Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius will im Verlauf des 12. Juni die in seinem Ministerium entwickelten Pläne vorstellen, mit denen zukünftig alle ab 18-jährigen Männer und Frauen eines Jahrgangs mit einer potenziellen Musterungsaufforderung rechnen müssen. Laut Schätzungen des BMVG fehlen der Truppe aktuell rund 200.000 Soldatinnen und Soldaten. Im Verteidigungsausschuss im Bundestag will der SPD-Politiker einen Dreistufenplan vorstellen, der es künftig zuließe, entsprechende Kandidaten auch gegen ihre Entscheidung einzuziehen. Die Wehrpflicht in Deutschland ist seit 2011 ausgesetzt.
Die Bundeswehr benötigt neben den 100 Milliarden Sondervermögen seitens der Bundesregierung weiterhin Soldatinnen und Soldaten. Die grüne Wehrbeauftragte Eva Högl teilte Ende April im letzten Wehrbericht mit, dass die Bemühungen, “die Personalstärke bis 2031 von derzeit knapp 182.000 auf dann mindestens 203.000 Soldatinnen und Soldaten zu erhöhen, nur schwer zu erreichen sei”. Laut Informationen von Business Insider (BI) entwickelte die Bundeswehr unter Leitung von Boris Pistorius nun konkretere Pläne, wie die Truppe, notfalls auch mit Druck, rekrutieren will (Bezahlschranke).
Die neuen Regelungen basieren demnach auf einem dreistufigen Modell, an dessen Ende die Truppe “10.000 junge Männer und Frauen im Jahr” neu einstellen will. Bei der heutigen Vorstellung im Verteidigungsausschuss werden 38 Politiker in einer nicht öffentlichen Sitzung über “Mandatsverlängerungen, Beschaffungen und die Lage in Israel und der Ukraine” debattieren. Laut BI-Artikel ist der “Bericht des Bundesministers der Verteidigung zum neuen Wehrdienst” der zehnte von 14 Tagesordnungspunkten.
Nach Informationen von Business Insider wird Verteidigungsminister Boris Pistorius zu Punkt 10 “seine Idee für eine neue Wehrpflicht vorstellen, die sich am schwedischen Modell orientieren soll”.
Der Dreistufenplan sieht demnach vor, dass alle 18-jährigen Männer und Frauen eines Jahrgangs in Deutschland mit einer Postkarte angeschrieben werden. Künftig soll diese Postkarte auf einen Fragebogen – “eventuell per QR-Code” – verweisen. Bis dato lief eine rein postalische Werbungsannonce zur Bundeswehr. Eine Neuerung wird lauten, dass die männlichen Kontaktierten diesen Fragebogen ausfüllen müssen. Weiter heißt es im BI-Artikel:
“Wer es nicht tut, dem droht möglicherweise ein Bußgeld. Die Höhe ist noch unklar. Frauen sollen den Fragebogen dagegen ausfüllen können. Die Fragen sollen persönlich sein, etwa zur Fitness oder zur persönlichen Motivation.”
Die Planer im BMVG hoffen, dass sie über diese Initiative “etwa 350.000 Rückmeldungen von Männern bekommen und etwa 50.000 von Frauen”. Für die damit verbundene Bearbeitung der Fragebögen und möglichen Bußgeldermittlungen, benötigt die Bundeswehr für ihre Wehrverwaltung zudem “etwa 500 neue Dienstposten”, so Informationen aus dem Umfeld des BMVG.
Von der Gesamtsumme an Rückmeldungen aus der Bevölkerung sollen dann “40.000 Männer und Frauen gemustert werden”, die sich dann persönlich zur Musterung vor Bundeswehr-Ärzten für eine potenzielle Eignung vorstellen. Dafür wären “vermutlich nochmal etwa 200 Dienstposten nötig”.
Am Ende, so die bis dato theoretischen Wunschvorstellungen seitens Pistorius und seinem Ministerium, würden dann von den gemusterten Männern und Frauen “tatsächlich 10.000 eingestellt, so jedenfalls die Hoffnung im Verteidigungsministerium”. Der Dienst soll zwischen 6 und zwölf Monate dauern.
Bezogen auf die in hiesigen Medien propagierte politische Unterstellung eines “drohenden Angriffs Russlands” auf Deutschland, würden diese Pläne jedoch “hinter vorgehaltener Hand im Ministerium von einer ganzen Reihe von Experten angezweifelt”. Dazu heißt es:
“Unter dem Strich fürchten einige im Ministerium darum, dass die Einführung der Wehrpflicht light lediglich dazu führt, dass junge Männer und Frauen mit sehr einfachen Tätigkeiten beauftragt werden und eine echte Entlastung der Truppe damit gar nicht erfolgt.”
Das Problem laute, dass nach erfolgter Musterung noch nicht in dem Dreistufenplan definiert sei, “wofür diese dann gebraucht werden”, dies “ist völlig offen”. Vonnöten, beziehungsweise realistischer sei daher “ein stärkerer Rückgriff auf Reservisten oder eine Erhöhung der Zahl von Berufssoldaten”. Die Zahl der einsatzbereiten Reservisten soll demnach “von 44.000 auf 60.000 steigen”.
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