Von Gert Ewen Ungar
Mit einem rassistischen, chauvinistischen Tweet sorgte der Außenbeauftragte der EU, Josep Borrell, im Oktober des vergangenen Jahres für Aufsehen. Die EU sei der Garten, der Rest der Welt ein Dschungel, ließ der Chefdiplomat die Twitter-Gemeinde wissen. Der Tweet ist inzwischen gelöscht, er ist auch schlecht gealtert, denn inzwischen sieht es in der EU deutlich mehr nach Dschungel aus als in weiten Teilen vom Rest der Welt.
Das hat gleich mehrere Gründe. Der Offensichtlichste davon findet sich in Frankreich. Das Land hangelt sich von Unruhe zu Unruhe. Von Januar bis Mai, ganze fünf Monate, gab es umfassende Proteste gegen die Rentenreform von Präsident Macron. Die französische Polizei ging mit der für sie berüchtigten Gewalt gegen die Demonstranten vor. Den Bildern haftete etwas Barbarisches an.
Nicht weniger barbarisch sind die aktuellen Bilder aus Frankreich. Es wird geplündert und gebrandschatzt, Innenstädte liegen in Trümmern, die Bilder zeigen brennende Autos und Horden junger Menschen, die sich einfach nehmen, was ihnen nicht gehört. Man kann das verurteilen, allerdings schießt die Polizei in zivilisierten Ländern auch nicht einfach Minderjährigen aus nächster Nähe in den Kopf.
Wenig gepflegt wirken auch die Bilder von immer weiter zunehmender Obdachlosigkeit in deutschen Großstädten. Unter jedem Dachvorsprung, der ein bisschen vor Regen und Wind schützt, liegt inzwischen jemand. Die deutsche Regierung schafft es nicht, für ausreichend Wohnraum zu sorgen, und scheitert kläglich an den selbstgesteckten und, ehrlich gesagt, wenig ambitionierten Zielen. In anderen europäischen Großstädten sieht es allerdings nicht viel besser aus.
Gleichzeitig zeigt man sich für weiteren Zuzug offen. Es herrscht Fachkräftemangel in Deutschland und nach einer deutschen Spezialtheorie ist dem nur mit Einwanderung beizukommen. Dabei kamen seit 2011 jährlich immer deutlich mehr als eine Million Menschen nach Deutschland. Würde die Theorie stimmen, müsste der Fachkräftemangel längst behoben sein und die deutsche Wirtschaft in voller Blüte stehen. Das Gegenteil ist der Fall. Es nehmen in Deutschland wie auch in Frankreich einfach nur die sozialen Spannungen zu, denn für die Mehrheit geht es bergab. Die Verteilungskämpfe werden härter und rauer.
Erschwerend kommt hinzu, dass in der EU das wirtschaftliche Wachstum erfolgreich abgeschafft wurde. Wirtschaftlich bewegt sich kaum noch etwas. Das war schon vor den Russland-Sanktionen so, wird durch sie aber noch einmal verstärkt. Während die Versuche von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die miese Situation schönzureden, immer verzweifelter werden, geht es in Deutschland, dem mit dem Sanktionsregime und der Zerstörung von Nord Stream die wirtschaftliche Grundlage zerstört wurde, in Richtung Deindustrialisierung. Der Garten verwildert in rasantem Tempo.
Geistig sind die Machthaber in der EU ohnehin längst wieder in der Barbarei angekommen. Während sich die Länder außerhalb der EU aufrichtig um eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts bemühen, möchten die Länder der EU ‒ bis auf wenige Ausnahmen ‒ Russland einfach nur am Boden liegen sehen, um dem Land im Anschluss noch kräftig in die Weichteile zu treten. Zivilisiert ist das nicht. Es zeugt eher von einem ungeheuren Ausmaß an Verrohung. Es ist zudem mit Sicherheit nicht die richtige Lehre aus der eigenen europäischen Geschichte.
Das sieht man auch im außereuropäischen Ausland so. Dass die EU nichts zum Frieden in Europa beiträgt, sondern im Gegenteil alles tut, um den Krieg zu verlängern und die Zahl der Opfer zu erhöhen, ist inzwischen mehr als deutlich. Die EU ist, was die Konfliktlösung anbelangt, ein Totalausfall.
Die EU ist kein Garten, kein Hort der Zivilisation, sondern im Zustand der Verwahrlosung und bewegt sich in Richtung Barbarei. Die Gesellschaften der EU stehen unter enormem Druck, der durch falsche politische Entscheidungen selbst verschuldet ist. Die Gewalt, das Elend und die Ungleichheit nehmen im Innern zu, nach außen gibt sich die EU roh und brutal. Das Zivilisierte und Kultivierte hat die Grenzen der EU längst verlassen. Der Garten EU, falls es denn jemals einer war, ist längst zum Dschungel verwildert.
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