Nachdem im Vorfeld bereits erste Informationen zu den neuen Wehrpflichtplänen von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) an die Medien durchgestochen wurden, hat dieser am Mittwoch nun seine Pläne für einen “Auswahlwehrdienst” vorgestellt.
Künftig sollen demnach alle 18-Jährigen digital für einen Fragebogen zur Wehrerfassung kontaktiert werden. Für Männer soll das Ausfüllen des Bogens verpflichtend sein, für Frauen freiwillig. In dem Fragebogen sollen das Interesse der möglichen Bewerber, ihr Gesundheitszustand und beispielsweise auch ihre Hobbys erhoben werden. Viel mehr junge Leute müssten sich dadurch die Frage stellen, ob ein Wehrdienst für sie infrage käme, sagte der SPD-Politiker.
Die “fittesten, geeignetsten und interessiertesten” 40.000 bis 50.000 jungen Erwachsenen jedes Jahrgangs sollen dann – ebenfalls verpflichtend – zur Musterung eingeladen werden. Allerdings habe jeder weiterhin ein verbrieftes Recht auf Kriegsdienstverweigerung.
Insgesamt sollen so zunächst 5.000 zusätzliche Rekruten gewonnen werden, wobei die Tendenz steigen sollte, so die Hoffnungen des Ministers. Ihnen werden zwei Optionen angeboten: ein Grundwehrdienst mit einer Dauer von sechs Monaten für Gewehrträger mit geringerer Qualifikation. Oder ein Wehrdienst von zwölf bis 17 Monaten, bei dem die Teilnehmer tiefer in die Strukturen der Bundeswehr integriert werden und so beispielsweise lernen, bestimmte IT-Dienstleistungen zu erbringen oder schweres Kriegsgerät wie Panzer zu fahren.
„Es sollen diejenigen für den Wehrdienst ausgewählt werden, die am fittesten, am geeignetsten und am motiviertesten sind“, sagt Verteidigungsminister Pistorius (SPD) und erklärt seinen Plan für den „Auswahl-Wehrdienst“. pic.twitter.com/IQTxuFWflc
— Bericht aus Berlin (@ARD_BaB) June 12, 2024
Pistorius behauptete weiter, dass der Wehrdienst “sinnstiftend” sein solle. Auch finanzielle und weitere Lockmittel sollen bei der Anwerbung eine Rolle spielen: Mit einer Verpflichtungsprämie, einem möglichen Bonus für den Numerus Clausus und die im Wehrdienst erworbenen Kenntnisse und Bescheinigungen, etwa einem Führerschein, sollen mögliche Anwärter überzeugt werden.
Mit Blick darauf, dass die Pflichten weiterhin nur für Männer gelten, verwies Pistorius darauf, dass für eine Wehrpflicht für Frauen eine Grundgesetzänderung nötig wäre. Da es nur noch rund ein Jahr bis zur nächsten Bundestagswahl dauert, würde ihm dies zu lange dauern, um auf einer Verfassungsänderung aufbauend ein einfaches Gesetz zu verabschieden, das rechtzeitig seine Wirkung entfaltet.
Der Verteidigungsminister begründete seine Initiative mit einer durch den Ukrainekrieg veränderten Situation. Trotz einer Personaloffensive war die Bundeswehr im vergangenen Jahr auf 181.500 Soldatinnen und Soldaten geschrumpft. Pistorius hatte auch deshalb Modelle einer Dienstpflicht prüfen lassen. Bei einer Regierungsbefragung hatte er zuvor bereits durchblicken lassen, dass er nicht auf komplette Freiwilligkeit setzt: “Nach meiner festen Überzeugung wird es nicht gehen ohne Pflichtbestandteile.” Wiederholt betonte er, Deutschland müsse “kriegstüchtig” werden, um zusammen mit den NATO-Verbündeten glaubhaft “abschrecken” zu können.
Die bestehende Personallücke der aktiven Truppe soll allerdings nicht allein mit der Wehrdienstreform geschlossen werden. Wenn es gelinge, dass sich junge Männer und Frauen bei der Bundeswehr für längere Zeit verpflichten, sei dies ein “positiver Nebeneffekt”, so Pistorius.
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