Eine Analyse von Alexander Männer
Die Zeit der Hegemonie des US-Dollars in der Weltwirtschaft scheint sich angesichts der globalen Umbrüche langsam aber sicher ihrem Ende zuzuneigen. Denn die US-amerikanische Währung, die man im heutigen internationalen Zahlungsverkehr immer noch im größten Umfang als Transaktions- und Reservewährung nutzt, wird in vielen Teilen der Welt inzwischen infrage gestellt. Immer mehr Länder wollen ihre Devisenreserven künftig in anderen Währungen anlegen und ihre Handelsbeziehungen nicht mehr (nur) unter Verwendung des Dollars führen.
Die BRICS-Staaten – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – , die zusammen knapp 40 Prozent der Weltbevölkerung und 25 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts ausmachen, arbeiten beispielsweise bereits seit Jahren daran, eine gemeinsame Währung zu etablieren, um den Dollar damit als Leit- und Reservewährung abzulösen.
Diesen Trend gibt es inzwischen auch in Südamerika, wo die beiden größten Staaten des Kontinents – Brasilien und Argentinien – offiziell dafür plädieren, die Abkehr der Weltwirtschaft vom Dollar und Euro zu beschleunigen. Bei einem Treffen im vergangenen Januar zwischen dem brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva und seinem argentinischen Amtskollegen Alberto Fernández wurde unter anderem die Möglichkeit der Schaffung einer gemeinsamen südamerikanischen Währung erörtert, die den Namen “Sur” (spanisch für “Süden”) tragen soll.
Dass der Dollar aber vor allem im bevölkerungsreichsten Teil der Welt, in Asien, immer mehr an Boden verliert, zeigt die Politik Chinas. Die chinesische Führung fördert die Internationalisierung der eigenen Landeswährung – des Yuan und lancierte deshalb bereits eine Vielzahl von bilateralen Geschäften, die nicht in Dollar abgewickelt wurden. Ein Beispiel dafür ist Pekings Initiative, den Kauf von fossilen Brennstoffen von den arabischen Monarchien wie Saudi-Arabien künftig in Yuan abzurechnen. Ein kluger Schritt, wenn man bedenkt, dass der hauptsächlich in Dollar abgewickelte Rohstoffhandel einen Eckpfeiler der Dollar-Dominanz im globalen Finanzsektor darstellt. Wenn man den Dollar also ablösen will, dann sollte beim Rohstoffhandel darauf verzichtet werden. Und genau diesen Weg haben die Chinesen mit ihrem Versuch, den “Petro-Yuan” einzuführen, offensichtlich eingeschlagen.
De-Dollarisierung wird weiter voranschreiten
Im Hinblick auf das chinesische Vorgehen und die aktuelle Weltlage hat die Financial Times (FT) kürzlich berichtet, dass der Dollar früher oder später die Auswirkungen der zunehmenden geopolitischen Rivalität zwischen dem Osten und dem Westen hart zu spüren bekommen wird. In dem FT-Artikel “A bipolar currency regime will replace the dollar’s exorbitant privilege” vertritt der renommierte US-Ökonom Nouriel Roubini die These, dass der Dollar in den kommenden zehn Jahren den Status der wichtigsten Reservewährung der Welt verlieren wird.
Entgegen der Behauptung von zahlreichen Finanzexperten, dass der Yuan keine echte Reservewährung werden könne und dass man den Dollar nicht durch “Nichts” ersetzen könne, ist Roubini der Ansicht, dass sich der immer härter werdende geopolitische Wettbewerb zwischen Washington und Peking unweigerlich auch auf das globale Konstrukt der Reservewährungen auswirken wird. Denn das derzeitige System der internationalen Transaktionen und Devisen werde in einer Welt, die sich zunehmend in zwei Einflusssphären zwischen den USA und China aufteile, wahrscheinlich durch ein bipolares Währungssystem abgelöst, so der Ökonom.
In diesem Sinne führt er an, dass China und Russland ihre Positionen auf dem Weltmarkt erheblich gestärkt hätten. Ein Beleg dafür seien die jüngsten Handelsgeschäfte zwischen den beiden Ländern, die in deren nationalen Währungen abgerechnet würden.
Zudem gebe es da noch den Aspekt, dass die traditionellen US-Partner im Persischen Golf, vor allem Saudi-Arabien, bei ihren Handelsbeziehungen mit den Chinesen zunehmend auf den Dollar verzichten sollen. Diesbezüglich sei es nicht weit hergeholt zu glauben, so Roubini, dass Peking den Ländern der arabischen Halbinsel die Möglichkeit anbieten könnte, einen größeren Teil ihrer Devisenreserven in Yuan anzulegen.
Ihm zufolge ist es wahrscheinlich, dass sowohl die Golfstaaten als auch andere aufstrebende Volkswirtschaften ein solches Angebot vonseiten Chinas annehmen, weil sie mit dem Land sehr viel mehr Handel treiben als mit den USA. Außerdem macht das aktuelle System die Schwellenländer finanziell und wirtschaftlich sehr anfällig bei Kursänderungen der US-Geldpolitik, die durch innerstaatliche Faktoren in den USA, etwa Inflation, bedingt sind.
Eine andere Gefahr für die Vorherrschaft des Dollars sind laut Roubini auch die neuen digitalen Währungen. Neue Zahlungssysteme wie WeChat Pay oder Alipay werden als Alternativen zu SWIFT entwickelt und sollten die Entstehung eines bipolaren globalen Währungs- und Finanzsystems beschleunigen.
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