Die EU-Kommission reagiert auf die gestiegenen Gaspreise. Dem Handelsblatt liegt ein internes Papier der Kommission vor, in dem zwei Vorschläge zur Deckelung des Gaspreises gemacht werden.
Ein Vorschlag umfasst die vollständige Deckelung des Gaspreises. Die Europäische Union würde den Preis diktieren, den sie für russisches Gas zahlt. Die Idee dahinter ist, dass Russland nicht in der Lage wäre, seine Infrastruktur kurzfristig umzubauen und andere Länder zu beliefern. Allerdings hätte Russland immer noch die Möglichkeit, die Gaszufuhr vollständig zu unterbrechen.
Der zweite Vorschlag zielt auf eine Unterscheidung in zwei Preiszonen innerhalb der EU ab. Die Deckelung entfiele dann nur auf jene Staaten, die jetzt schon besonders hohe Gaspreise zahlen müssen. Darunter auch Deutschland. Diese Länder würden verbieten, Gas zu einem höheren als einem festgesetzten Preis zu beziehen. Länder, die nicht in diese Preiszone fallen, weil sie bisher den Börsenpreis oder sogar darunter bezahlen, kämen dann weiter als Abnehmer für russisches Gas infrage. Allerdings würde sich der Preis dann an den bisher gezahlten Preisen orientieren und auf einem niedrigeren Niveau einpendeln.
Das zu niedrigeren Preisen bezogene Gas könnte dann in die Länder weitergeleitet werden, die Gas zu ungünstigeren Bedingungen bezogen haben. Ob sich dieser Plan umsetzen lässt, darüber sind sich die Autoren des Papiers selbst uneinig. Die Steuerungsmechanismen wären in jedem Fall komplex. Ob sich mit dem Vorschlag gewährleisten ließe, dass Gas tatsächlich dorthin gelangt, wo es benötigt wird, ist unsicher.
Ziel ist laut Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die Marktmacht Russlands zu brechen. “Putin setzt Energie als Waffe ein, indem er das Angebot reduziert und unsere Energiemärkte manipuliert”, schreibt sie auf Twitter. “Er wird scheitern. Europa wird sich durchsetzen.”
Die generelle Frage jedoch ist, ob die EU wirklich über die erforderliche Marktmacht verfügt, um einen derart tiefen Eingriff in den Gasmarkt erfolgreich umzusetzen. Russland könnte in beiden Fällen mit einem vollständigen Gasembargo reagieren, was den Gaspreis in astronomische Höhen schrauben würde.
Es stellt sich zudem die Frage, warum die Kommission weiterhin auf die Preisbildung an Spotmärkten setzt und nicht wieder zu langfristigen Lieferverträgen zurückkehrt.
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