In Kiew wurde das Denkmal des russischen und sowjetischen Wissenschaftlers, Physiologen und Nobelpreisträgers Iwan Pawlow demontiert, was die Abteilung für territoriale Kontrolle der Kiewer Stadtverwaltung am Dienstag publik machte.
Das Denkmal für den Wissenschaftler, der mit seinen Experimenten an Hunden weltbekannt wurde, mit denen er das Vorhandensein bedingter und unbedingter Reflexe nachwies, stand bis letzte Woche vor einem Krankhaus im Kiewer Stadtteil Petschersk. Auf Foto- und Videoaufnahmen in sozialen Netzwerken ist zu sehen, wie die Skulptur, die Pawlow zeigt, abtransportiert wird.
Nach dem Sieg des nationalistischen und “proeuropäischen” Euromaidan im Februar 2014 setzte in der Ukraine in mehreren Wellen die Tilgung von Spuren gemeinsamer russisch-ukrainischer Geschichte durch Umbenennungen von Straßen und Orten sowie der Demontage von Denkmälern.
In einer ersten Phase waren Zeugnisse der sowjetischen Geschichte betroffen, seit 2022 wird auch “derussifiziert”, was den Abriss von Denkmälern für weltberühmte Schriftsteller, Musiker und andere Persönlichkeiten beinhaltete, selbst wenn sie einen biografischen Bezug zur Ukraine haben. Dieser Politik fielen bislang Denkmäler für den Poeten Alexander Puschkin und den Schriftsteller Michail Bulgakow zum Opfer, aber auch das Denkmal für die Stadtgründerin Katharina die Große in Odessa.
Abgerissen werden dabei auch Denkmäler und Erinnerungstafeln für sowjetische Soldaten und Generäle, die von 1941 bis 1945 gegen Hitlerdeutschland kämpften, während Hitlers Kollaborateure wie Stepan Bandera und Roman Schuchewitsch zahlreich mit Straßenbenennungen und Denkmälern geehrt wurden.
Der 1849 im russischen Rjasan geborene Iwan Petrowitsch Pawlow studierte Physiologie und Medizin in St. Petersburg, Breslau (bei Rudolf Heidenhain) und Leipzig (bei Carl Ludwig). Ab 1891 leitete er das neue Laboratorium für Physiologie im Kaiserlichen Institut für Experimentelle Medizin (IEM) in St. Petersburg, dem er anschließend mit Unterbrechungen bis zu seinem Tod 1936 vorstand. Den Nobelpreis für Medizin erhielt er 1904 für seine Arbeiten über die Verdauungsdrüsen des Menschen. Weltbekannt ist er indes für darauf aufbauende Forschung zu den konditionalen Reflexen und damit der von ihm um 1900 aufgestellten Lehre von den bedingten Reflexen. Ferner erarbeitete er wichtige Grundlagen für die Verhaltensforschung und legte damit einen Grundstein für die behavioristischen Lerntheorien. Bekanntester Träger seines Namens dürfte der “Pawlowsche Hund” sein, an dem er die klassische Konditionierung nachwies.
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