Deutschlands scheidender Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) behauptet, der Verzicht auf russisches Pipeline-Gas sei eine Erfolgsgeschichte. Man habe sich in kürzester Zeit aus der Abhängigkeit von Russland befreit. Dass Habeck die Geschichte nur unvollständig erzählt, werden die Verbraucher an der Abrechnung zum Ende der Heizperiode merken. Laut dem Vergleichsportal Verivox sind die Heizkosten für Gaskunden um rund 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Zwar sei der Preisschock des Jahres 2022 überwunden, billiger wird es jedoch dadurch nicht. Auch wenn der Gaspreis weitgehend stabil bleibt, steigen die Preise fürs Heizen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer ist, dass seit April 2024 wieder der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf Gas erhoben wird.
Trotz des vergleichsweisen milden Winters mussten Gaskunden für das Beheizen ihres Einfamilienhauses in diesem Winter im Schnitt 1.858 Euro aufwenden, hat das Portal errechnet. Das sind über 340 Euro mehr als im vergangenen Jahr. Damals lag der Betrag bei 1.515 Euro. Obwohl es der 14. milde Winter in Folge war, gab es einige sehr frostige Tage, in denen die Heizungen auf Hochtouren liefen. Dies schlägt auf die Rechnung durch.
Hausbesitzer, die ihr Wohneigentum mit Öl heizen, kamen in diesem Jahr wesentlich glimpflicher davon. Für sie stieg der Preis um lediglich ein Prozent. 1.554 Euro müssen sie in dieser Heizperiode bezahlen.
Insgesamt steigt der Energieverbrauch der privaten Haushalte wieder an, nachdem in den vergangenen Jahren aufgrund der explodierenden Preise kräftig gespart worden war. Um 23,6 Prozent lag der Verbrauch von Heizenergie laut Angaben von Techem in diesem Jahr über dem des Vorjahres.
Durch die Wiederaufnahme von Pipeline-Gaslieferungen aus Russland ließen sich die Kosten für Gas unmittelbar drastisch senken. Ein Strang der Ostsee-Pipeline Nord Stream blieb nach dem Terroranschlag im September 2022 unversehrt. Russland hat wiederholt angeboten, die Gaslieferungen durch diesen Strang direkt wieder aufzunehmen. Allerdings lehnt die Bundesregierung den Bezug ab. An dieser Position will auch die künftige Bundesregierung vorerst festhalten. Eine beginnende Diskussion innerhalb der CDU über eine mögliche Wiederaufnahme russischer Gaslieferungen nach einem Waffenstillstand in der Ukraine wurde im Keim erstickt.
Russisches Pipeline-Gas gelangt derzeit noch über TurkStream in die EU. Davon profitieren Rumänien, Ungarn, die Slowakei, aber vor allem Bulgarien, das nicht nur bezieht, sondern zudem Gebühren für die Durchleitung des russischen Gases in die Nachbarländer einnimmt.
Deutschland bezieht inzwischen deutlich mehr Flüssiggas. Das Gas ist aufgrund des beträchtlichen technischen Aufwands, den die Verflüssigung erfordert, erheblich teurer. Darüber hinaus verschlechtert sich dadurch die Energiebilanz.
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