Die alte Führungsriege der Credit Suisse kommt glimpflich davon. 115 Millionen Dollar werden gezahlt, um einen US-Rechtsstreit beizulegen. Doch das Geld stammt nicht aus den Taschen der Manager, sondern aus ihrer Haftpflichtversicherung.
Ein Musterfall dafür, wie Verantwortung in der Bankenwelt verschoben wird: Verluste tragen andere, Profite behalten die Spitzenkräfte.
2021 verlor die Credit Suisse rund fünf Milliarden Franken durch den Kollaps des Hedgefonds Archegos. Interne Berichte belegten damals eklatante Versäumnisse im Risikomanagement: Warnungen wurden ignoriert, Kontrollmechanismen abgeschafft, erfahrene Mitarbeiter entlassen.
Statt Verantwortung zu übernehmen, kassierte das Topmanagement weiterhin Boni und schob die Schuld nach unten.
Eine Pensionskasse aus Providence klagte 2022 in den USA gegen die damalige CS-Spitze.
Der Vorwurf: systematisches Versagen der Aufsichtsgremien und Pflichtverletzungen der Geschäftsleitung. Namen wie Urs Rohner, Severin Schwan, Thomas Gottstein oder Lara Warner stehen für jene Generation von Bankern, die die CS in den Abgrund führten.
Nun soll ein Vergleich den Fall beenden. 115 Millionen Dollar fließen – nicht von Rohner und seinen Kollegen, sondern aus ihrer Directors-and-Officers-Versicherung. Damit zahlen letztlich Versicherer und Aktionäre, während die Ex-Manager persönlich ungeschoren davonkommen.
Für die Pensionskasse aus Providence bringt der Deal wenig. Der Großteil der Summe verschwindet in Anwaltskanzleien und landet letztlich bei der UBS, die 2023 die Reste der Credit Suisse übernahm.
Die Mechanik ist altbekannt: Topmanager sichern sich über D&O-Policen ab, um im Ernstfall nicht haften zu müssen. Verluste in Milliardenhöhe belasten die Bank, die Mitarbeiter und die Öffentlichkeit, nicht aber jene, die das Desaster zu verantworten haben.
Besonders gravierend ist die Tatsache, dass sich das Gesamtrisiko der Credit Suisse im Zusammenhang mit Archegos zeitweise auf zehn Milliarden US-Dollar belief, was etwa einem Drittel des Eigenkapitals entsprach. Für ein paar Millionen an Erträgen nahm die Führungsetage eine existenzielle Bedrohung der Bank in Kauf.
Das Beispiel zeigt, wie Verantwortung systematisch ausgehebelt wird. Manager, die jahrelang von Boni und Prestige lebten, kaufen sich frei, ohne eigenes Vermögen zu riskieren. Möglich macht es eine Branche, die Haftung durch Versicherungen ersetzt – und damit Korruption im Mantel der Legalität institutionalisiert.
Für die Öffentlichkeit bleibt die bittere Erkenntnis: In der Ära Rohner und Co. war Big Banking in der Schweiz ein Spiel ohne Konsequenzen für die obersten Entscheidungsträger. Verluste wurden sozialisiert, die Schuld verschleiert – und am Ende zahlte die Versicherung.
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