
Von Olga Samofalowa
Nach Abschluss der Saison 2024/25 hat Russland fast 5,2 Millionen Tonnen Sonnenblumenöl auf ausländische Märkte geliefert, was einen neuen Rekord darstellt. Die Ukraine belegt nun mit 4,7 Millionen Tonnen den zweiten Platz. An dritter Stelle liegt Argentinien mit 1,3 Millionen Tonnen Exporten, teilt Ilja Iljuschin, der Leiter des russischen Föderalen Zentrums “Agroexport” mit.
Seinen Worten zufolge habe Russland in den letzten Jahren gezielt den Export von Öl- und Fettprodukten gesteigert, wobei Sonnenblumenöl als Schlüsselbereich betrachtet werde. Russische Unternehmen erschließen aktiv neue Absatzmärkte in Asien, im Nahen Osten und in Afrika. So war Indien in dieser Saison der größte Abnehmer russischer Produkte, wohin 1,55 Millionen Tonnen Sonnenblumenöl geliefert wurden.
Der russische Markt für Pflanzenöle verzeichne seit mehr als zehn Jahren ein Wachstum. Der Haupttreiber dieser Dynamik seien Exporte, wie Denis Ternowski, Experte der russischen Stiftung für Wirtschaftspolitik, feststellt. Seinen Angaben zufolge sei auch der Inlandsverbrauch in den letzten 14 Saisons gestiegen – um fast 40 Prozent, jedoch sei der Nettoexport um ein Vielfaches stärker gestiegen – um das 3,5-Fache. Ein ähnlicher Trend sei für alle Arten von Pflanzenölen zu beobachten. Ternowski bemerkt:
“Die Nettoexportmengen übersteigen in der laufenden Saison die Inlandsverkäufe von Sojaöl um das 1,4-Fache, von Sonnenblumenöl um das 1,9-Fache und von Rapsöl um das 7,2-Fache. Insgesamt werden in den letzten Jahren zwei Drittel der im Land produzierten Pflanzenöle stabil exportiert.”
Das Exportwachstum wäre ohne eine Steigerung der eigenen Ernte von Ölsaaten, die hauptsächlich im Inland verarbeitet werden, nicht möglich gewesen. Der Experte betont:
“Das überproportionale Wachstum der Weltmarktpreise für Pflanzenöle im Vergleich zu den Getreidepreisen sowie die im Vergleich zu Getreide milderen Bedingungen für die Regulierung ihres Exports haben zu einer Steigerung der Rentabilität der Ölsaatenproduktion und damit zu einer Umverteilung der Anbauflächen geführt.”
Da Ölsaaten rentabler zu vermarkten sind, sei mehr Land für ihren Anbau verwendet worden.
Russland konnte in dieser Saison die Ukraine überholen, die in diesem Bereich historisch gesehen führend war. Dazu trugen sowohl die eigenen Erfolge Russlands in dieser Branche als auch die Probleme der ukrainischen Seite bei. Darauf weist Wladimir Tschernow hin, ein Analyst bei Freedom Finance Global. Er merkt an:
“Auf russischer Seite hat sich die Politik der Vertiefung der Verarbeitung und der Förderung des Saatenölexports bewährt, was durch das Wachstum der Exportzahlen und die Ausweitung der Absatzgebiete bestätigt wird. Auf ukrainischer Seite wirkte sich die Verknappung der verfügbaren Ressourcen aus, da große Flächen für den Anbau von Sonnenblumen derzeit aufgrund der Kampfhandlungen für landwirtschaftliche Arbeiten ungeeignet sind. Eine Rolle spielten auch logistische Einschränkungen vor dem Hintergrund des militärischen Konflikts und die Umverteilung der Exportströme in die EU.”
Auch für 2025 wird in Russland eine Rekordernte bei Ölsaaten erwartet. Laut Prognosen des russischen Instituts für Agrarmarktkonjunktur (IKAR) könnte die Bruttoernte fast 34 Millionen Tonnen erreichen. Den größten Anteil daran werden Sonnenblumen mit 18 bis 18,5 Millionen Tonnen haben (zwei Millionen Tonnen mehr als im Vorjahr), mit zusätzlichen 1,3 bis 1,4 Millionen Tonnen in den neuen Regionen Russlands. Es folgen Soja (7,8 bis 8,1 Millionen Tonnen), Raps (4,9 bis 5,2 Millionen Tonnen plus 100.000 bis 120.000 Tonnen in den neuen Regionen) und Leinsamen (1,3 Millionen Tonnen). Tschernow hebt hervor:
“Der Haupttreiber ist die starke Ausweitung der Anbauflächen für Ölsaaten. Die Anbaufläche für Sonnenblumen stieg um über elf Millionen Hektar, und insgesamt wuchs die Anbaufläche für diese Kulturen um fast zwölf Prozent auf über 21 Millionen Hektar. Die Anbaugebiete wurden auch auf den Fernen Osten und die Nicht-Schwarzbodenregion im Zentrum Russlands ausgeweitet.”
Dies ist eine Folge regulatorischer Maßnahmen. Die Ausfuhrzölle auf Sonnenblumenkerne aus Russland und die variablen Ausfuhrzölle auf Öl und Schrot halten die Rohstoffe im Land und fördern die Verarbeitung, so der Experte. Während dieser Mechanismus früher jährlich verlängert werden musste, gilt er nun bis zum 31. August 2028. Dies trage zum Wachstum der Sonnenblumenölexporte bei.
Der zweite Faktor für Rekorderträge sei die bessere Versorgung mit Saatgut und Technologien. Tschernow sagt:
“Der steigende Anteil von Hybridsaatgut erhöht die Widerstandsfähigkeit gegen Wetterrisiken und gleicht die Erträge. Eine wichtige Rolle spielt die Verfügbarkeit von Mineraldüngern, deren Produktion in Russland auf Rekordniveau bleibt.”
Das Potenzial für einen weiteren Anstieg der Sonnenblumenölexporte aus Russland bleibe bestehen, denn das Land werde offenbar diesen Kurs fortsetzen. Die Gewinnung eines Abnehmers wie Indien sei bereits ein großer Erfolg, so der Experte. Um diesen Erfolg zu festigen, seien stabile Exportkanäle, vorhersehbare Spielregeln seitens des Staates und die Unterstützung des agrartechnischen und Saatgutfonds für Ertragssteigerungen erforderlich.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst am 4. November 2025 auf der Website der Zeitung “Wsgljad” erschienen.
Olga Samofalowa ist Wirtschaftsanalystin bei der Zeitung “Wsgljad”.
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