Die Regierung Dagestans hat diese Woche beschlossen, ein Leichtathletikstadion, das den Namen der Hochsprung-Olympiasiegerin Jelena Issinbajewa trug, umzubenennen. Das entsprechende Schild wurde am Mittwoch entfernt. Die Agentur RIA Nowosti zeigte die Demontage. Die Arena kehrte zu ihrem früheren Namen zurück und heißt ab sofort wieder Trud (Arbeit).
In Russland wurden Stimmen laut, gegen die Sportlerin vorzugehen, nachdem sie gesagt hatte, dass sie nie in den russischen Streitkräften gewesen sei und der militärische Dienstgrad eines Majors, der ihr verliehen worden war, nur “nominal” sei. Zudem berichteten spanische Medien im Juli, dass Issinbajewa nach Spanien gezogen sei und derzeit in einer Luxusvilla auf Teneriffa lebe. Die Sportlerin erklärte daraufhin, sie betrachte sich als Weltbürgerin und lebe dort, wo sie arbeite. Sie erklärte: “Denken Sie daran: Neid ist ein destruktives Gefühl.”
Internetnutzern fiel außerdem auf, dass kurz nach dem Vorfall einige ihrer Beiträge auf Instagram gelöscht wurden, unter anderem ein Foto mit Geburtstagsgrüßen an Verteidigungsminister Sergei Schoigu.
Auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) bestätigte, dass Issinbajewa keine vertraglichen Beziehungen zur russischen Armee oder zu den Strafverfolgungsbehörden unterhalte und den Krieg in der Ukraine nicht unterstütze. Die Organisation sah daher keinen Grund, die ehemalige Stabhochspringerin zu kündigen. Ab September 2023 soll sie wieder in der Athletenkommission des IOC tätig sein.
In Russland bezeichneten viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Abgeordnete die Haltung der Sportlerin als unpatriotisch. Sportminister Oleg Matytsin kritisierte, es sei inakzeptabel, einen militärischen Rang auf diese Weise zu behandeln. “Jeder Mensch, der sein Land liebt, steht solchen Aussagen negativ gegenüber”, sagte er. Der ehemalige Boxer Nikolai Walujew meinte, ihre Worte über ihre mangelnde Verbindung zur russischen Armee seien unwahr. Ein weiterer Abgeordneter der Staatsduma versprach, einen Antrag bei der Generalstaatsanwaltschaft zu stellen, um der Athletin ihren militärischen Dienstgrad zu entziehen.
Doch es gab auch Gegenstimmen. Der bekannte Sportkommentator Dmitri Gubernijew bemängelte die Entscheidung Dagestans, das Stadion umzubenennen. Er erklärte: “Man kann Issinbajewas Worte und ihre Entscheidung zu gehen unterschiedlich bewerten. Aber für normale und gesunde Menschen ist es klar, dass Jelena Issinbajewa eine Heldin des Sports und der sportliche Stolz Russlands ist. Und zu ihrem Umzug kann ich eines sagen: Im 21. Jahrhundert lebt ein Mensch dort, wo er will.” Die Entscheidung sei etwas voreilig gewesen, fuhr er fort. Man solle sich lieber um die Instandhaltung der Arena kümmern und nicht um bürokratische Angelegenheiten.
Auch Tatjana Tarassowa, eine bekannte Eiskunstlauftrainerin, erklärte: “Ich bin mit dieser Entscheidung nicht einverstanden. Wir dürfen unsere Helden nicht vergessen. Issinbajewa ist eine Heldin Russlands. Sie trat erfolgreich für unser Land auf, weshalb das Stadion nach ihr benannt wurde. Dagegen hatte niemand Einspruch erhoben. Ich verstehe nicht, warum es umbenannt werden muss. Wozu das Ganze?”
Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte Anfang des Monats, die Reaktion der Sportgemeinschaft sei verständlich, drängte jedoch darauf, Issinbajewas Verdienste für Russland nicht außer Acht zu lassen.
Die Opposition, die sich derzeit großteils im Ausland aufhält, ist geteilt. Einige nannten Issinbajewa auch nach ihren Aussagen “eine aktive Unterstützerin des Krieges”, während andere betonten, es sei schädlich, Menschen zu beschuldigen, die früher den russischen Präsidenten unterstützt hatten.
Die 41-Jährige ist eine der prominentesten Sportlerinnen Russlands. Sie ist zweifache Olympiasiegerin (2004, 2008) und mehrfache Weltmeisterin im Stabhochsprung. Außerdem hat sie 30 Weltrekorde aufgestellt. Die Sportlerin beendete im Jahr 2016 ihre Karriere. Sie war offizielle Vertraute des russischen Präsidenten und unterstützte ihn während seiner Präsidentschaftskampagne im Jahr 2018.
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