
Am 1. Dezember wird weltweit der Welt-AIDS-Tag begangen. Während Russland deutliche Fortschritte im Kampf gegen die HIV-Epidemie verzeichnet, warnen internationale Organisationen vor einer sich zuspitzenden globalen Versorgungskrise. Die weltweiten Maßnahmen zur Prävention von HIV stehen aufgrund fehlender Finanzierung unter Druck. Bis Oktober 2025 hatten 2,5 Millionen Menschen keinen Zugang mehr zu HIV-Medikamenten, berichtet das UNAIDS-Jahresdokument der UN-Organisation.
Lage in Russland: Weniger neue Fälle, aber Gesamtzahl steigt weiter
In Russland leben heute mehr als 1,25 Millionen Menschen mit HIV. Darauf machte der renommierte Epidemiologe und Akademiker der Russischen Akademie der Wissenschaften (RAN), Wadim Pokrowski, während einer Pressekonferenz in Moskau aufmerksam. Damit ist statistisch gesehen jeder hundertste Erwachsene im Alter von 15 bis 50 Jahren infiziert.
Besonders betroffen ist die Altersgruppe der Männer zwischen 40 und 45 Jahren. Laut Pokrowski sind vier Prozent, also einer von 25, HIV-positiv. Bei Frauen dieses Alters liegt der Anteil bei bis zu drei Prozent.
Trotz der nach wie vor hohen Gesamtzahl an infizierten Menschen betonte Gesundheitsminister Michail Muraschko, dass der Trend bei den Neuinfektionen rückläufig sei. So wurden im Jahr 2024 mit weniger als 48.500 neuen Fällen rund elf Prozent weniger registriert als 2023. Gleichzeitig stieg der Anteil der Menschen, die eine antiretrovirale Therapie erhalten, auf 90,5 Prozent. Diese Behandlung unterdrückt das Virus im Körper und verhindert, dass es sich weiter vermehrt.
Muraschko hob hervor, dass Russland mit einem Testabdeckungsgrad von 37 Prozent weltweit zu den führenden Ländern gehört. Pokrowski warnte jedoch, dass die Epidemie nicht überwunden sei: Der Hauptübertragungsweg sei nach wie vor der sexuelle Kontakt und bis zu 75 Prozent der neuen Fälle seien auf heterosexuelle Übertragung zurückzuführen. Die steigende Lebenserwartung dank wirksamer Therapien führe zudem dazu, dass die Gesamtzahl der HIV-positiven Menschen weiter wachse.
Gebiet Moskau: Frühtherapie zeigt Wirkung
Auch die Regionen melden Erfolge. Laut dem Gesundheitsministerium des Moskauer Gebiets ist die HIV-Erkrankungsrate dort in den letzten drei Jahren um 10,6 Prozent gesunken. Rafail Japparow, der Leiter des regionalen Zentrums für die Prävention und Bekämpfung von AIDS, führt dies auf den sofortigen Therapiebeginn am Tag der Diagnose zurück. Moderne Behandlungsansätze ermöglichen es Betroffenen, ein normales Leben zu führen, einschließlich Familienplanung und beruflicher Karriere.
Einwohner der Region können ihren HIV-Status weiterhin kostenlos und anonym testen lassen – in Polikliniken, im regionalen AIDS-Zentrum oder bei mobilen Aktionen.
Globale Situation: Mangel an Finanzierung führt zu massiven Versorgungslücken
Während Russland Fortschritte meldet, zeichnet die UN-Organisation UNAIDS in ihrem aktuellen Jahresbericht ein düsteres globales Bild. Die HIV-Prävention sei weltweit “ernsthaft bedroht”.
Bis Oktober 2025 hätten 2,5 Millionen Menschen den Zugang zu Medikamenten verloren – vor allem aufgrund des drastischen Rückgangs internationaler Finanzhilfen.
Weltweit leben 40,8 Millionen Menschen mit HIV. Im Jahr 2024 kam es zu 1,3 Millionen neuen Infektionen und 9,2 Millionen Menschen erhielten keine Behandlung. Allein im Jahr 2024 wurden täglich 570 neue HIV-Fälle bei jungen Frauen und Mädchen im Alter von 15 bis 24 Jahren registriert. In dem Bericht heißt es:
“Der Mangel an nationaler Finanzierung für Präventionsprogramme in Verbindung mit der sinkenden Unterstützung durch internationale Geber untergräbt die HIV-Präventionsdienste, die historisch stark von Spenden abhängig waren, insbesondere in Regionen mit hoher Geberabhängigkeit wie in Ländern südlich der Sahara. Bis zum 15. Oktober 2025 hatten 2,5 Millionen Menschen aufgrund gekürzter Hilfen keinen Zugang mehr zu Medikamenten.”
Besonders dramatisch ist der Verlust des Zugangs zu Medikamenten in einigen Ländern: In Vietnam sank die Zahl der Menschen mit Zugang zu Therapie um 21 Prozent, in der Ukraine um 23 Prozent, in Uganda um 31 Prozent und in Burundi sogar um 64 Prozent.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) warnt, dass die globale Gesundheitsentwicklung im Jahr 2025 einen Rückgang der externen Hilfe um 30 bis 40 Prozent erleben könnte. UNAIDS befürchtet, dass die Nichterreichung der globalen HIV-Ziele bis 2030 zu 3,3 Millionen zusätzlichen Infektionen führen könnte.
Balance aus Fortschritt und Gefahr
Der Welt-AIDS-Tag 2025 zeigt zwei parallele Realitäten: Einerseits macht Russland Fortschritte – dank breiter Diagnostik, steigender Therapiequote und sinkender Neuinfektionen –, andererseits gerät der weltweite Kampf gegen HIV unter wachsenden Druck. Der Fortschritt einzelner Staaten kann die globale Lücke kaum ausgleichen. Ohne ausreichende Finanzierung droht nach Jahren des Erfolgs ein gefährlicher Rückschlag im globalen Kampf gegen AIDS.
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