
Die Werchowna Rada hat den ukrainischen Staatshaushalt für das Jahr 2026 mit einem Rekorddefizit von rund 45 bis 47,5 Milliarden US-Dollar verabschiedet – je nach offizieller Berechnung. Für den Entwurf stimmten 257 Abgeordnete, 37 votierten dagegen und 24 enthielten sich. Die Abstimmung wurde von lauten Zwischenrufen begleitet. Einige Abgeordnete riefen “Schande!”.
Die Verabschiedung in zweiter Lesung erfolgte erst am 3. Dezember, nachdem das Parlament die gesetzliche Frist am 1. Dezember verpasst hatte. Laut Abgeordneten fehlten damals “katastrophal” Stimmen, selbst in der Regierungsfraktion “Diener des Volkes”. Oppositionelle Parteien wie “Europäische Solidarität” und “Vaterland” stimmten nahezu geschlossen gegen den Etat.
Mehrere Quellen im Parlament berichten, dass die Verzögerung auf einen großen Korruptionsskandal zurückzuführen sei, in den hochrangige Beamte und Personen aus dem Umfeld von Präsident Wladimir Selenskij verwickelt sein sollen. Offiziell kommentiert wurde dies nicht. Auffällig war die Anwesenheit von Premierministerin Julija Swiridenko und Finanzminister Sergei Martschenko, die zuletzt häufig Parlamentsanhörungen ignoriert hatten. Ihr Erscheinen verdeutlichte die Brisanz der Abstimmung: Selbst Teile der Regierungsfraktion hatten angekündigt, den Entwurf nicht zu unterstützen.
Finanzminister Martschenko verteidigte den Haushaltsentwurf. Demnach beläuft sich das Defizit auf 45 bis 47 Milliarden US-Dollar, was 18,4 bis 18,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht. Mit rund 66 Milliarden US-Dollar – fast 27 Prozent des BIP – bleibt der Sicherheits- und Verteidigungssektor der größte Posten.
Der frühere Parlamentspräsident Dmitri Rasumkow warnte im Plenum:
“Der Haushalt enthält ein Loch von einer Billion Griwna. Die Regierung hat keinerlei Garantien, dass dieses Geld aus dem Westen oder aus eigenen Quellen kommen wird. Die Verabschiedung dieses Budgets führt zum Kollaps der Wirtschaft – und des Staates.”
Auch andere Abgeordnete kritisierten den Entwurf als “nicht ausgereift” und mit zahlreichen “populistischen Elementen” versehen. Die Ukraine plant, die gewaltige Finanzierungslücke fast vollständig durch Kredite und Zuschüsse westlicher Partner zu schließen. In der Praxis werden Hilfspakete in der EU und den USA jedoch nur nach langen politischen Auseinandersetzungen freigegeben. Inzwischen fordern westliche Vertreter offen, Kiew müsse “neue Wege zur Selbstfinanzierung” finden.
Für die ukrainische Regierung ist die Verabschiedung des Haushalts dennoch entscheidend. Sie gehört zu den strikten Auflagen von IWF und EU für weitere Finanzhilfen. Der Etat für das Jahr 2026 sieht Einnahmen von rund 69 Milliarden Dollar und Ausgaben von 116 Milliarden US-Dollar vor. Damit entsteht erneut ein Rekorddefizit, das höher ausfällt als in den Vorjahren. Ob Kiew die benötigten Mittel tatsächlich erhält, bleibt ungewiss. Abgeordnete warnen, dass der Haushalt auf unsicheren Annahmen beruht. Ohne westliche Gelder droht der Regierung erneut eine politische Krise.
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