Es hätte ein Signal werden sollen: Die Rückführung eines seit Jahren inhaftierten syrischen Straftäters sollte den Anfang einer neuen Abschiebepraxis markieren. Doch der symbolisch aufgeladene Fall ist noch vor dem Abflug zum Stillstand gekommen. Laut Innenministerium verhinderten “Luftraumsperren wegen des eskalierten Nahost-Konflikts” den geplanten Flug.
Geplant war laut Bundesverwaltungsgericht ein Abschiebeflug nach Syrien am 23. Juni. Organisiert vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), hätte die Maßnahme einen Kurswechsel in der österreichischen Asylpolitik markiert. Die Durchführung wurde allerdings kurzfristig gestoppt.
Bei dem Betroffenen handelt es sich um einen 32-jährigen Syrer, der laut Behördenangaben eine längere Haftstrafe in Österreich verbüßt hat. Ein europarechtliches Abschiebungsverbot besteht nicht mehr: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieht derzeit keine akute Gefahr für Leib und Leben des Mannes im Falle einer Rückführung.
Die rechtliche Grundlage war also vorhanden. Doch ein technisches Detail setzte dem Vorhaben ein Ende: Die syrischen Behörden hätten ein neues Einreisedokument ausstellen müssen – das bisherige Zertifikat sei am Tag des geplanten Abflugs abgelaufen. Ohne gültige Papiere und mit geschlossenen Lufträumen bleibt der Mann weiter in Schubhaft.
Das Innenministerium stuft die Zusammenarbeit mit den Behörden in Damaskus als korrekt ein. Aus der Zivilgesellschaft kommt hingegen deutliche Kritik. Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination hält die Lage in Syrien weiterhin für prekär. Die Sicherheitslage sei unübersichtlich, das Schicksal von Rückkehrern ungewiss. Ob der abgeschobene Mann nach seiner Ankunft festgenommen, misshandelt oder gefoltert werde, lasse sich nicht abschätzen. Ein unabhängiger Überwachungsmechanismus existiere nicht.
Innenminister Gerhard Karner hatte mit der Reise nach Syrien im April die politische Grundlage für Abschiebungen gelegt. Damals hatte er gemeinsam mit seiner deutschen Amtskollegin Nancy Faeser Gespräche mit Vertretern des Assad-Nachfolgeregimes geführt und “konkrete Umsetzungsschritte” in Aussicht gestellt – darunter Schulungen für Sicherheitskräfte und eine verstärkte Kooperation bei Rückführungen.
Die Realität zeigt sich nun komplexer: Trotz diplomatischer Bemühungen bleibt Syrien weitgehend von Abschiebungen aus der EU ausgenommen. Offiziellen Eurostat-Daten zufolge sollen einzelne Überstellungen aus Rumänien oder Ungarn stattgefunden haben – ob es sich dabei um tatsächliche Abschiebungen handelt, ist jedoch unklar.
Mehr zum Thema – Syrische Demonstration in Wien gerät außer Kontrolle