
Von Olga Samofalowa
Russland habe ein ingenieurtechnisches Wunder bei der Wartung ausländischer Flugzeuge vollbracht, erklärte der russische Verkehrsminister Andrei Nikitin. “Unsere Fluggesellschaften haben ein solches Ingenieurwunder vollbracht. Wir verfügen bereits über zahlreiche technische Zentren, von denen acht oder neun als besonders wichtig anzusehen sind, die es ermöglichen, ausländische Flugzeuge vollständig zu warten”, zitiert der Sender Rossija 24 die Worte von Andrei Nikitin.
Ihm zufolge sind in diesen Zentren 8.000 Menschen beschäftigt. Er wies insbesondere auf die Eröffnung eines zweiten Betriebes in Moskau durch das Luftfahrtunternehmen S7 hin, der sich mit der Reparatur von Flugzeugtriebwerken und deren Bauteilen für Flugzeuge der Typen Airbus 320 und Boeing 737 befasst. Bislang habe es keine Industrie dieser Größenordnung und Qualität gegeben, so der Minister.
Als zweiter Schritt ist vorgesehen, den Betrieb des S7-Werks auf die Reparatur von Teilen für Turbofan-Triebwerke CFM56-5B (für Airbus A320) und CFM56-7B (für Boeing 737) sowie für Honeywell-Hilfstriebwerke auszuweiten. Außerdem ist die Bearbeitung von 16 neuen Arten von Flugzeugersatzteilen vorgesehen, darunter gasthermische Beschichtungen, Vakuum-Wärmebehandlung und Schleuderverfestigung.
Die Kapazitäten für die Generalüberholung von Flugzeugtriebwerken sollen um das Eineinhalbfache steigen – von 40 auf 65 Einheiten pro Jahr, wobei sich die für diese Arbeiten benötigte Zeit um das Eineinhalbfache verkürzen wird. Den Angaben von S7 Technics zufolge habe das Unternehmen seit 2022 mehr als 380 Generalüberholungen und lokale Reparaturen an Flugzeugtriebwerken von Boeing- und Airbus-Flugzeugen durchgeführt. Laut der russischen Luftfahrtbehörde entspricht dies etwa 40 Prozent der in Russland eingesetzten Triebwerke für Boeing 737 und Airbus A320.
Nach wie vor sind in Russland Hunderte westlicher Langstreckenflugzeuge im Flugbetrieb. Diese tragen die Hauptlast des Passagierverkehrs, der in Russland jährlich mehr als 100 Millionen Passagiere umfasst.
Wladimir Tschernow, Analytiker bei Freedom Finance Global, merkt dazu an:
“Unter einem ‘Ingenieurswunder’ ist eine schnell aufgebaute, vollwertige Struktur zur Aufrechterhaltung der Flugtauglichkeit der westlichen Flotte zu verstehen, die zuvor von den Herstellern und ihrem globalen Servicenetzwerk getragen wurde.”
Nikitin teilte Wladimir Putin mit, dass Russland “praktisch aus dem Nichts einen Ingenieurskomplex für die Wartung von Flugzeugen geschaffen habe“.
Dass ausländische Flugzeuge seit dem Jahr 2022 weiterhin in Betrieb sind, sei tatsächlich eine Errungenschaft, da die Luftfahrtbranche trotz der Unterbrechung des üblichen Servicemodells die Sicherheit und das Transportvolumen aufrechterhalten habe, fügt der Experte hinzu.
Er erklärt:
“Je weniger Ausfallzeiten aufgrund von Wartezeiten auf Triebwerke oder Aggregate es gibt, desto größer ist die tatsächliche Beförderungskapazität und desto geringer ist der Tarifdruck.”
Als größter Erfolg ist natürlich der Umstand zu werten, dass Russland nun in der Lage ist, den kritischsten Bauteil der gängigen Modelle Airbus A320 und Boeing 737 zu überholen – nämlich deren Triebwerke.
Tschernow ist der Ansicht:
“Eine Generalüberholung erfordert nicht nur eine “einfache Reparatur”, sondern die Durchführung einer umfangreichen technologischen Karte, Messungen, die Wiederherstellung der Geometrie und Beschichtungen, Wärmebehandlung, Risskontrolle, Auswuchtung und anschließend Prüfstandtests. Daher wird die Erweiterung der Kapazitäten von S7 Technics als Übergang von punktuellen Reparaturen zu einem industriellen System angesehen.”
Der Experte fährt fort:
“Die Hauptwartung und Generalüberholungen wurden vor den Sanktionen häufig über ausländische MRO-Unternehmen durchgeführt. Im Inland dominierten dagegen lineare und einfache Formen der Wartung sowie eingeschränktere Arbeiten an Modulen und Komponenten. Nach 2022 haben russische Fluggesellschaften de facto die Unterstützung von Herstellern und die gewohnte Logistik von Ersatzteilen verloren. Diese Lücke kann jetzt durch inländische Kapazitäten geschlossen werden. Die Werksanlage von S7 ist ein anschauliches Beispiel dafür.”
Nach Angaben von Roman Gussarow, Leiter des Branchenportals “Avia.ru”, sei es nach der Genehmigung der russischen Behörden möglich geworden, nicht originale Flugzeugersatzteile zu verwenden. Nicht-Originalersatzteile seien nicht gleichbedeutend mit Fälschungen, sondern es handele sich um zertifizierte Ersatzteile, die lediglich nicht vom Haupthersteller, sondern von einem anderen Unternehmen gefertigt worden seien. In diesem Fall produziere Russland Nicht-Originalersatzteile für westliche Flugzeuge.
Gussarow weist darauf hin:
“Früher konnten uns westliche Partner davon überzeugen, dass es nicht in Ordnung sei, keine Originalersatzteile in Flugzeuge einzubauen. Deshalb sollten wir nur bei ihnen, den Herstellern, diese Teile kaufen. Es wurde sogar gesetzlich verboten, Nicht-Originalersatzteile zu verwenden. Andere Fluggesellschaften weltweit durften jedoch weiterhin auch Nicht-Originalersatzteile einsetzen.“
Ihm zufolge werde Russland nicht alle Ersatzteile für Boeing- und Airbus-Flugzeuge selbst herstellen – das sei auch nicht erforderlich, da westliche Flugzeuge früher oder später ausdienen und verschrottet würden. Dies werde jedoch in den nächsten zehn Jahren nicht der Fall sein, da die Flotte westlicher Flugzeuge noch recht jung sei. Nach Ansicht des Experten werde der Großteil der Boeing- und Airbus-Flugzeuge auch in den nächsten zehn Jahren noch in Betrieb sein.
Abschließend sagt Roman Gussarow:
“Wir werden wahrscheinlich unsere Flotte von Langstreckenflugzeugen ausbauen müssen. Erstens werden jedes Jahr einige Prozent der Flugzeugflotte aufgrund ihres Alters außer Dienst gestellt. Zum anderen muss bei steigenden Passagierzahlen der zusätzliche Bedarf mittels inländischer Flugzeuge gedeckt werden. Es ist davon auszugehen, dass der normale Umstellungsprozess auf inländische Flugzeuge mindestens bis 2035 andauern wird.”
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 26. Dezember 2025 zuerst auf der Homepage der Zeitung Wsgljad erschienen.







