Nach einem langen Wahlabend ist in den USA auch in den frühen Morgenstunden (Ortszeit) noch unklar, welche Partei in Washington, D.C. künftig den Senat und das Repräsentantenhaus kontrollieren wird. Deutlich zeichnete sich am Mittwochmorgen aber ab, dass sich die “Demokraten” besser als noch vor der Wahl prognostiziert behaupteten. Ein zuletzt vorausgesagter überwältigender Sieg der “Republikaner” zeichnet sich bislang nicht ab.
Die Demokraten konnten derweil wichtige Erfolge erzielen und – etwa im umkämpften Bundesstaat Pennsylvania – den Republikanern einen Senatssitz abnehmen. Ein Erfolg für die Partei war auch der Sieg der Demokratin Gretchen Whitmer im Bundesstaat Michigan. Sie setzte sich gegen eine Trump-Anhängerin durch und wurde erneut zur Gouverneurin gewählt. Whitmer war vor der Präsidentschaftswahl 2020 in der engeren Auswahl Joe Bidens als Kandidatin für die Vizepräsidentschaft.
Doch auch die Republikaner haben Erfolge zu vermelden. Für die Partei ist der bisherige Sieger der Wahlnacht Ron DeSantis. Er wurde als Gouverneur von Florida klar wiedergewählt. Der 44-Jährige gilt innerparteilich als größter Rivale des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Florida gilt als ein sogenannter Swing State, in dem die Wähler mal die Republikaner und mal die Demokraten bevorzugen.
Alle Blicke konzentrieren sich derzeit auf die vier Bundesstaaten Georgia, Nevada, Arizona und Wisconsin. Dort blieb bis jetzt noch unklar, welche Partei die entsprechenden Senatssitze gewinnen wird.
Offen war zunächst, wer sich in Georgia den umkämpften Senatsposten sichert – Amtsinhaber Raphael Warnock von den Demokraten oder sein republikanischer Herausforderer Herschel Walker. Ein kleiner Vorsprung wechselte während der laufenden Auszählung zwischen beiden mehrfach hin und her, und ein Sieger müsste wegen einer Sonderregel des Staates auf mehr als 50 Prozent der Stimmen kommen, um eine Stichwahl am 6. Dezember um den Sitz abzuwenden. In Cobb County nahe der liberalen Großstadt Atlanta musste noch eine größere Anzahl an Stimmen ausgezählt werden, auf die besonders die Demokraten hofften.
Unklar war auch, welche Partei künftig die Senatorenposten von Nevada und Arizona besetzt. In beiden lagen die amtierenden Demokraten vorne. Allerdings waren viele Stimmen, die am Wahltag abgegeben wurden und wohl eher für die Republikaner eingehen, noch nicht ausgezählt.
In Wisconsin deutete sich ein Vorsprung für den republikanischen Amtsinhaber Ron Johnson an.
Die Republikaner haben nach derzeitigem Stand gute Chancen, das Repräsentantenhaus zu übernehmen, in dem die Demokraten derzeit eine Mehrheit von neun Sitzen innehaben. Der bisherige republikanische Minderheitsführer Kevin McCarthy sagte vor Anhängern der Partei bei seinem kurzen Auftritt in Washington in der Nacht auf Mittwoch (Ortszeit):
“Es ist klar, dass wir uns das Abgeordnetenhaus zurückholen werden.”
Er zeigte sich überzeugt, dass die Auszählung über Nacht Klarheit bringen werde. “Wenn Sie morgen aufwachen, werden wir in der Mehrheit sein.”
Der Sender NBC bezifferte den voraussichtlichen Ausgang allerdings auf 218 zu 217 Abgeordnete für die Republikaner, räumte jedoch ein, dass noch bis zu 13 Sitze in der Mitte hin oder her wechseln könnten. Unter anderem wegen langwieriger Auszählungsverfahren in einigen knappen kalifornischen Bezirken war unklar, wann eine eindeutige Entscheidung verkündet werden kann.
Bei den so genannten “Midterms” zur Halbzeit der vierjährigen Amtszeit von Präsident Joe Biden standen alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus zur Wahl sowie 35 der 100 Sitze im Senat, der zweiten Kammer des US-Parlaments. Die Republikaner müssten netto einen Sitz im Senat und fünf Sitze im Abgeordnetenhaus hinzugewinnen, um in beiden Kammern eine Mehrheit zu erlangen. Auch über zahlreiche Gouverneursposten und andere wichtige Ämter in den Bundesstaaten wurde bei den Wahlen abgestimmt.
Sollten die Republikaner die Kontrolle im Kongress übernehmen können, dürfte die zweite Hälfte von Bidens Amtszeit von Blockaden und parteipolitischen Kämpfen geprägt sein. Sollten die Republikaner eine oder beide Kongresskammern erobern, könnte Biden ab Januar wohl keine größeren Gesetzesinitiativen mehr durchsetzen. Außerdem könnten ihm und seiner Regierung in diesem Fall parlamentarische Untersuchungen bis hin zu Amtsenthebungsverfahren drohen.
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(dpa/rt)