend zur Musterung bei der Bundeswehr müssten. Das hieße konkret: Wenn es hart auf hart käme, sollten junge Menschen für den deutschen Staat an die Front. Sie sollten Menschen wie Dich und mich umbringen oder selbst im Schützengraben sterben.


Gleichzeitig gebe es immer weniger Geld für die soziale Daseinsfürsorge. Für Schulen, Schwimmbäder, Wohnen, Rente und vieles mehr sei kein Geld mehr da, während Milliarden in Bundeswehr und Aufrüstung gesteckt würden. Diese Kürzungen im Sozialen seien kein Zufall, denn Aufrüstung und Sozialabbau würden eng miteinander zusammenhängen. Die neuen Kriegsvorbereitungen und die Wehrpflicht werde man nicht hinnehmen:
“Aber nicht mit uns! Wehrt Euch mit uns gemeinsam gegen diesen Kriegskurs! Es gibt eine Alternative, wir müssen uns nicht verheizen und verarschen lassen. Nicht für ihren Krieg.”


Das antimilitaristische Camp findet vom 26. bis 31. August im Kölner Grüngürtel statt. Am zweiten Tag hatten sich bereits rund 900 Teilnehmer zumeist linker Jugendorganisationen im Camp eingefunden. Mit Protestaktionen in und um Köln, einschließlich einer Demonstration vor dem Haus des Rheinmetall-Chefs Armin Papperger, wollen sie der fortschreitenden Kriegstreiberei etwas entgegensetzen. Daneben wollen sich die Teilnehmer mittels Vorträgen und in Diskussionen über Strategien der Militarisierung und Widerstandsmethoden fortbilden.
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