Im Norden von Schweden hat die staatliche schwedische Bergbaugesellschaft LKAB laut eigenen Angaben Seltene Erden (SE) im Umfang von mehr als einer Million Tonnen entdeckt. Demnach habe das Staatsunternehmen den Fund in einem Bergwerk in Kiruna, fast 600 Meilen (ca. 966 Kilometer) nördlich von Stockholm gemacht. In dem Bergwerk wird seit 1900 Eisenerz abgebaut. “Dies ist das größte bekannte Vorkommen an Seltenen Erden in Europa”, wird Jan Mostrom, Geschäftsführer von LKAB, in einer Erklärung des Unternehmens zitiert. “Es könnte ein wichtiger Baustein für die Produktion der kritischen Rohstoffe werden, die für den grünen Übergang absolut entscheidend sind”, so Mostrom.
New exploration results from the Per Geijer ore body in Kiruna shows mineral resources of rare earth elements of more than a million tonnes, making it Europe’s largest deposit of its kind. Learn more: https://t.co/YBcKR4FwUapic.twitter.com/ss6teczvl6
— LKAB (@LKABgroup) January 12, 2023
Bei den Seltenen Erden handelt es sich um eine Gruppe von siebzehn metallischen Elementen. Dazu gehören die fünfzehn Lanthanoide des Periodensystems sowie Scandium und Yttrium. Sie sind heute ein wesentlicher Bestandteil vieler Hightech-Geräte. Verwendung finden die Seltenen Erden dabei als Bausteine für kleine, hocheffiziente Dauermagnete, die für die Herstellung von mehr als 200 Produkten, insbesondere von Hightech-Verbraucherprodukten wie Mobiltelefonen, Computerfestplatten, Elektro- und Hybridfahrzeugen sowie Flachbildschirmen und Fernsehern, unerlässlich sind.
Aber auch im Verteidigungsbereich finden sie Anwendung – unter anderem bei elektronischen Bildschirmen, Leitsystemen, Laser sowie Radar- und Sonarsystemen. Auch wenn die in einem Produkt verwendete Menge an Seltenen Erden gemessen an Gewicht, Wert oder Volumen keinen wesentlichen Anteil an diesem Produkt ausmacht, sind sie für die Funktion des Geräts jedoch essenziell notwendig. So machen SE-Magnete zwar oft nur einen kleinen Teil des Gesamtgewichts aus, aber ohne sie wäre die Konstruktion von Spindelmotoren und Schwingspulen von Desktops und Laptops nicht möglich.
Entgegen ihrem Namen ist das Vorkommen Seltener Erden auf der Erde jedoch nicht wirklich selten. Ihre Konzentration ist in den bindenden Mineralien lediglich sehr gering. Das führt unter anderem dazu, dass die Förderung sehr aufwendig, teuer und die Gewinnung zudem auch umweltschädlich ist. Deshalb werden Seltene Erden in der Regel nur in Verbindung mit anderen Bodenschätzen gewonnen. Hinzu kommt, dass das geborgene Erz allein relativ wenig wert ist – wenn man von der komplexen, oft umweltschädlichen Verarbeitung absieht, die mit der Umwandlung des Erzes in eine nutzbare Form verbunden ist.
Seltene Erden werden in riesigen offenen Gruben abgebaut, die die Umwelt verschmutzen und Ökosysteme stören können. Bei unzureichender Regulierung können beim Abbau Abwasserteiche entstehen, die mit Säuren, Schwermetallen und radioaktivem Material gefüllt sind und ins Grundwasser gelangen können. Die radioaktive Verschmutzung rührt dabei meistens daher, dass Seltene Erden oftmals in Verbindung mit radioaktiven Mineralien wie Thorium oder Uran vorkommen. Zudem ist die Aufbereitung des SE-Roherzes zu einer Form, die für die Herstellung von Magneten und anderen technischen Produkten geeignet ist, ein langwieriger Prozess, der große Mengen an Wasser und potenziell giftigen Chemikalien verbraucht und große Mengen an Abfall erzeugt.
Ob die Meldung über die Entdeckung von mehr als einer Million Tonnen Seltener Erden durch das staatliche Bergbauunternehmen LKAB in Schweden tatsächlich eine “gute Nachricht, nicht nur für LKAB, die Region und das schwedische Volk, sondern auch für Europa und das Klima”, ist, darf angesichts der mit dem Abbau verbundenen Belastungen für Mensch und Umwelt somit durchaus bezweifelt werden. Bis die Seltenen Erden dort tatsächlich abgebaut werden können, ist es nach LKAB-Angaben jedoch noch ein langer Weg. Der erste Schritt sei nun erst einmal die Beantragung einer Abbauzulassung. Diesen will das Unternehmen den Angaben zufolge noch in diesem Jahr einreichen.
Größter Förderer Seltener Erden ist derweil China. Das Reich der Mitte fördert rund 90 Prozent der jährlich abgebauten 110.000 Tonnen des raren Metalls. Durch Ausfuhrbeschränkungen kann China die Weltmarktpreise allerdings erheblich beeinflussen, was in der Vergangenheit bereits zu Lieferschwierigkeiten in der Auto- und Elektrobranche führte. Gleichzeitig steigt die globale Nachfrage nach Seltenen Erden, da diese insbesondere in Schlüssel- und Zukunftstechnologien eingesetzt werden. Auch deshalb sucht der Westen nach Wegen, sich von dem Land unabhängig zu machen.
So gibt es Überlegungen, stillgelegte Bergwerke wieder in Betrieb zu nehmen oder neue Minen anzulegen. Immerhin lagern in den USA nach Angaben von US-Geologen schätzungsweise rund 13 Millionen Tonnen und in Australien etwa 4,5 Millionen Tonnen an Seltenen Erden. Auch in Deutschland war vor gut zehn Jahren im Sächsischen Delitzsch ein vergleichsweise kleines Vorkommen des begehrten Materials gefunden worden. Allerdings wurde dessen Förderung seinerzeit als unwirtschaftlich verworfen. Mit den nun in Schweden entdeckten Vorkommen könnte künftig einmal ein großer Teil des EU-Bedarfs an Seltenen Erden gedeckt werden.
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