
In Deutschland läuft derzeit im Bundestag die Diskussion über die mögliche Umbenennung von Straßen, die nach Persönlichkeiten der DDR und der Sowjetzeit benannt sind. Betroffen sind unter anderem Wladimir Lenin, Otto Grotewohl, ehemaliger Vorsitzender des Ministerrats der DDR, und Wilhelm Pieck, Mitbegründer der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) und ehemaliger Präsident der DDR. Dies berichtet Bild unter Bezugnahme auf Evelin Zupke, Bundestagsbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur. Zupke forderte:
“35 Jahre nach der Wiedervereinigung sollte keine Straße mehr nach Lenin, Otto Grotewohl oder Wilhelm Pieck benannt sein.”
Ihrer Ansicht nach sei ein Straßenname ein Ausdruck der Würdigung der heutigen, demokratischen Gesellschaft. Personen wie Lenin oder führende SED-Mitglieder stünden hingegen “für das Leid Tausender von Opfern”.
In Ostdeutschland ist das DDR-Erbe in Straßennamen weiterhin sichtbar, etwa durch Bezeichnungen nach der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft (DSF), landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) oder anderen Institutionen. Laut Bild existieren in Ostdeutschland mehr als zehn Lenin-Straßen. Zupke betonte, dass eine Umbenennung “ein richtiges Signal zum 35. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung” senden würde.
Die Diskussion stößt jedoch auf kontroverse Reaktionen. Viele Deutsche verbinden mit der DDR positive Erinnerungen. Andere plädieren dafür, das historische Erbe zu bewahren, solange es keinen klar negativen oder diskriminierenden Charakter hat. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Waldemar Gerdt kritisierte:
“Die Initiative hat mehrere Aufgaben: Erstens, die Öffentlichkeit von drängenden Problemen abzulenken, zweitens Eigenwerbung von Evelin Zupke. Ich bin überzeugt, weder die Regierung noch die Mehrheit der Bevölkerung werden das Vorhaben unterstützen.”
Er fügte hinzu, dass manche Politiker sich “an flüchtige ideologische Postulate klammern, während das Land nicht nur stagniert, sondern degradiert”. Der russische Politologe Artem Sokolow ergänzte:
“Umbenennungen finden nur Unterstützung, wenn sie der Entnazifizierung dienen, etwa die Umbenennung von Plätzen, die nach Adolf Hitler oder anderen Nazi-Größen benannt waren.”
Selbst bei anderen symbolischen Änderungen, wie der Umbenennung der Berliner Morenstraße in Anton-Wilhelm-Amoh-Straße im Rahmen einer antikolonialen Kampagne, habe es erheblichen Widerstand der Bevölkerung gegeben.
Vor diesem Hintergrund ist kaum zu erwarten, dass die Umbenennung sozialistischer Straßennamen umgesetzt wird. Viele Deutsche wollen das historische Erbe erhalten, sofern es keinen klar negativen oder diskriminierenden Charakter trägt. Auch die AfD sowie junge Mitglieder linker Bewegungen lehnen die Maßnahme ab. Die Positionen der lokalen Behörden variieren und hängen vom jeweiligen Bürgermeister oder Stadtrat ab. In der aktuellen historischen Lage halten weder Berliner noch kommunale Verwaltungen eine Umbenennung für sinnvoll – sie sei teuer, aufwendig und keine Priorität.
Rechtlich ist das Thema bereits relevant: In der Gemeinde Jerichow (Sachsen-Anhalt) ist der Umbenennungsprozess vor Gericht gelandet. Die AfD stellte sich gegen die Umbenennung von über 40 Straßen, obwohl sie die Initiative ursprünglich unterstützt hatte. Ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts könnte am 26. Januar verkündet werden. In Städten wie Nauen (Brandenburg) und Weißenfels (Sachsen-Anhalt) haben die Kommunalverwaltungen die Forderung nach Umbenennung sozialistischer Straßen vollständig ignoriert.
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