In Wiesbaden soll Medienberichten zufolge offenbar ein neues Kommando des US-Militärs entstehen, das künftig für die Koordinierung des amerikanischen Ausbildungs- und Unterstützungsprogramms für die ukrainische Armee zuständig sein wird. Wie die New York Times unter Berufung auf hochrangige US-Militär- und Verwaltungsbeamte berichtet, würde das neue Kommando General Christopher G. Cavoli, dem obersten US-Offizier in Europa, unterstellt sein und Entscheidungen der Ukraine Defense Contact Group umsetzen, einer vom Verteidigungsministerium zur Unterstützung der Ukraine geschaffenen Koalition aus 40 Ländern.
Für das neue Kommando seien etwa 300 Mitarbeiter vorgesehen, die in Wiesbaden, stationiert würden. Während das Wiesbadener Hauptquartier laut dem Times-Bericht als Verwaltungszentrum für das neue Kommando fungieren soll, würde ein Großteil der praktischen Ausbildung hingegen an Orten stattfinden, an denen die US-Armee große Schießstände unterhält, darunter Grafenwöhr und Hohenfels. Auch dem Truppenübungsplatz in Baumholder könnte dann eine noch größere Bedeutung zukommen.
Der Pressesprecher des US-Verteidigungsministeriums, Brigadegeneral Patrick S. Ryder, lehnte es gegenüber der New York Times zwar ab, die Gerüchte zu kommentieren, in einer schriftlichen Stellungnahme erklärte er jedoch:
“Wir bewerten und verfeinern kontinuierlich unsere interne Haltung und unsere Prozesse, um sicherzustellen, dass wir die Ukraine rechtzeitig mit relevanter Sicherheitshilfe versorgen, um ihre dringendsten Bedürfnisse auf dem Schlachtfeld zu erfüllen und ihre dauerhafte Stärke aufzubauen, um künftige russische Aggressionen abzuschrecken.”
Auch wenn es bisher noch keine offizielle Bestätigung für die vermeintlichen Pläne des Pentagons gab, lässt der bereits im Sommer veranlasste Umzug des zuvor in Stuttgart stationierten International Donor Coordination Centre nach Wiesbaden vermuten, dass die Konsolidierung der Ausbildungs- und Ausrüstungsaufgaben schon eingeleitet wurde. Das aus Logistikspezialisten bestehende Team, dem Offiziere aus mehr als zwei Dutzend Ländern angehören, überwacht die Lieferungen militärischer Spenden an die Ukraine und stellt gleichzeitig sicher, dass die Ukrainer eine angemessene Ausbildung für die Ausrüstung erhalten.
Im Rahmen dieses Programms wurden nach Angaben des Pentagons in Deutschland bisher rund 2.000 Ukrainer an amerikanischer Artillerie und Drohnen ausgebildet. Das nunmehr vorgesehene neue Kommando würde dann die formale Ausbildung auf den Übungsplätzen in Deutschland sowie die in den Nachbarländern eingerichteten technischen Unterstützungszentren beaufsichtigen. “Dadurch würde eine formale Sicherheitsstruktur geschaffen, an die sich unsere Verbündeten und Partner halten können, wenn es darum geht, ihre Ausrüstung und Ausbildung in die Hände der Ukrainer zu geben”, erklärte Admiral James G. Stavridis, ehemaliger Oberbefehlshaber der Alliierten in Europa, der New York Times.
Auch General David H. Petraeus, früherer oberster US-Befehlshaber im Irak, betonte gegenüber der Zeitung, dass die Gründung eines neuen Koordinationskommandos “eine sehr wichtige und sehr angemessene Initiative” sei. Jedoch handle es sich dabei nicht um eine wesentliche Änderung des derzeitigen Unterstützungssystems. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach signalisiert, die Ukraine langfristig unterstützen zu wollen. Erst vor wenigen Tagen kündigte das US-Verteidigungsministerium weitere 1,1 Milliarden US-Dollar an zusätzlicher Militärhilfe für die Ukraine an, die ein hochrangiger US-Verteidigungsbeamter als “mehrjährige Investition” in die Verteidigung des Landes bezeichnete.
Seit dem Beginn der russischen Invasion Ende Februar sagten die USA der Ukraine mehr als 16 Milliarden Dollar an Sicherheitshilfe zu. Ein Großteil der Unterstützung war für die Erfordernisse des aktuellen Kampfes bestimmt. Zunehmend konzentriert sich die Regierung aber auch auf die mittel- und langfristigen Bedürfnisse der Ukraine. Seit den ersten Wochen des Krieges haben die USA nach Möglichkeiten gesucht, ukrainische Anfragen nach verschiedenen Ausrüstungsgegenständen schnell und effektiv in Waffenlieferungen umzuwandeln, sodass aus einem Prozess, der normalerweise Wochen oder mehr dauert, eine Sache von Tagen wurde. Das neue Kommando würde eine noch bessere Struktur innerhalb des Militärs schaffen, um die Transporte zu verwalten.
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