Als Reaktion auf die kritischen Äußerungen der Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) hat China die Botschafterin Deutschlands in Peking, Patricia Flor, am Mittwochabend zu einem Gespräch in das chinesische Außenministerium in Peking einbestellt. Es sei eine “freimütige Aussprache” gewesen, erklärte Flor im Anschluss auf Twitter:
“In meinem Treffen mit Vizeaußenminister Deng Li habe ich betont: Deutschland steht zur Ein-China-Politik. Die Androhung militärischer Gewalt ist unter allen Umständen unannehmbar, wie von Außenministerin Baerbock betont.“
Frank discussion at @MFA_China today! In my meeting with VM Deng Li I emphasized: Germany stands by its One-China-Policy. Exchanges with Taiwan authorities are part of this policy. The threat of military force is unacceptable under any circumstances as outlined by FM @ABaerbock.
— Ambassador Patricia Flor (@GerAmbChina) August 2, 2022
Wesentlichstes Element der sogenannten Ein-China-Politik ist es, Peking als alleinigen Repräsentanten ganz Chinas anzuerkennen. Mit dem Einbestellen von Botschafterin Flor reagierte China auf Äußerungen von Baerbock, die am Montag die Volksrepublik China vor einer Eskalation der Spannungen mit Taiwan gewarnt und sich dabei hinter die abtrünnige Provinz Taiwan gestellt hatte.
Im Rahmen der Ein-China-Politik unterhalte Deutschland auch enge Beziehungen zu Taiwan, das als “gefestigte Demokratie mit hohen Menschenrechtsstandards ein wichtiger Wertepartner” Deutschlands sei, sagte die Bundesaußenministerin vor ihrer Teilnahme an der 10. Überprüfungskonferenz des nuklearen Nichtverbreitungsvertrags (NVV) bei den Vereinten Nationen in New York, und behauptete wörtlich:
“Wir akzeptieren nicht, wenn das internationale Recht gebrochen wird und ein größerer Nachbar völkerrechtswidrig seinen kleineren Nachbarn überfällt – und das gilt natürlich auch für China.“
Die Verlautbarungen aus Chinas zu Taiwan würden “ernste Fragen” aufwerfen, so Baerbock. Die erneuten Spannungen zwischen China und Taiwan bereiten allerdings nicht nur der Grünen-Politikerin Sorgen. In einer gemeinsamen Stellungnahme der G7-Außenminister, die am Mittwoch vom Auswärtigen Amt in Berlin veröffentlicht wurde, erklärten auch die Chef-Diplomaten der G7 mit Blick auf den aufflammenden Konflikt:
“Es gibt keinen Grund dafür, einen Besuch als Vorwand für aggressive militärische Aktivitäten in der Taiwanstraße zu benutzen.“
Die Differenzen zwischen der Volksrepublik China und Taiwan gehen bis auf das Ende des bis 1949 andauernden Bürgerkrieges in China zurück. Nach dem Sieg der Kommunisten zogen sich die unterlegenen Nationalisten auf die Insel Taiwan zurück und riefen dort die Republik China aus. Seither sieht die Regierung der Volksrepublik China in Peking Taiwan als abtrünnige Provinz und Teil ihres Territoriums an, das eines Tages zurückgeholt würde.
Am Mittwoch führte ein Besuch von US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi in Taiwan zu einer Eskalation des bereits seit vielen Jahren schwelenden Konflikts. Die chinesische Führung hatte bereits zuvor Konsequenzen angedroht. Der ranghöchste Besuch aus den USA seit 25 Jahren durch die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses Pelosi von der Demokratischen Partei wurde weltweit auch teils scharf als eine unnötige Provokation kritisiert.
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