Heidi Reichinnek, derzeit frauenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke, bewirbt sich um den Vorsitz in ihrer Partei. Am Mittwoch teilte sie in einer Erklärung mit, dass es “kein Weiter-so geben dürfe”:
“Wenn wir die Krise unserer Partei überwinden wollen, muss sich die viel beschworene Erneuerung auch im Parteivorstand widerspiegeln.”
Diese Forderung dürfte sich wohl auch gegen die bisherige Parteichefin Janine Wissler richten, die neuerlich antritt. Weiterhin warnte die niedersächsische Landesvorsitzende davor, dass viele Menschen gar nicht mehr zur Wahl gehen würden. Diesen Menschen müsse man zeigen, dass “soziale Gerechtigkeit das zentrale Anliegen dieser Partei sei”.
Die Linke wählt Ende Juni auf ihrem Parteitag in Erfurt ihren kompletten Bundesvorstand sowie die Parteispitze neu. Der Doppelspitze als Vorsitz muss laut Satzung mindestens eine Frau angehören. Zuvor hatten neben Wissler der Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann und der EU-Parlamentarier Martin Schirdewan ihre Kandidaturen erklärt. Reichinnek will nun direkt für den weiblich quotierten Platz antreten und fordert Wissler damit nun direkt heraus. Die Parteivorsitzende steht nach einer Serie von Wahlniederlagen in der Kritik, ihre Co-Vorsitzende Susanne Henning-Wellsow war im April nach nur 14 Monaten im Amt zurückgetreten. Dennoch befürworten maßgebliche Vertreter der Linkspartei Wisslers erneute Kandidatur.
Reichinnek zog 2021 erstmals in den Deutschen Bundestag ein und schaffte es direkt bis in den Fraktionsvorstand. Seit 2019 führt sie den niedersächsischen Landesverband als Vorsitzende an, geboren und aufgewachsen ist sie jedoch in Sachsen-Anhalt. Zuvor war Reichinnek Landessprecherin der Linksjugend Solid in Niedersachsen. Die Jugendorganisation befindet sich seit Längerem mit dem Parteivorstand im Streit. Insbesondere in dem jüngst vor allem durch das Nachrichtenmagazin Der Spiegel breitgetretenen Sexismus-Skandal der Linkspartei griffen führende Solid-Vertreter die Vorsitzende Wissler direkt an und warfen ihr vor, selbst mutmaßliche Fälle von Sexismus und sexuellen Übergriffen in der Partei nur schleppend aufgeklärt zu haben. Wissler weist diese Vorwürfe vehement zurück.
Reichinneks Wurzeln dürften demnach für ein eher gespanntes Verhältnis zu Wissler sprechen. In Ihrer Erklärung schrieb Reichnnek mit Blick auf die Parteivorsitzende ebenfalls: “Das Eintreten für Feminismus heißt auch, unsere eigenen Probleme in den Griff zu bekommen. Es muss unmissverständlich klar werden: Sexismus und erst recht sexualisierte Gewalt haben Konsequenzen und werden auf keiner Ebene unserer Partei toleriert.”
Die Partei Die Linke befindet sich derzeit in einer existentiellen Krise. Bei der letzten Bundestagswahl schaffte sie nur dank dreier Direktmandate den Einzug in den Bundestag in Fraktionsstärke. Bei den bisherigen Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen scheiterte die Partei stets deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde.
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