Die USA rechnen mit einem verheerenden Vergeltungsschlag Russlands gegen ukrainische Militär- und Regierungsobjekte. Die von Reuters befragten Experten und hochrangige Diplomaten erwarten, dass Russland in den nächsten Tagen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Reihe mehrstufiger Attacken als Antwort auf die SBU-Operation “Spinnennetz” gegen die russische strategische Luftflotte durchführen wird.
Dabei wird betont, dass es sich dabei nicht nur um eine Wiederholung der bisherigen massiven Angriffe handeln könnte, sondern um eine neue Angriffsstufe. Dies betreffe sowohl die Zusammensetzung und Anzahl der eingesetzten Mittel als auch die Art der Ziele und die politische Botschaft.
Die Operation könne mehrstufig unter Einsatz verschiedener Luftangriffsmittel stattfinden – also sowohl mit Marschflugkörpern als auch modifizierten Kamikaze-Drohnen vom Typ “Geran” sowie durch hochpräzise Waffen wie X-101 (“Kinschal”) und die in letzter Zeit vielfach eingesetzte “Oreschnik”.
Hinsichtlich letzterer vermutet der Militärexperte Michael Kofman, dass das SBU-Gebäude von einer ballistischen Mittelstreckenrakete angegriffen werden könnte. Er betont, dass die eigentliche Antwort noch bevorsteht und der nächste erwartete Schlag nur ein Vorspiel dazu ist.
Auch der russische Telegram-Kanal Militärchronik rechnet mit einem besonderen russischen Schlag. Vor allem könnten Gebäude staatlicher Behörden in Kiew ins Visier russischer Militärplaner geraten. Dabei geht es ihnen nicht in erster Linie darum, dem Gegner einen militärischen Schaden zuzufügen. Gleichermaßen soll die Verwundbarkeit des ukrainischen Verwaltungssystems demonstriert werden.
Im Grunde genommen handelt es sich dabei weniger um einen militärischen Schlag mit einem bestimmten Ziel als vielmehr um eine informationsstrategische Maßnahme: Diese soll vor Augen führen, dass das Zentrum des Staates ungeschützt ist und niemandem irgendeinen Schutz garantieren kann.
Am 5. Juni haben die russischen Luft- und Raumstreitkräfte das Gebäude der Regionalverwaltung im ukrainisch kontrollierten Cherson mit zwei aufeinanderfolgenden verheerenden Präzisionsschlägen zerstört. Es befindet sich nur wenige Kilometer von der Frontlinie am Ufer des Dnjepr entfernt.
Nach ukrainischen Angaben war das Gebäude derzeit ungenutzt. Die Zerstörung des Symbols der ukrainischen Macht in der Gebietshauptstadt, die Russland als sein eigenes Territorium beansprucht, könnte damit vor allem symbolträchtigen Charakter haben.
Mehr zum Thema – Der Einsatz von Drohnen gegen Bomber nähert das Szenario eines Atomkrieges