Der Rat der Europäischen Union (EU) hat das Dokument, das die Einführung und Einzelheiten antirussischer Sanktionen regelt, abgeändert und mit der Änderung zusätzlich die Möglichkeit eingeführt, auch Familienangehörige russischer Geschäftsleute auf die Sanktionsliste zu setzen.
Somit können nun individuelle Beschränkungen nicht nur gegen Personen, die nach Ansicht der EU für die Unterstützung von “Handlungen gegen die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine” verantwortlich sind, verhängt werden, sondern auch gegen deren Verwandte, zweifellos eine Art der berüchtigten Sippenhaft.
Nach dem neuen Wortlaut können “einflussreiche Geschäftsfrauen und -männer, die in Russland tätig sind, sowie enge Mitarbeiter, Familienmitglieder oder andere Personen, die von ihnen profitieren”, mit Sanktionen belegt werden.
Verwandte von russischen Politikern, Geschäftsleuten und prominenten Beamten wurden schon früher auf Sanktionslisten gesetzt. Ein EU-Gericht in Luxemburg hatte jedoch in Einzelfällen die Aufhebung der Sanktionen gegen enge Verwandte angeordnet.
Insbesondere wurden die Beschränkungen gegen Olga Aisiman, die Ex-Frau des Milliardärs Michail Maratowitsch Fridman, von der dieser sich 2005 scheiden ließ, und die Mutter von Jewgeni Prigoschin aufgehoben. Im Fall von Frau Prigoschina stellte das Gericht fest, dass deren ursprüngliche Aufnahme in die Liste “ausschließlich auf familiären Bindungen” beruhte, was nicht ausreichend sei.
Nach dem Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine haben die westlichen Länder den Sanktionsdruck auf Moskau schrittweise immer weiter erhöht. Die EU hat bereits zehn Sanktionspakete verabschiedet. Neben Sektoralsanktionen und Handelsembargos wurden Individualsanktionen mittlerweile gegen 1.473 Personen, darunter Journalisten, Sänger, Künstler, Politiker und Beamte, und 207 Organisationen verhängt. Die Vermögenswerte der auf diesen Listen aufgeführten Personen wurden eingefroren, und Reisen von diesen Personen oder Einrichtungen in EU-Länder werden untersagt.
Es besteht die Möglichkeit, die Sanktionen vor einem Gericht in Luxemburg anzufechten. Derzeit sind dort mehrere von Russen eingereichte Klagen anhängig. Darüber hinaus werden die Sanktionslisten regelmäßig von Experten überprüft.
Seit kurzer Zeit wird von der EU-Kommission ein neues, elftes antirussisches Sanktionspaket diskutiert, das auch diese schwarzen Listen noch erweitern wird.
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