Am 8. August soll der US-Staatschef Donald Trump den armenischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinjan und Aserbaidschans Präsidenten Ilcham Alijew im Weißen Haus empfangen, worauf die Ankündigung eines Friedensvertrages zwischen Jerewan und Baku folgen könnte. Wie die Zeitung The Washington Post meldet, handele es sich dabei um den Versuch Trumps, einen Frieden in dem langjährigen Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan zu vermitteln. Das Blatt berichtetdazu:
“Das Treffen wurde gegenüber The Washington Post von zwei führenden Mitarbeitern des Weißen Hauses bestätigt. Es ist der jüngste Versuch des Präsidenten, internationale Konflikte zu beenden und dafür Anerkennung zu bekommen.”
Zuvor hatte das spanische Nachrichtenportal Periodista Digital unter Verweis auf Angehörige der armenischen Diaspora in Frankreich gemeldet, dass im Rahmen des Memorandums die Einrichtung einer 42 Kilometer langen “Trump-Brücke”, die Aserbaidschans Territorium mit der Exklave Nachitschewan verbindet, vorgesehen sei. Der Verkehrsweg solle dabei durch das armenische Gebiet Sjunik verlaufen, unter armenischer Souveränität stehen, aber von einem US-amerikanischen Privatunternehmen betrieben werden.
Zu Sowjetzeiten war Aserbaidschan mit Nachitschewan über eine Eisenbahnstrecke verbunden, die nach dem Beginn des Ersten Karabach-Krieges 1992–1994 abgebaut wurde. Die Eröffnung des sogenannten Sangesur-Korridors (nach dem aserbaidschanischen Namen des Gebiets Sjunik) ist eine von Bakus Hauptforderungen im Konflikt mit Armenien und wird auch durch die Türkei unterstützt.
Experten sehen die Perspektiven eines Friedensschlusses zwischen Armenien und Aserbaidschan skeptisch. Der Amerikanist Alexei Naumow erklärte gegenüber RT:
“Es gibt faktisch keine Grundlage für einen Friedensvertrag: von den 1.000 Kilometern der gemeinsamen Grenze wurden ganz wenige demilitarisiert, es gibt keine Verständigung bezüglich des Transits über den Sangesur-Korridor.”
Der Politologe Dmitri Drobnizki betonte seinerseits, dass die US-Administration PR betreibe, und verwies auf die Tatsache, dass in den vergangenen 80 Jahren kein Friedensabkommen unter US-amerikanischer Vermittlung zustande gekommen sei. Diese Ansicht teilt auch der Abgeordnete der oppositionellen Republikanischen Partei Armeniens, Aik Mamidschanjan:
“Das Memorandum könnte den Interessen Aserbaidschans und teilweise den wirtschaftlichen, eher aber den geopolitischen Interessen der USA dienen.”
Tigran Kotscharjan, Chefredakteur des armenischen Nachrichtenportals Alpha News, äußerte die Vermutung, dass es sich bei dem möglichen Abkommen um einen Teil der Wahlkampfstrategie des prowestlichen armenischen Regierungschefs Nikol Paschinjan handeln könnte:
“Paschinjans persönliche Garantie bei den Verhandlungen besteht darin, dass er unendlich lange an der Macht bleiben wird. Alle verstehen, dass dieser ‘Frieden’ eher wie eine weitere Kapitulation als ein echter Friedensschluss aussehen wird.”
Der Leiter des Instituts für moderne Staatsentwicklung, Dmitri Solonnikow, setzte mögliche Zugeständnisse an Aserbaidschan mit Paschinjans Druck gegen die Armenische Apostolische Kirche in Zusammenhang und erklärte:
“Das ist eine Unterwanderung von Armeniens moralischen und historischen Grundlagen.”
Noch drastischer äußerte sich Armen Gasparjan, Journalist und Mitglied der Gesellschaftskammer Russlands. In einem Kommentar schloss er die Möglichkeit einer Vereinbarung zwischen Baku und Jerewan am 8. August nicht aus, bezeichnete sie aber als einen “Verrat an den nationalen Interessen” Armeniens, auf die mittelfristig eine “endgültige Demontage des Staates” folgen könnte.
Bogdan Bespalko, Mitglied des Rates für Internationale Angelegenheiten beim Präsidenten Russlands, warnte, dass mögliche territoriale Zugeständnisse vonseiten Armeniens sowohl für Jerewan als auch für Moskau unvorteilhaft seien und das Risiko einer Expansion der USA, der Türkei und der NATO in die kaspische Region bergen würden. Im Gespräch mit RT betonte er:
“Der Korridor wird Armenien und Russland von Iran abschneiden. Insgesamt wird das eine Umformatierung der Region und möglicherweise einen recht ernsten Konflikt in der Zukunft bedeuten.”
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