Der Beginn von Polens Vorsitz überschneidet sich zeitlich mit der Amtseinführung von Donald Trump am 20. Januar. Innerhalb der EU wächst bereits seit Langem die Besorgnis, dass Trump während seiner zweiten Präsidentschaft die Ukraine-Hilfe reduzieren könnte und Brüssel die Lasten der militärischen und finanziellen Unterstützung an Kiew alleine tragen muss.
Innerhalb von 24 Stunden könne er den Krieg in der Ukraine beenden, hat Donald Trump während seiner Wahlkampagne versprochen. Die EU muss sich entscheiden, welche Richtlinie sie in Bezug auf die Ukraine einhalten will, wenn Trump sein Versprechen, den Konflikt in der Ukraine beizulegen, erfüllt.
Warschau gehört zu den wichtigsten Verbündeten Kiews. Nach Angaben des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) hat Polen Kiew eine direkte Unterstützung in Höhe von 4,5 Milliarden Euro (0,72 Prozent des BIP) bereitgestellt, davon 3,23 Milliarden Euro für Militärhilfe. Außerdem hat die polnische Regierung weitere 4,2 Prozent des BIP für die Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge ausgegeben.
Anfang Dezember erklärte der polnische Premierminister Donald Tusk, dass die Friedensgespräche zur Beendigung des Krieges in der Ukraine noch in diesem Winter beginnen könnten. “Unsere EU-Präsidentschaft wird insbesondere mitverantwortlich dafür sein, wie die politische Landschaft aussehen wird, vielleicht auch, wie die Situation während der Friedensverhandlungen aussehen wird”, so Tusk.
Allerdings lehnt Warschau den Plan des französischen Präsidenten Emmanuel Macron ab, EU-Friedenstruppen in der Ukraine zu stationieren, um das künftige Waffenstillstandsregime zu überwachen. Auf einer Pressekonferenz vergangene Woche erklärte Donald Tusk, es sei an der Zeit, mit Spekulationen über die Entsendung von Truppen in die Ukraine aufzuhören. Er warnte davor, über solche Sicherheitsgarantien für Kiew zu diskutieren, die in Wirklichkeit nur “auf dem Papier” existierten.
Der polnische Außenminister Radosław Sikorski erklärte bei der Vorstellung der Ziele der polnischen EU-Ratspräsidentschaft, Warschau werde politische, militärische und finanzielle Unterstützung der Ukraine durch die EU und deren Wiederaufbau leisten. Sikorski betonte, dass Warschau insbesondere auf die Fortsetzung der Militärhilfemission der EU für die Ukraine (EUMAM) hoffe. Das Programm, das die Ausbildung ukrainischer Militärangehöriger auf EU-Territorium vorsieht, wurde im November um weitere zwei Jahre verlängert.
Bislang haben sich die G7- und die EU-Länder darauf geeinigt, nur die Einnahmen aus den blockierten russischen Geldern zu verwenden. Laut Sikorski werde Polen sich um die Unterstützung der EU-Mitglieder bemühen, damit die EU die eingefrorenen Vermögenswerte der russischen Zentralbank in vollem Umfang zur Unterstützung der Ukraine einsetzen kann.
Trotz Polens großzügiger Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland hat Warschau eine andere Haltung, wenn es um den Handel geht. In der Frage der ukrainischen Agrarexporte in die EU setzt sich die polnische Regierung für die Interessen der polnischen Landwirte ein.
Dies werde sich negativ auf die künftigen Verhandlungen über die Ersetzung der befristeten Handelsmaßnahmen durch einen langfristigen Vertrag auswirken, schreibt die Zeitschrift Politico. Während der sechsmonatigen EU-Ratspräsidentschaft seien schnelle und reibungslose Fortschritte in dieser Frage unwahrscheinlich.
Nach Kriegsbeginn hatte die EU der Ukraine das Recht erteilt, ihre Waren zollfrei in die EU einzuführen. Infolge der billigen ukrainischen Agrarprodukte auf dem europäischen Binnenmarkt kam es zu Massenprotesten der europäischen Landwirte. Polen, Ungarn und die Slowakei haben das Einfuhrverbot für ukrainisches Getreide einseitig verlängert. Wegen der Präsidentschaftswahlen in Polen im Mai wird sich die Situation weiter zuspitzen. Politico weist darauf hin, dass Tusk in landwirtschaftlichen Fragen eine harte Haltung einnehmen müsse, um die Wähler unter den polnischen Landwirten zu gewinnen.
Im Mittelpunkt der bevorstehenden Handelsgespräche zwischen Kiew und der EU stehe die Aktualisierung der zollfreien Kontingente für Einfuhren aus der Ukraine im Rahmen des bestehenden Freihandelsabkommens aus dem Jahr 2016, schreibt Politico.
Diese Aktualisierung muss die Notmaßnahmen ersetzen, die die EU im Jahr 2022 eingeführt hatte. Die Aufhebung aller Zölle auf ukrainische Einfuhren hat die Wirtschaft des Landes unterstützt, aber eine negative Reaktion der größten EU-Länder wie Polen und Frankreich ausgelöst. In Polen haben Landwirte wiederholt die Grenzübergänge zur Ukraine blockiert.
Diese Blockaden haben in der polnischen Öffentlichkeit breite Unterstützung gefunden. Politico weist darauf hin, dass sich die Haltung der Polen gegenüber dem Ukraine-Konflikt angesichts des andauernden Krieges deutlich verändert habe. Jüngsten Umfragen zufolge seien die meisten Polen heute der Meinung, dass ihre Regierung nationalen Interessen, einschließlich des Schutzes des Agrarsektors, Vorrang einräumen sollte, anstatt die Ukraine um jeden Preis zu unterstützen.
Anfang Juni, wenn Polens EU-Ratsvorsitz endet, laufen die besonderen EU-Handelsmaßnahmen gegenüber der Ukraine aus. In dieser Hinsicht sei es die polnische Regierung, die das Problem der eigenen wirtschaftlichen Interessen und der weiteren Unterstützung der Ukraine lösen muss.
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