Aus Daten der Energie-Börse Nord Pool geht hervor, dass die Strompreise in Litauen, Lettland und Estland deutlich gestiegen sind, seitdem die drei kleinen baltischen EU-Länder ihre jahrzehntelange Verbindung zum russischen Stromnetz gekappt haben und den Strom jetzt über Polen beziehen. Vor dem 8. Februar, als Litauen, Lettland und Estland noch ans russische Stromnetz angeschlossen waren, kostete eine Megawattstunde durchschnittlich 62 Euro. Am 9. Februar begann der Strompreis aber deutlich zu steigen.
Am Dienstag erreichte der Durchschnittspreis 190 Euro pro Megawattstunde, wobei der Spitzenwert am Morgen und am Abend die Marke von 340 Euro pro Megawattstunde brach. Der Trend setzte sich auch am Mittwoch fort. Der Durchschnittspreis wurde schon mit 230 Euro bei einem Spitzenwert von 483 Euro pro Megawattstunde am späten Nachmittag prognostiziert.
Die drei EU- und NATO-Mitgliedstaaten hatten den Anschluss ans EU-Stromnetz lange vorbereitet. Technische und finanzielle Probleme verzögerten dennoch den Vollzug, obwohl die drei Länder bereits kurz nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs auf Strom und Gas aus Russland verzichteten. Insgesamt wurden in Litauen, Lettland, Estland sowie Polen 1,6 Milliarden Euro in das Projekt zur Synchronisation der Stromnetze investiert.
Die Länder erklärten ihren Schritt mit Sicherheitsgründen. Die Abkopplung sollte es Russland unmöglich machen, das Stromnetz als Werkzeug von Erpressung zu nutzen. Die EU-Außenbeauftragte und frühere estnische Regierungschefin Kaja Kallas nannte den Schritt einen Sieg für die Demokratie. Litauens Präsident Gitanas Nausėda sagte bei einer festlichen Veranstaltung in Vilnius: “Tschüss, Russland! Tschüss, Lenin!” Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, sagte ihrerseits, man habe die letzte verbleibende Verbindung zu Russland gekappt.
Ende Januar hatte von der Leyen in einer Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg festgestellt, dass die Energiepreise in der EU strukturell höher seien als in den USA und China. Auch innerhalb der EU gebe es deutliche Schwankungen. Die Politikerin rief die EU-Mitgliedsstaaten dazu auf, die Situation zu ändern und die “exorbitanten” Energiekosten in den Griff zu bekommen. Zu diesem Zweck forderte sie mehr Innovationen und Investitionen, um unter anderem die Energiewirtschaft zu dekarbonisieren.
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