Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer kritisiert die SPD als zukünftigen Koalitionspartner seiner CDU auf Bundesebene wegen ihrer kategorischen Ablehnung von Lockerungen der Sanktionen gegen Russland. Gegenüber der dpa sagte er:
“Das ist völlig aus der Zeit gefallen und passt ja auch gar nicht zu dem, was die Amerikaner gerade machen.”
Er stellte auch sehr realistisch klar: “Wenn man merkt, dass man sich selber mehr schwächt als das Gegenüber, dann muss man darüber nachdenken, ob das alles so richtig ist”, so Kretschmer weiter. Er fordere daher ‒ nachdem die deutsche Wirtschaft nach nunmehr drei Jahren Selbstbeschneidung massiv geschwächt ist ‒ eine “ständige Diskussion” darüber, welche Sanktionen vielleicht eher Nachteile “für uns” hätten, als dass sie in Russland eine Wirkung zeigten. “Die findet aber nicht statt.”
Die Taurus-Debatte, an der sich Union und SPD lange gerieben hatten, habe sich dagegen erledigt. Kretschmer betonte: “Diese Zeit ist über uns weggegangen”, und verwies auf die laufenden Verhandlungen über ein Ende des Ukraine-Kriegs. Ex-Kanzler Olaf Scholz ist durchgehend bei seinem kategorischen Taurus-Nein geblieben, während die zahlreichen transatlantischen Hardliner in der Union in der Vergangenheit immer wieder versucht hatten, Mehrheiten für Taurus-Lieferungen im Bundestag zu generieren. Ganz vorne mit dabei war bis vor kurzem der CDU-Chef und jetzige Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Noch im November vergangenen Jahres forderte er, Taurus-Raketen für die Ukraine innerhalb von 24 Stunden zu liefern, falls Moskau keine Einstellung der Kriegshandlungen vornehme.
Bei den Verhandlungen über eine Teil-Waffenruhe im Schwarzen Meer und auf dem Gebiet der Energieinfrastruktur hatte Russland im Gegenzug gefordert, die Sanktionen zu verringern. Scholz hatte sich beim Ukraine-Gipfel in Paris am 27. März mit anderen europäischen Regierungschefs jedoch dagegen ausgesprochen. Ein solcher Schritt sei ein “schwerer Fehler”, meinte Scholz, ohne dies zu begründen oder gar auszuführen.
Kretschmer kann sich dagegen perspektivisch auch vorstellen, dass Merz als Kanzler mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sprechen wird. “Das wird es bestimmt geben”, sagte Kretschmer. Man müsse sich jedoch überlegen, was man erreichen könne. “Warum sollte eigentlich der russische Präsident mit uns sprechen?”, fragte Kretschmer in diesem Zusammenhang. “Was hat Deutschland zu bieten? Was kann Deutschland bewegen?” Diese Position müsse man sich erst einmal wieder erarbeiten. Da hat er Recht: Denn in Russland hat man den CDU-Bellizismus von Friedrich Merz, Roderich Kiesewetter oder Norbert Röttgen in den letzten Jahren durchaus zur Kenntnis genommen.
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