Nach Angaben der Deutschen Bundesbank vom Freitag dürfte das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr nur noch 1,9 Prozent betragen. Die wirtschaftliche Erholung in Deutschland würde sich damit zwar fortsetzen, jedoch deutlich gedämpfter als im vergangenen Dezember prognostiziert. Für die Folgejahre 2023 und 2024 erwarten die Bundesbank-Experten nunmehr einen verringerten Zuwachs des realen Bruttoinlandsprodukts um 2,4 beziehungsweise nur noch 1,8 Prozent.
Zugleich betonen die Experten der Bundesbank, dass die “Unsicherheit über die künftige Wirtschaftsentwicklung vor allem wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine außergewöhnlich hoch” sei. Bei ihrem Szenario gehen sie nicht von einer weiteren Eskalation in der Ukraine aus. Die Bundesbank hat jedoch ein alternatives Risikoszenario berechnet, das einen Abbruch der Energielieferungen aus Russland enthält. In diesem Fall könnte die wirtschaftliche Aktivität im Jahr 2023 deutlich zurückgehen.
Positiv stimmt laut den Angaben, dass ab der zweiten Jahreshälfte 2022 die Maßnahmen aufgrund der Corona-Situation komplett entfallen können. Auch gehe man davon aus, dass die Preise für Energierohstoffe etwas sinken, die Lieferengpässe graduell nachlassen und die Auslandsnachfrage wieder zulegt. Jedoch führe die außergewöhnlich hohe Teuerung zur Verunsicherung von Verbrauchern und schwäche deren Kaufkraft. Weiter negativ ins Gewicht falle der Fakt, dass der Beschäftigungszuwachs nachlässt und die Arbeitslosigkeit auf recht hohem Niveau verharrt.
Die am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gemessene Inflationsrate dürfte gemäß den Bundesbank-Projektionen im Jahresdurchschnitt 2022 auf 7,1 Prozent zulegen. Bundesbankpräsident Joachim Nagel sagte zu den Vorausschätzungen seiner Institution:
“Die Verbraucherpreise werden in diesem Jahr noch stärker steigen als Anfang der 1980er Jahre. Der Preisdruck hat sich zuletzt sogar noch mal verstärkt, was die jetzt vorgelegten Projektionen nicht vollständig abbilden. […] Wenn man diese Entwicklung fortschreibt, könnte die HVPI-Rate im Jahresdurchschnitt 2022 deutlich mehr als 7 Prozent betragen.”
Nach Einschätzung der Bundesbank entsteht die starke Geldentwertung vor allem durch den rasanten Anstieg der Preise für Energie- und Nahrungsmittel. Aber auch die Teuerungsrate ohne Energie und Nahrungsmittel dürfte mit etwa 3,6 Prozent weit überdurchschnittlich ausfallen. Neben stark verteuerten Rohstoffen wirkten hier vor allem Lieferengpässe preistreibend. Finanzexperten wie Florian Homm, Dirk Müller oder Markus Krall sehen den Hauptgrund für die Inflation, die sich zur Stagflation ausweiten kann, vor allem in den jahrzehntelangen Gelddrucken der EZB. Dies führe zu höheren Schulden des Bundes und damit letztendlich zu immer höheren Steuern und Belastungen für die Verbraucher, Arbeitnehmer und Selbstständige.
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