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EU – wo die besten Stand-up-Komiker in die Politik gehen: G8-Sketch für Russland

rtnews by rtnews
06/12/2025
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Glaubt, was ihr wollt – aber in Wirklichkeit ist dieser Zirkus in Brüssel eben das: ein Zirkus. Wenn der Ukraine-Friedensplan der EU als ein “Zugeständnis” an Russland die Wiederaufnahme in den G8-Klub enthält, dann kann das nie im Leben ernst gemeint sein … oder etwa doch?

Von Dmitri Bawyrin

Die Saison ausgelassener Silvesterfirmenfeiern hat in der Europäischen Union dieses Jahr doch eher früh Einzug gehalten. Manche nennen es Diplomatie, doch von außen betrachtet wirkt es wie ein Amateurkomikabend zum Mitmachen. Es wirkt prätentiös, ist aber urkomisch.

Der hellste Stern der Stand-up-Comedy ist Kaja Kallas, die Leiterin der europäischen Diplomatie. Ihre Paraderolle ist die einer begriffsstutzigen Bürokratin aus der tiefsten, verschlafenen Provinz, die ständig irgendwelche Forderungen stellt. Selbst aus der Konserve ist sie ein Feuerwerk der Blödelei. Und wer sie erst live erlebt, in Brüssel, die müssen sich wohl vor Lachen schütteln und krümmen – wahrhafte Glückspilze.

Die Forderungen der Prima sind am häufigsten an Russland gerichtet – Kunststück, ist diese Herangehensweise doch schon von Natur aus komisch: In der Europäischen Kommission vertritt Kallas nämlich Estland. Und wenn Estland etwas von Lettland fordert, ist das nicht lustig, sondern kann im normalen Alltag halt mal vorkommen – wenn Estland hingegen etwas von Russland fordert, ist es zum Lachen. Jeder Arbeiter der Bühne, der mindestens fünf bis zehn Jahre seines Wirkens der Komödie und dem Humor gewidmet hat, wird die Wirksamkeit dieses Prinzips bestätigen.

Zum Beispiel forderte Kallas: “Kein einziges Zugeständnis an Russland.”

Forderte, dass man der EU einen Platz am Verhandlungstisch in der Ukraine-Krise gebe.

Forderte eine Reduktion der Größe der russischen Streitkräfte.

Auch forderte sie, Russlands nukleares – man höre und staune! – Potenzial zu reduzieren.

Leider war niemand im Raum, der mitspielte und fragte:

“Reduzieren, schön und gut – aber wie? An Estland abnutzen lassen?”

Da ist von einem so guten Witz die bessere Hälfte glatt verloren gegangen. Schade drum.

Die Künstlerin hat auch wirklich schwarzen Humor im Repertoire. Zum Beispiel erklärte sie, dass “ein schneller Frieden für die Ukraine nachteilig ist”. Und dann hat sie da noch ein Giftkästchen an ganz und gar unangebrachten, übertriebenen Sketchen: So habe Russland laut Kallas in einem Jahrhundert 19 Mal andere Länder angegriffen, aber kein einziges Land habe Russland angegriffen. Angesichts der Tragödie vom 22. Juni 1941 könnte man für solche Witzeleien auch mal leicht hinter schwedischen Gardinen landen. Aber die Rolle der Künstlerin ist ja halt, wie bereits erwähnt, die einer ungebildeten und selbstgefälligen europäischen Bürokratin aus Hinterwalden ob der Lethe. Und man sage, was man wolle: Darin ist sie schlicht konkurrenzlos. Mögen übrigens all jenen ihre bösen Zungen abfallen, die da behaupten, Frauen seien nicht gut in der Kunst der Stand-up-Comedy.

Das einzig Beunruhigende an diesem ausgelassenen Spektakel ist der Gedanke, der einen dann und wann ganz flüchtig aufsuchen kann: dass alles todernst und kein Witz sei. Natürlich fällt es schwer, diesen Gedanken in aller Gravität zu Ende zu denken und sich in solch einem flüchtigen Eindruck zu festigen – schließlich ist Europa ein doch recht kultivierter und zivilisierter Ort, zu sehr, dass man die dortige Diplomatie mit einer Operette verwechseln würde. Doch es gibt – man vermag es kaum zu glauben – Hinweise, die auch eine solche Theorie stützen.

Die durchaus seriöse Nachrichtenagentur Reuters hat sich irgendwie einen sogenannten EU-Friedensplan beschafft, den die EU den Amerikanern als Alternative zu Trumps Friedenskonzept anbieten wollte (die Nummer hat natürlich nicht gezogen). Der “Plan” nämlich, den die britische Zeitung The Telegraph einige Tage zuvor unter dem Deckmantel eines angeblich europäischen Plans veröffentlicht hatte, hatte nichts mit der EU zu tun – sondern, seiner Struktur nach zu urteilen, er war von Ukrainern verfasst: Ich will dies, ich brauche das, hiervon ein paar Scheiben, und do pflanzen mia de Paradeisa an.

Ein wirklich europäischer Plan ist deutlich weniger aufgebläht und zumindest etwas weniger unverschämt – so auch dieser, der Plan laut Reuters. Er ist zutiefst sekundär und nicht so sehr komisch als vielmehr metaironisch: Die Brüsseler stellen ihre Bedingungen für Russland auf, als hätten sie den Krieg gegen Russland bereits gewonnen und bereiteten sich darauf vor, seine Kapitulation entgegenzunehmen. Aber sie planen, großzügig wie sie sind, auch Zugeständnisse – und das wichtigste lautet:

“Russland wird wieder in die G8 eingeladen.”

Die G8, Carl! Die meinen das ernst, ich schwöre bei Gott, die meinen es ernst!

Zuvor wirkte jede Erwähnung der G8 in diesem Zusammengag wie ein abgedroschener Witz auf einem Hobbykomiker-Europa-Treffen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hielt kürzlich eine Rede dazu: Die Frage der Rückkehr Russlands in die G8, sagte er, könne nicht ohne Europa gelöst werden. Und Europa, singt ihm Bundeskanzler Merz die Begleitstimme, ist mit einer Rückkehr nicht einverstanden. Die Inszenierung war wohl so gestaltet, dass Russland Europa anflehen und zu Verhandlungen einladen müsse, so viel ist ja klar – doch die Pointe dafür, die hat sich nun überhaupt nicht aus dem Witz ergeben: Warum sollte denn Russland überhaupt jemanden darum anbetteln müssen? Wer schaut schon diese G8 auch nur mit dem Allerwertesten an?

Aber es stellte sich heraus, dass es sich um ein Zugeständnis handelte.

Ein Lockmittel hätte es sein sollen. Ein Bestechungsgeschenk.

Etwas, das Russland erfreuen wird.

Schließlich ist es das, wofür Russland kämpft – für die Mitgliedschaft in der G8.

So, jetzt haben wir darüber gelacht – und erst mal reicht’s. Um solche unangenehmen Zweideutigkeiten zu vermeiden, müssen wir kurz auch mal ein ernstes Gespräch führen. Der russischen Kultur liegen belehrende Parabeln ohnehin besser als Kasperletheater und Guignole (obwohl auch sie so etwas kennt. Anm. d. Red.) – und hier haben wir ja eine moralisierende Parabel, die dazu auch noch eine wahre Geschichte ist.

Der Vorschlag, Russland in die G7 (der russische Volksmund spricht auch gern hämisch von Washington und seinen sechs Luschen, zumal der Rest der G7 eben zu sechst ist und die Sechs in vielen Kartenspielen die rangniederste verwendete Karte ist; zudem bezeichnet davon abgeleitet eine Sechs, “schestjorka”, insbesondere im Kriminellenjargon jemanden, der als serviler Laufbursche unangenehme Aufgaben Höhergestellter erledigt. Anm. d. Red.) zurückzuführen, damit diese wieder zur G8 werden könnte, wurde erstmals von US-Präsident Donald Trump unterbreitet. Er tat dies, weil er Ami ist: Bei Verhandlungen bieten Amerikaner immer zuerst Glasperlen an – vielleicht beißt die Gegenseite ja an. Im Fall Russlands zog es nicht, also wurde das Thema G8 erst einmal beiseitegelegt. Jetzt diskutieren Moskau und Washington wirklich wichtige Themen, darunter die Zukunft der Ukraine betreffend.

Und bevor jemand die Frage stellt: Nein, Europa darf nicht mit. Die Europäer haben nämlich die bereits verworfene Idee aufgegriffen, nachdem ihnen wieder einfiel, dass vier der aktuellen G7-Staaten ja europäisch sind. Sie dachten, sie könnten dies in eine Einladung an den Verhandlungstisch mit Russland und den USA konvertieren – sich die Eintrittskarte gegen Glasperlen erkaufen.

Die Mitgliedschaft in der G8 ist deswegen nahe mit den Glasperlen der Kolonialzeit verwandt, weil sie ebenso wie Glasperlen Nippes ist. Ein Zeichen der Zugehörigkeit zu einem exklusiven Club von Ländern, die sich selbst als Elite betrachten und die Geschicke der Welt lenken wollen.

Zwar hatten auch jene Glasperlen einst einen Wert, und genauso war auch die Mitgliedschaft im Club erst vor relativ kurzer Zeit, Ende des letzten Jahrhunderts, wertvoll: Damals genossen die G7-Staaten ein Quasi-Monopol auf zwei sehr wichtige Ressourcen – Finanzen und neue Technologien. In Dubai grasten noch Kamele, in Mumbai herrschte das Faustrecht, Peking erstickte im Smog veralteter Fabriken und Kraftwerke, und in Südamerika weinten, glaubt man den Seifenopern, selbst die Reichen. Was für eine schlimme Zeit!

Zum Glück hat sich seitdem vieles verändert. Europa, Nordamerika und Japan sind heute nur noch ein Teil einer großen, komplexen Welt mit Geld und Technologie, und dabei schrumpft ihr Anteil an dieser Welt Jahr für Jahr. Man müsste nicht einmal ein eingefleischter Snob, sondern geradezu ein blindes Kätzchen sein, um zu glauben, dass eine Camarilla von Mächten kurz vor dem Ruhestand (in jedem Sinne – mit Ausnahme der USA. Anm. d. Red.), wo China, Indien, die islamische Umma, Lateinamerika, Afrika und so weiter nicht vertreten sind, globale Probleme lösen kann.

Dieses Spiel ist die Kerzen nicht mehr wert. Die Vereinigten Staaten – klar, ob es uns gefällt oder nicht: Die sind immer noch eine Supermacht, ein mächtiger und einflussreicher globaler Akteur, mit dem wir Geschäfte machen müssen. Daher wird Russland auch direkt mit den Vereinigten Staaten verhandeln, ohne deren Ja-Sager aus der G7. Und wenn Washington und seine “Luschen-Sechs” so erpicht darauf sind, eine “G8” zu bilden, sollen sie doch Wladimir Selenskij einladen – wenigstens ist der mitunter dann doch ein recht guter Komiker.

Russische Diplomaten hingegen sind ernste und zielstrebige Leute und haben keine Zeit zu verlieren. Sie sind es nicht gewohnt, im Rahmen der zeitgenössischen Comedy zu arbeiten, und fühlen sich in der Gegenwart des Megastars Kaja Kallas unwohl: Manche befürchten, sie könnte anfangen, Leute mit einer Gabel anzugreifen, Erde zu essen, Respekt einzufordern oder andere Aufführungen moderner Schock-Performance darzubieten. Daher müssen wichtige Angelegenheiten vorerst eben ohne Europa geklärt werden.

Das bedeutet aber nicht (und so war es auch vorher nie), dass sich Moskau von seinen europäischen Nachbarn isoliert und die Idee einer Zusammenarbeit ablehnt. Was den kulturellen Austausch angeht, sind wir – je nach Lage – stets zu einer fruchtbaren Kooperation bereit. Russland könnte beispielsweise seinen eigenen Experten für Cargowitze (im Russischen bezeichnet dies Witze mit Bart, die jedoch durch aktuelle Verweise aufgefrischt und manchmal in ihrer Pointe geändert wurden – was mitunter auch von allein, ohne Änderungen am Witztext, geschieht. Kalauer gehören mit wenigen Ausnahmen nicht dazu. Anm. d. Red.) nach Brüssel schicken, damit dieser auf einer Hobbykomikerparty neben der estnischen Starlette eine zum Geiste des Ortes und der Zeit passende Parabel zum Besten gibt. Zum Beispiel so etwas:

… Europa, Urzeit, Stammeswesen. Eine finno-ugrische Gemeinde wandert von Ost nach West und erreicht ein Schild: “Links: Ungarn, Sonnenschein, Früchte, Wein, Plattensee.

Rechts: Estland, Sümpfe, Schimmel, Schmuddelwetter, Depression, Ostseehering.”

Wer lesen konnte, wanderte nach links weiter.

Und wer nicht … 

Das war die heutige Ausgabe des Psychiatrischen Boten für Europa, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit – und bis bald! Sehr, sehr bald …

Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei RIA Nowosti am 29. November 2025.

Dmitri Bawyrin ist Journalist, Publizist und Politologe mit den Interessenschwerpunkten USA, Balkan und nicht anerkannte Staaten. Er arbeitete fast 20 Jahre als Polittechnologe in russischen Wahlkampagnen unterschiedlicher Ebenen. Er verfasst Kommentare für die russischen Medien Wsgljad, RIA Nowosti und Regnum und arbeitete mit zahlreichen Medien zusammen.

Mehr zum Thema – Die baltischen Staaten und Finnland halten den Sanktionen gegen Russland nicht stand



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Tags: bestendiefürG8SketchgehenPolitikrusslandStandupKomiker
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